Lexikon der Neurowissenschaft: Sperry
Sperry, Roger Wolcott, amerikanischer Neurowissenschaftler ( siehe Abb. ), *20.8.1913 Hartford (Conn.), †17.4.1994 Pasadena (Calif.); 1941-46 bei K.S. Lashley in den Yerkes Laboratories of Primate Biology in Orange Park (Fla.); ab 1946 Professor für Anatomie in Chicago (Ill.); 1954-84 Professor für Psychobiologie am Caltech in Pasadena. Sperry führte erste experimentelle Untersuchungen über die Ausbildung der neuronalen Verschaltungen in der Großhirnrinde des Embryos als Grundlage für die Entwicklung von Wahrnehmung und Lernen bei Säugern sowie der Bewußtseinsvorgänge in den Großhirnhemisphären des Menschen aus ( siehe Zusatzinfo ). Gleichzeitig mit E. von Holst und H. Mittelstaedt entdeckte er 1950 das Reafferenzprinzip, das er als corollary discharge bezeichnete. Er nahm an, daß der Lernprozeß eine Modifikation des gleichen Vorgangs ist, der beim Embryo zur Bildung der adaptiven Nervenverschaltungen führt. Durch Kommissurotomie wies er in den 1960er Jahren nach, daß die beiden Großhirnhemisphären völlig eigenständige funktionelle Verarbeitungssysteme besitzen. Diese Erkenntnis führte dazu, bei schwerkranken Epileptikern die beiden Großhirnhemisphären voneinander zu trennen (Split-Brain-Patient), um ein Übergreifen der epileptischen Anfälle von der einen Hemisphäre auf die andere zu verhindern. 1981 erhielt er hierfür zusammen mit D.H. Hubel und T.N. Wiesel den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Chemoaffinitätshypothese. Werke (Auswahl): "Problems Outstanding in the Evolution of Brain Function" (1964), "Split-Brain Approach to Learning Problems" (1967), "Some Effects of Disconnecting the Cerebral Hemispheres" (Nobel Lecture, 1982), "Science and Moral Priority" (1983).
R.W. Sperry
Sperry
Das Bewußtsein und die von ihm abhängigen Kommunikationsvorgänge betrachtete Sperry als eine erklärbare Funktion des Gehirns. Er entwickelte eine monistische Theorie (Monismus) der psychischen Vorgänge und brach mit den behavioristischen Traditionen (Behaviorismus), die der subjektiven Erfahrung die führende Rolle bei den Gehirnfunktionen und beim Verhalten zusprachen. Davon ausgehend formulierte er neue ethische Prinzipien für die Wissenschaft und das zwischenmenschliche Verhalten.
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