Direkt zum Inhalt

Lexikon der Optik: Filtergläser

Filtergläser, optische Gläser mit spezifischen Absorptionseigenschaften, die der gezielten Beeinflussung der spektralen Verteilung von Strahlung im optischen Wellenlängenbereich dienen.

Bis auf wenige Ausnahmen wird das selektive Absorptionsverhalten bzw. die Färbung der F. durch meist geringe Zusätze unterschiedlicher, stark und sehr spezifisch absorbierender Stoffe zu geeigneten Grundgläsern bewirkt. Die daraus resultierende Vielfalt der F. wird von den Herstellern einerseits nach Farbe bzw. Lage des spektralen Transmissionsbereiches, andererseits nach Beschaffenheit des spektralen Transmissionsverlaufs bzw. nach ihrer Filterwirkung eingeteilt. Dementsprechend differenziert ist die Charakterisierung der F. durch die – meist traditionelle – Bezeichnung, durch Transmissions- und Wellenlängen-Kennzahlen sowie Farbzahlen.

Bei vielen F. wird die Färbung durch Ionen von Schwermetallen (Cu, Fe, Ni, Co, Cr, Mn, V) hervorgerufen, die in Lösung, d.h. in ionogener Verteilung, im Grundglas vorliegen und eine homogene Färbung bewirken. Diese ist abhängig von der Art, der Menge und der Oxidationsstufe der färbenden Komponenten sowie vom Grundglas. Ionengefärbte Gläser haben meist einen oder mehrere selektive, mehr oder weniger ausgeprägte glockenförmige Transmissionsbereiche mit benachbarten Sperrbereichen. Ihre Bandpaßfilter-Wirkung macht sie besonders geeignet als Selektionsfilter zur Aussonderung erwünschter oder Unterdrückung unerwünschter Spektralbereiche einer Strahlung.

Eine besondere Gruppe ionengefärbter Gläser enthalten die Seltenen Erden Neodym, Praseodym oder ein Gemisch beider Elemente (Didym) sowie Holmium und Uran. Ihr Transmissionsverlauf weist im sichtbaren Spektralbereich eine größere Anzahl charakteristischer Absorptionsbanden auf. Derartige Bandengläser werden – teilweise in Kombination mit anderen geeigneten F. – als Schmalbandfilter besonders zur Aussonderung von Spektrallinien verwendet.

Eine weitere wichtige Gruppe der F. stellen die Anlaufgläser dar. Bei ihnen wird die Färbung durch homogen in einem farblosen Grundglas verteilte winzige Kristalle aus Cadmiumsulfid (CdS) oder Mischkristalle aus CdS und Cadmiumselenid (CdSe) verursacht. Nach (schneller) Abkühlung der Schmelzen sind die Gläser zunächst nahezu farblos, die Farbträger sind ionogen im Glas gelöst. Die Färbung wird erst durch einen nachfolgenden Temperprozeß hervorgerufen, in dem Keimbildung und Kristallwachstum ablaufen, die Gläser "laufen an". Der gewünschte Anlaufgrad läßt sich durch Temperatur-Zeit-Variation einstellen.

Je nach Farbstoff, Konzentration und Wärmebehandlung werden Gelb-, Orange- oder Rotgläser erhalten, die sich durch einen steilen Transmissionsabfall nach der kurzwelligen Seite hin auszeichnen. Diese über den gesamten sichtbaren Spektralbereich fein abgestuft herstellbaren Steilkantgläser finden als Langpaßfilter vielseitige Verwendung. Mit praktisch gleicher Filterfunktion schließen sich zum UV-Bereich hin die Weißgläser an (bis 240 nm Kantenlage). Sie enthalten keine Farbstoffkomponenten; bei ihnen handelt es sich um die UV-Absorptionskante des Glases.

Weitere spezielle Filterfunktionen lassen sich mit F. wie folgt realisieren:

Kurzpaßfilter, durch Gläser mit langwelligem Sperrbereich. Es existieren nur sehr wenige derartige Gläser und diese auch nur mit wesentlich geringerer Kantensteilheit, als sie die Anlaufgläser aufweisen.

Konversionsfilter, durch Gläser mit speziellem spektralen Verlauf des Transmissionsgrades im sichtbaren Spektralbereich und damit speziellen Farbörtern zur Umwandlung der Strahldichteverteilung von Temperaturstrahlern (Photogläser, Farbtongläser). Die damit erreichte Erhöhung oder Senkung der Farbtemperatur von Lichtquellen kommt in der Beleuchtungstechnik und Farbphotographie zur Anwendung.

Dämpfungsfilter, durch Gläser mit weitgehend aselektiver, d.h. annähernd gleichmäßiger Absorption im sichtbaren Spektralbereich (Neutralgläser). Mit ihnen läßt sich eine Strahlung praktisch ohne Veränderung ihrer relativen spektralen Strahldichteverteilung gleichmäßig und (durch Dickenvariation) definiert schwächen.

Wärmeschutzfilter, durch Gläser mit hoher Transmission im sichtbaren Spektralbereich und hoher Absorption der IR-Strahlung (Schutzgläser).

Alle bisher behandelten Farb- und Filtergläser basieren auf Silikat- oder Phosphat-Grundgläsern und sind dadurch – bei normalen Dicken – in ihrer Transmission grundsätzlich auf den Wellenlängenbereich von 200 bis 3000 nm beschränkt. Beträchtlich weiter in den IR-Bereich reichen dagegen Chalkogenidgläser, insbesondere Arsensulfidglas (bis etwa 12 μm), das für Küvetten und Fenster in der IR-Spektroskopie und in Gasanalysegeräten eingesetzt wird.

  • Die Autoren
Roland Barth, Jena
Dr. Artur Bärwolff, Berlin
Dr. Lothar Bauch, Frankfurt / Oder
Hans G. Beck, Jena
Joachim Bergner, Jena
Dr. Andreas Berke, Köln
Dr. Hermann Besen, Jena
Prof. Dr. Jürgen Beuthan, Berlin
Dr. Andreas Bode, Planegg
Prof. Dr. Joachim Bohm, Berlin
Prof. Dr. Witlof Brunner, Zeuthen
Dr. Eberhard Dietzsch, Jena
Kurt Enz, Berlin
Prof. Joachim Epperlein, Wilkau-Haßlau
Prof. Dr. Heinz Falk, Kleve
Dr. Wieland Feist, Jena
Dr. Peter Fichtner, Jena
Dr. Ficker, Karlsfeld
Dr. Peter Glas, Berlin
Dr. Hartmut Gunkel, Berlin
Dr. Reiner Güther, Berlin
Dr. Volker Guyenot, Jena
Dr. Hacker, Jena
Dipl.-Phys. Jürgen Heise, Jena
Dr. Erwin Hoffmann, Berlin (Adlershof)
Dr. Kuno Hoffmann, Berlin
Prof. Dr. Christian Hofmann, Jena
Wolfgang Högner, Tautenburg
Dipl.-Ing. Richard Hummel, Radebeul
Dr. Hans-Jürgen Jüpner, Berlin
Prof. Dr. W. Karthe, Jena
Dr. Siegfried Kessler, Jena
Dr. Horst König, Berlin
Prof. Dr. Sigurd Kusch, Berlin
Dr. Heiner Lammert, Mahlau
Dr. Albrecht Lau, Berlin
Dr. Kurt Lenz, Berlin
Dr. Christoph Ludwig, Hermsdorf (Thüringen)
Rolf Märtin, Jena
Ulrich Maxam, Rostock
Olaf Minet, Berlin
Dr. Robert Müller, Berlin
Prof. Dr. Gerhard Müller, Berlin
Günter Osten, Jena
Prof. Dr. Harry Paul, Zeuthen
Prof. Dr. Wolfgang Radloff, Berlin
Prof Dr. Karl Regensburger, Dresden
Dr. Werner Reichel, Jena
Rolf Riekher, Berlin
Dr. Horst Riesenberg, Jena
Dr. Rolf Röseler, Berlin
Günther Schmuhl, Rathenow
Dr. Günter Schulz, Berlin
Prof. Dr. Johannes Schwider, Erlangen
Dr. Reiner Spolaczyk, Hamburg
Prof. Dr. Peter Süptitz, Berlin
Dr. Johannes Tilch, Berlin (Adlershof)
Dr. Joachim Tilgner, Berlin
Dr. Joachim Träger, Berlin (Waldesruh)
Dr. Bernd Weidner, Berlin
Ernst Werner, Jena
Prof. Dr. Ludwig Wieczorek, Berlin
Wolfgang Wilhelmi, Berlin
Olaf Ziemann, Berlin


Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.