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Metzler Lexikon Philosophie: Skeptizismus

zumeist synonym mit Skepsis verwandt, ist abgeleitet von griech. skeptomai, suchen, Ausschau halten. Die Bezeichnung »Skeptiker« wurde in der späten Antike geläufig für jene Philosophen, die vorher »sich des Urteils über alles Enthaltende« (Epoché, skeptische) genannt worden waren. Im engeren Sinne bezeichnet S. also eine philosophische Position, deren Vertreter noch suchen, im Ungewissen sind, zweifeln (Zweifel). Begründet wird diese Haltung durch den »gleichwertigen Widerstreit« von Pro- und Contra-Argumenten in Sach- und Wertfragen (Isosthenie) bzw. durch das Fehlen eines unumstrittenen Wahrheitskriteriums. In der Begründungsfrage auftretende systematische Differenzen führten in der Antike zur Unterscheidung zweier Typen des S.: dem in der Darstellung von Sextus Empiricus überlieferten, ethisch motivierten Pyrrhonismus und dem vor allem durch Cicero bekannt gewordenen S. der späteren platonischen Akademie. – Die gegenwärtig meistdiskutierte Form des S. ist der epistemologische S. (scepticism about knowledge), der behauptet, keine unserer Meinungen erfülle die für Wissen erforderlichen Bedingungen. Nach der Standardkonzeption von Wissen (Erkenntnistheorie) weiß jemand dann, dass p, wenn er erstens glaubt, dass p, zweitens gute Gründe hat zu glauben, dass p, und p drittens wahr ist. Nur zugleich begründete und wahre Meinungen bilden somit Wissen. Der epistemologische S. bestreitet, dass wir feststellen können, ob unsere Meinungen wahr sind. Dem universellen epistemologischen S. zufolge bedeutet das auch, dass wir unsere Meinungen nicht gut begründen können, wohingegen der partielle epistemologische S. die Möglichkeit einer vernünftigen Begründung von Meinungen einräumt. – Neben dem epistemologischen S. finden sich vielerlei partielle, auf einen bestimmten Typ von Aussagen bzw. einen bestimmten Erkenntnisbereich eingeschränkte Formen des S. wie z.B. ethischer S. (moral scepticism), religiöser S., ästhetischer S., juristischer S., historischer S. oder pädagogischer S. – Mit Blick auf die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs ist für die gegenwärtige S.-Diskussion zweierlei festzuhalten: Erstens werden vielfach Positionen als S. bezeichnet, die nicht mehr suchen, sondern behaupten, gefunden zu haben – etwa dass es keine objektiven Werte gibt, dass religiöse Aussagen oder ästhetische Urteile nicht gerechtfertigt werden können, oder dass es unmöglich ist, Wissen zu erlangen. In der Terminologie Sextus Empiricus’ heißen solche Positionen nicht S., sondern (negativer) Dogmatismus. Zweitens wird S. häufig nicht als philosophische Position vertreten, sondern, in methodisch restringierter Form, lediglich als Instrument philosophischer Forschung benutzt. Dieser Umgang mit dem S. beginnt bereits bei Descartes, der mittels eines nur heuristisch vertretenen S. das fundamentum inconcussum der Erkenntnis sucht. Er tritt ferner auf bei Kant, der mithilfe der »skeptischen Methode« die Widersprüchlichkeit aller Behauptungen zeigen will, die die Grenzen möglicher Erfahrung überschreiten, und bei Hegel, der skeptische Argumente benutzt, um die Inadäquatheit der von ihm sog. »Verstandesphilosophie« zu demonstrieren. In der gegenwärtigen Philosophie wird S. instrumentell benutzt bei Wittgenstein, der (zumindest in der Interpretation S. Kripkes) seine Theorie der Bedeutung und sein Privatsprachenargument mittels eines Bedeutungs-S. (meaning scepticism) entwickelt, bei Th. Clarke, der den S. als Instrument zur Analyse des alltäglichen, nicht-philosophischen Wissens verwendet, ferner z.B. bei P. Unger, der den S. als Mittel zur Korrektur der normalen Sprache etablieren will.

Literatur:

  • P. Bieri (Hg.): Analytische Philosophie der Erkenntnis. Frankfurt 21992
  • M.T. Cicero: De Natura Deorum. Academica. Lat.-Engl. Transl. by H. Rackham. London 1956
  • Th. Clarke: The Legacy of Scepticism. In: Journal of Philosophy 69 (1972). S. 754–769
  • R. Descartes: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie. Übers. v.a. Buchenau. Hamburg 2003
  • Th. Grundmann/K. Stüber (Hg.): Philosophie der Skepsis. Stuttgart 1996
  • S. Kripke: Wittgenstein über Regeln und Privatsprache. Übers. v. H. Pape. Frankfurt 1987
  • R. Popkin: The History of Scepticism from Savonarola to Bayle. Oxford 2003
  • Sextus Empiricus: Grundriß der pyrrhonischen Skepsis. Übers. v. M. Hossenfelder. Frankfurt 52002
  • P. Unger: Ignorance. A Case for Scepticism. Oxford 1975.

AE

  • Die Autoren
AA Andreas Arndt, Berlin
AB Andreas Bartels, Paderborn
AC Andreas Cremonini, Basel
AD Andreas Disselnkötter, Dortmund
AE Achim Engstler, Münster
AG Alexander Grau, Berlin
AK André Kieserling, Bielefeld
AM Arne Malmsheimer, Bochum
AN Armin Nassehi, München
AR Alexander Riebel, Würzburg
ARE Anne Reichold, Kaiserslautern
AS Annette Sell, Bochum
AT Axel Tschentscher, Würzburg
ATA Angela T. Augustin †
AW Astrid Wagner, Berlin
BA Bernd Amos, Erlangen
BBR Birger Brinkmeier, Münster
BCP Bernadette Collenberg-Plotnikov, Hagen
BD Bernhard Debatin, Berlin
BES Bettina Schmitz, Würzburg
BG Bernward Gesang, Kusterdingen
BI Bernhard Irrgang, Dresden
BK Bernd Kleimann, Tübingen
BKO Boris Kositzke, Tübingen
BL Burkhard Liebsch, Bochum
BR Boris Rähme, Berlin
BS Berthold Suchan, Gießen
BZ Bernhard Zimmermann, Freiburg
CA Claudia Albert, Berlin
CH Cornelia Haas, Würzburg
CHA Christoph Asmuth, Berlin
CHR Christa Runtenberg, Münster
CI Christian Iber, Berlin
CJ Christoph Jäger, Leipzig
CK Christian Kanzian, Innsbruck
CL Cornelia Liesenfeld, Augsburg
CLK Clemens Kauffmann, Lappersdorf
CM Claudius Müller, Nehren
CO Clemens Ottmers, Tübingen
CP Cristina de la Puente, Stuttgart
CS Christian Schröer, Augsburg
CSE Clemens Sedmak, Innsbruck
CT Christian Tewes, Jena
CZ Christian Zeuch, Münster
DG Dorothea Günther, Würzburg
DGR Dorit Grugel, Münster
DH Detlef Horster, Hannover
DHB Daniela Hoff-Bergmann, Bremen
DIK Dietmar Köveker, Frankfurt a.M.
DK Dominic Kaegi, Luzern
DKÖ Dietmar Köhler, Witten
DL Dorothea Lüddeckens, Zürich
DP Dominik Perler, Berlin
DR Dane Ratliff, Würzburg und Austin/Texas
EE Eva Elm, Berlin
EJ Eva Jelden, Berlin
EF Elisabeth Fink, Berlin
EM Ekkehard Martens, Hamburg
ER Eberhard Rüddenklau, Staufenberg
EWG Eckard Wolz-Gottwald, Davensberg
EWL Elisabeth Weisser-Lohmann, Bochum
FBS Franz-Bernhard Stammkötter, Bochum
FG Frank Grunert, Basel
FPB Franz-Peter Burkard, Würzburg
FW Fabian Wittreck, Münster
GK Georg Kneer, Leipzig
GKB Gudrun Kühne-Bertram, Ochtrup
GL Georg Lohmann, Magdeburg
GM Georg Mildenberger, Tübingen
GME Günther Mensching, Hannover
GMO Georg Mohr, Bremen
GN Guido Naschert, Tübingen
GOS Gottfried Schwitzgebel, Mainz
GS Georg Scherer, Oberhausen
GSO Gianfranco Soldati, Tübingen
HB Harald Berger, Graz
HD Horst Dreier, Würzburg
HDH Han-Ding Hong, Düsseldorf
HG Helmut Glück, Bamberg
HGR Horst Gronke, Berlin
HL Hilge Landweer, Berlin
HND Herta Nagl-Docekal, Wien
HPS Helke Pankin-Schappert, Mainz
HS Herbert Schnädelbach, Berlin
IR Ines Riemer, Hamburg
JA Johann S. Ach, Münster
JC Jürgen Court, Köln
JH Jörg Hardy, Münster
JHI Jens Hinkmann, Bad Tölz
JK Jörg Klawitter, Würzburg
JM Jörg F. Maas, Hannover
JOP Jeff Owen Prudhomme, Macon/Georgia
JP Jörg Pannier, Münster
JPB Jens Peter Brune
JQ Josef Quitterer, Innsbruck
JR Josef Rauscher, Mainz
JRO Johannes Rohbeck, Dresden
JS Joachim Söder, Bonn
JSC Jörg Schmidt, München
JV Jürgen Villers, Aachen
KDZ Klaus-Dieter Zacher, Berlin
KE Klaus Eck, Würzburg
KG Kerstin Gevatter, Bochum
KH Kai-Uwe Hellmann, Berlin
KHG Karl-Heinz Gerschmann, Münster
KHL Karl-Heinz Lembeck, Würzburg
KJG Klaus-Jürgen Grün, Frankfurt a.M.
KK Klaus Kahnert, Bochum
KRL Karl-Reinhard Lohmann, Witten
KS Kathrin Schulz, Würzburg
KSH Klaus Sachs-Hombach, Magdeburg
LG Lutz Geldsetzer, Düsseldorf
LR Leonhard Richter, Würzburg
MA Mauro Antonelli, Graz
MB Martin Beisler, Gerbrunn
MBI Marcus Birke, Münster
MBO Marco Bonato, Tübingen
MD Max Deeg, Cardiff
MDB Matthias Bloch, Bochum
ME Michael Esfeld, Münster
MFM Martin F. Meyer, Koblenz/Landau
MK Matthias Kunz, München
MKL Martin Kleinsorge, Aachen
MKO Mathias Koßler, Mainz
ML Mark Lekarew, Berlin
MLE Michael Leibold, Würzburg
MM Matthias Maring, Karlsruhe
MN Marcel Niquet, Frankfurt a.M.
MQ Michael Quante, Köln
MR Mathias Richter, Berlin
MRM Marie-Luise Raters-Mohr, Potsdam
MS Manfred Stöckler, Bremen
MSI Mark Siebel, Hamburg
MSP Michael Spang, Ellwangen
MSU Martin Suhr, Hamburg
MW Markus Willaschek, Münster
MWÖ Matthias Wörther, München
NM Norbert Meuter, Berlin
OB Oliver Baum, Bochum
OFS Orrin F. Summerell, Bochum
PE Peter Eisenhardt, Frankfurt a.M.
PCL Peter Ch. Lang, Frankfurt a.M.
PK Peter Kunzmann, Jena
PN Peter Nitschke, Vechta
PP Peter Prechtl †
RD Ruth Dommaschk, Würzburg
RDÜ Renate Dürr, Karlsruhe
RE Rolf Elberfeld, Hildesheim
REW Ruth Ewertowski, Stuttgart
RH Reiner Hedrich, Gießen
RHI Reinhard Hiltscher, Stegaurach
RK Reinhard Kottmann, Münster
RL Rudolf Lüthe, Koblenz
RLA Rolf-Jürgen Lachmann, Berlin
RM Reinhard Mehring, Berlin
RP Roland Popp, Bremen
RS Regina Srowig, Würzburg
RTH Robert Theis, Strassen
RW Raymund Weyers, Köln
SD Steffen Dietzsch, Berlin
SIK Simone Koch, Bochum
SP Stephan Pohl, Dresden
SZ Snjezana Zoric, Würzburg
TB Thomas Bausch, Berlin
TBL Thomas Blume, Dresden
TF Thomas Friedrich, Mannheim
TG Thomas Grundmann, Köln
TH Thomas Hammer, Frankfurt a.M.
TK Thomas Kisser, München
TM Thomas Mormann, Unterhaching
TN Thomas Noetzel, Marburg
TP Tony Pacyna, Jena
TW Thomas Welt, Bochum
UB Ulrich Baltzer, München
UT Udo Tietz, Berlin
UM Ulrich Metschl, München/Leonberg
VG Volker Gerhardt, Berlin
VM Verena Mayer, München
VP Veit Pittioni, Innsbruck
VR Virginie Riant, Vechta
WAM Walter Mesch, Heidelberg
WB Wilhelm Baumgartner, Würzburg
WH Wolfram Hinzen, Bern
WJ Werner Jung, Duisburg
WK Wulf Kellerwessel, Aachen
WL Winfried Löffler, Innsbruck
WM Wolfgang Meckel, Butzbach
WN Wolfgang Neuser, Kaiserslautern
WP Wolfgang Pleger, Cochem/Dohr
WS Werner Schüßler, Trier
WST Wolfgang Struck, Erfurt
WSU Wolfgang Schulz, Tübingen
WvH Wolfram von Heynitz, Weiburg

Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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