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Metzler Lexikon Philosophie: Sprache

Die philosophischen Betrachtungen zur S. umfassen verschiedene Fragestellungen aus den Bereichen der Ästhetik, der Anthropologie, der Existenzphilosophie und der Ethik. In unterschiedlicher Weise wird dabei ihre wirklichkeitserschließende Kraft einerseits und ihre normative Verbindlichkeit andererseits thematisiert. Diejenigen Fragen, in denen der Wirklichkeitsbezug der S. problematisiert wird, führen zu dem für die Sprachphilosophie spezifischen Bereich.

Die Diskussion solcher Fragen zeichnet sich bereits in der Antike ab: Den Sophisten (u. a. Demokrit) wird es zugeschrieben, dass sie durch ihre Skepsis in Bezug auf die erkenntniserschließende Kraft der S. die Diskussion darüber eröffnet haben, wie die Entsprechung von Namen (Worten) und Sachen sicherzustellen ist. Platons Kratylos-Dialog steckt in einer ersten Antwort die Möglichkeiten ab: Entweder ist die Richtigkeit in der Naturgemäßheit (physei) der S. verbürgt oder S. stellt eine reine Konvention (thesei) dar. Wenn aber die S. in einer sozialen Übereinkunft ihre Grundlage hat, dann erscheint sie in ihrem Bedeutungsgehalt beliebig. Dadurch wird Platons Auffassung, der Name sei ein Werkzeug, durch welche wir das Wesen der Dinge unterscheiden können, in Zweifel gezogen. Eine deutliche Akzentverschiebung hin zum repräsentationalistischen Charakter der S. stellt sich mit Aristoteles’ Auffassung ein, Worte seien Zeichen für Vorstellungen. Ein Zeichen ist eine gegenwärtige wahrnehmbare Sache, das auf einen nichtgegenwärtigen Sachverhalt schließen lässt. Für die weitere Diskussion ist es wesentlich, die verschiedenen Aspekte auseinanderzuhalten: Neben der Bezeichnungsfunktion und Kommunikationsfunktion tritt die Bedeutungsfunktion. Letztere führt zu einer Verschiebung von der Perspektive des Sprechers zu der des Hörers: Daraus bildet sich die Hermeneutik als Frage nach dem Verstehen der in Worte gefassten Meinungen (vgl. Augustinus). – Im MA. wird der gewöhnliche Sprachgebrauch unterschieden nach zweierlei Funktionen der S.: der appellatio (d.i. Benennung) und der significatio (d.i. Bedeuten). Mit Boethius wird schließlich in der weiteren Diskussion die S. in einer dreistelligen Relation festgehalten, um das Verhältnis von Sprache, Denken und Wirklichkeit zu bestimmen: Das Verständnis (intellectus) einer Sache (res) wird mit Hilfe des Worts (vox) benannt und kann so anderen mitgeteilt werden. Bei Ockham werden die Begriffe (conceptus) als Bestandteil der S. aufgefasst, mit deren Hilfe der Mensch die Wirklichkeit deutet. Dabei haben die Begriff einen spezifischen ontologischen Status: Sie sind Intentionen des menschlichen Geistes, die sich auf etwas außerhalb des Mentalen liegenden richten. Die Bezeichnungsfunktion der S. wird durch den Bezug auf selbständig existierende Einzeldinge sichergestellt. Dagegen hält Johannes Buridanus an einer Bedeutungstheorie fest, die einzig in der Verständigung einer Sprachgemeinschaft begründet ist.

Die nominalistische Auffassung (Hobbes, Locke, Hume) von S. geht davon aus, dass ein an sich wortloses Denken zur Fixierung und Erinnerung der Gedanken und für deren Mitteilung S. nötig ist. Die Sprachzeichen weisen dabei keinerlei Ähnlichkeit oder Vergleichbarkeit mit den Dingen auf, sondern sind arbiträr. Sprachausdrücke sind damit nicht als Abbildungen der Dingen zu verstehen, sondern als Zeichen für Vorstellungen und Vorstellungskomplexe, die Menschen auf der Grundlage ihrer äußeren Sinneseindrücke (sensations) und inneren Wahrnehmung der Operationen des Geistes (reflection) bilden (Locke). In dieser Auffassung kommt der S. die Funktion der Repräsentation der äußeren Realität (vermittelt über die Ideen) zu. – Auch in der rationalistischen Auffassung von S., wie sie repräsentativ von Leibniz entwickelt wird, sind die Worte (als Grundbestandteile der S.) Zeichen für Begriff, Gedanken und Ideen. Er schreibt dem Sprachzeichen vier Funktionen zu: der Mitteilung von Gedanken zu dienen (kommunikative Funktion), Gedächtnisstütze zu sein (mnemonische Funktion), das Denken (das es ohne Zeichen nicht gibt) zu ermöglichen, und schließlich die erkenntnisfundierende Funktion. Sein Interesse an der Erkenntnisfundierung der S. führt ihn zu dem Versuch, eine ideal konstruierte S. (d.i. lingua universalis) zu entwerfen. Dabei schwebt ihm vor, die grammatische Analyse so weit zu entwickeln, dass der Schritt zum Aufbau einer logischen Syntax im Sinne eines logischen Kalküls möglich wird. Für diese künstliche S. (characteristica universalis) wird ein Isomorphismus zwischen den Dingen, den Begriffen und den Zeichen behauptet. Das eröffnet die Möglichkeit, dass nach durchgeführter Analyse und Zuordnung der Zeichen ohne Mühe erkannt werden könnte, ob eine gegebene Verbindung von Zeichen einem wahren Satz entsprechen kann. Damit wäre auch die Frage zu beantworten, wie die natürliche Ordnung von Ideen zu klären sei. Gemeinsam ist den genannten Positionen, dass sie S. überwiegend in ihrer Funktion begreifen, die Realität vermittels Ideen und Begriffen zu repräsentieren.

In Abgrenzung dazu sind jene Positionen zu sehen, die vor allem die wirklichkeitserschließende Kraft der S. herausstellen. So gilt für die Sprachauffassung im Humanismus (Petrarca, Pico della Mirandola, Montaigne), dass die S. Darstellung des Seienden ist, d.h. dass es kein vorsprachliches Seiendes und auch kein sprachunabhängiges Denken geben kann. Durch den Bezug auf die Sprachgemeinschaft wird auch der geschichtliche Charakter der S. bewusst gemacht. In besonderer Weise wird der Stellenwert der S. für die Konstitution von Gedanken von Vico herausgestellt. – Auch wenn vor allem im Zuge der französischen Aufklärung (Condillac, Rousseau) Überlegungen zum Ursprung und zur Entwicklungslogik (d.h. die Ausdrücke für Empfindungen als erste Sprachzeichen) der S. eine Rolle spielen, steht doch die Frage, wie die S. als Tätigkeit des Geistes bei der Schaffung der menschlichen Wirklichkeit zu erklären ist, im Vordergrund: Die S. ist dabei nicht als ein abgeschlossenes Bezeichnungssystem zu begreifen, sondern als Tätigkeit des Sprechens, in dem sich Gedanken herausbilden (Hamann, Herder). Die Resultate dieser individuellen Tätigkeit des Sprechens finden Eingang in das semantische System der S. Aber erst im Bezug auf die anderen Subjekte bildet sich eine objektive Wirklichkeit heraus, d.h. ein intersubjektives Verständnis von Sachgegenständen und damit auch Objekte der Bezugnahme (Humboldt). Eine Entsprechung dazu findet sich schon in Hegels Auffassung, die S. (bzw. das Wort) sei der Gedanke des allgemeinen Bewusstseins der Individuen. Cassirer stellt an Humboldt anknüpfend heraus, dass die S. nicht als ein einfaches Produkt zu verstehen ist, sondern als ein kontinuierlicher Prozess, in dem sich für den Menschen die Umrisse seiner Welt immer klarer abzeichnen. Cassirers Auffassung hat über Goodman Eingang gefunden in die analytische Sprachphilosophie. Für die gegenwärtige Diskussion der S. als ein Zeichensystem (Eco) hat Saussure durch die Bestimmung der S. als ein System die entscheidende Vorarbeit geleistet. Innerhalb einer Semiotik kann sowohl der Aspekt der Welterschließung gerade auch im Hinblick auf die Repräsentationsfunktion umfassender thematisiert werden. Semiotik, Sprachphilosophie, Sprachphilosophie, analytische.

Literatur:

  • K.-O. Apel: Die Idee der Sprache in der Tradition des Humanismus von Dante bis Vico. Bonn 1963
  • E. Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen. Bd. I: Die Sprache. Darmstadt 1985
  • U. Eco: Semiotik und die Philosophie der Sprache. München 1985
  • N. Goodman: Weisen der Welterzeugung. Frankfurt 1990
  • P. Prechtl: Sprachphilosophie. Stuttgart/Weimar 1998.

PP

  • Die Autoren
AA Andreas Arndt, Berlin
AB Andreas Bartels, Paderborn
AC Andreas Cremonini, Basel
AD Andreas Disselnkötter, Dortmund
AE Achim Engstler, Münster
AG Alexander Grau, Berlin
AK André Kieserling, Bielefeld
AM Arne Malmsheimer, Bochum
AN Armin Nassehi, München
AR Alexander Riebel, Würzburg
ARE Anne Reichold, Kaiserslautern
AS Annette Sell, Bochum
AT Axel Tschentscher, Würzburg
ATA Angela T. Augustin †
AW Astrid Wagner, Berlin
BA Bernd Amos, Erlangen
BBR Birger Brinkmeier, Münster
BCP Bernadette Collenberg-Plotnikov, Hagen
BD Bernhard Debatin, Berlin
BES Bettina Schmitz, Würzburg
BG Bernward Gesang, Kusterdingen
BI Bernhard Irrgang, Dresden
BK Bernd Kleimann, Tübingen
BKO Boris Kositzke, Tübingen
BL Burkhard Liebsch, Bochum
BR Boris Rähme, Berlin
BS Berthold Suchan, Gießen
BZ Bernhard Zimmermann, Freiburg
CA Claudia Albert, Berlin
CH Cornelia Haas, Würzburg
CHA Christoph Asmuth, Berlin
CHR Christa Runtenberg, Münster
CI Christian Iber, Berlin
CJ Christoph Jäger, Leipzig
CK Christian Kanzian, Innsbruck
CL Cornelia Liesenfeld, Augsburg
CLK Clemens Kauffmann, Lappersdorf
CM Claudius Müller, Nehren
CO Clemens Ottmers, Tübingen
CP Cristina de la Puente, Stuttgart
CS Christian Schröer, Augsburg
CSE Clemens Sedmak, Innsbruck
CT Christian Tewes, Jena
CZ Christian Zeuch, Münster
DG Dorothea Günther, Würzburg
DGR Dorit Grugel, Münster
DH Detlef Horster, Hannover
DHB Daniela Hoff-Bergmann, Bremen
DIK Dietmar Köveker, Frankfurt a.M.
DK Dominic Kaegi, Luzern
DKÖ Dietmar Köhler, Witten
DL Dorothea Lüddeckens, Zürich
DP Dominik Perler, Berlin
DR Dane Ratliff, Würzburg und Austin/Texas
EE Eva Elm, Berlin
EJ Eva Jelden, Berlin
EF Elisabeth Fink, Berlin
EM Ekkehard Martens, Hamburg
ER Eberhard Rüddenklau, Staufenberg
EWG Eckard Wolz-Gottwald, Davensberg
EWL Elisabeth Weisser-Lohmann, Bochum
FBS Franz-Bernhard Stammkötter, Bochum
FG Frank Grunert, Basel
FPB Franz-Peter Burkard, Würzburg
FW Fabian Wittreck, Münster
GK Georg Kneer, Leipzig
GKB Gudrun Kühne-Bertram, Ochtrup
GL Georg Lohmann, Magdeburg
GM Georg Mildenberger, Tübingen
GME Günther Mensching, Hannover
GMO Georg Mohr, Bremen
GN Guido Naschert, Tübingen
GOS Gottfried Schwitzgebel, Mainz
GS Georg Scherer, Oberhausen
GSO Gianfranco Soldati, Tübingen
HB Harald Berger, Graz
HD Horst Dreier, Würzburg
HDH Han-Ding Hong, Düsseldorf
HG Helmut Glück, Bamberg
HGR Horst Gronke, Berlin
HL Hilge Landweer, Berlin
HND Herta Nagl-Docekal, Wien
HPS Helke Pankin-Schappert, Mainz
HS Herbert Schnädelbach, Berlin
IR Ines Riemer, Hamburg
JA Johann S. Ach, Münster
JC Jürgen Court, Köln
JH Jörg Hardy, Münster
JHI Jens Hinkmann, Bad Tölz
JK Jörg Klawitter, Würzburg
JM Jörg F. Maas, Hannover
JOP Jeff Owen Prudhomme, Macon/Georgia
JP Jörg Pannier, Münster
JPB Jens Peter Brune
JQ Josef Quitterer, Innsbruck
JR Josef Rauscher, Mainz
JRO Johannes Rohbeck, Dresden
JS Joachim Söder, Bonn
JSC Jörg Schmidt, München
JV Jürgen Villers, Aachen
KDZ Klaus-Dieter Zacher, Berlin
KE Klaus Eck, Würzburg
KG Kerstin Gevatter, Bochum
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MN Marcel Niquet, Frankfurt a.M.
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MW Markus Willaschek, Münster
MWÖ Matthias Wörther, München
NM Norbert Meuter, Berlin
OB Oliver Baum, Bochum
OFS Orrin F. Summerell, Bochum
PE Peter Eisenhardt, Frankfurt a.M.
PCL Peter Ch. Lang, Frankfurt a.M.
PK Peter Kunzmann, Jena
PN Peter Nitschke, Vechta
PP Peter Prechtl †
RD Ruth Dommaschk, Würzburg
RDÜ Renate Dürr, Karlsruhe
RE Rolf Elberfeld, Hildesheim
REW Ruth Ewertowski, Stuttgart
RH Reiner Hedrich, Gießen
RHI Reinhard Hiltscher, Stegaurach
RK Reinhard Kottmann, Münster
RL Rudolf Lüthe, Koblenz
RLA Rolf-Jürgen Lachmann, Berlin
RM Reinhard Mehring, Berlin
RP Roland Popp, Bremen
RS Regina Srowig, Würzburg
RTH Robert Theis, Strassen
RW Raymund Weyers, Köln
SD Steffen Dietzsch, Berlin
SIK Simone Koch, Bochum
SP Stephan Pohl, Dresden
SZ Snjezana Zoric, Würzburg
TB Thomas Bausch, Berlin
TBL Thomas Blume, Dresden
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TG Thomas Grundmann, Köln
TH Thomas Hammer, Frankfurt a.M.
TK Thomas Kisser, München
TM Thomas Mormann, Unterhaching
TN Thomas Noetzel, Marburg
TP Tony Pacyna, Jena
TW Thomas Welt, Bochum
UB Ulrich Baltzer, München
UT Udo Tietz, Berlin
UM Ulrich Metschl, München/Leonberg
VG Volker Gerhardt, Berlin
VM Verena Mayer, München
VP Veit Pittioni, Innsbruck
VR Virginie Riant, Vechta
WAM Walter Mesch, Heidelberg
WB Wilhelm Baumgartner, Würzburg
WH Wolfram Hinzen, Bern
WJ Werner Jung, Duisburg
WK Wulf Kellerwessel, Aachen
WL Winfried Löffler, Innsbruck
WM Wolfgang Meckel, Butzbach
WN Wolfgang Neuser, Kaiserslautern
WP Wolfgang Pleger, Cochem/Dohr
WS Werner Schüßler, Trier
WST Wolfgang Struck, Erfurt
WSU Wolfgang Schulz, Tübingen
WvH Wolfram von Heynitz, Weiburg

Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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