Entwicklung: Abenteuerspielplatz Natur
Aurora will hoch hinaus. Sie steht vor einem Baum in unserem Vorgarten. Ich gebe meiner Tochter Tipps, wie sie ihn am besten erklimmen kann: dass man möglichst nah am Stamm auf die Äste tritt. Dass dürre Zweige ohne Blätter keinen verlässlichen Halt bieten und sie mit einer Hand immer einen stabilen Ast umfassen soll, sozusagen als "Notanker". Dann klettert sie los.
Ich bin stolz, wie die Fünfjährige höher und höher steigt. Da kommt eine Nachbarin vorbei. Sie sieht das Mädchen oben im Baum und ruft entgeistert: "Komm runter, Kleine, du fällst noch ...!"
Natur kann begeistern, körperlich herausfordern, zur Erholung und Genesung beitragen und vieles mehr. Sie wirkt auf Heranwachsende und Erwachsene beeindruckend vielfältig. Um das systematisch zu ergründen, durchforsteten mein Doktorand Andreas Raith und ich wissenschaftliche Datenbanken nach Studien, die sich in den letzten 15 Jahren mit der Wirkung der Natur auf die kindliche Entwicklung beschäftigt hatten. Die Befunde zeigen: Natur steigert die Gesundheit, das Wohlbefinden, das Selbstwertgefühl, das Umweltwissen und die Konzentrationsfähigkeit. So konnten sich beispielsweise Kinder mit ADHS nach einem 20-minütigen Spaziergang durch den Stadtpark deutlich besser konzentrieren als nach einem Spaziergang durch die Innenstadt oder ein Wohngebiet. Der Ausflug ins Grüne half (zumindest kurzfristig) sogar ähnlich gut wie Ritalin.
Ebenso weisen Kinder, die sich viel in der Natur aufhalten, verschiedenen Erhebungen zufolge ein ausgeprägteres Sozialverhalten auf: Nach einem einwöchigen Naturcamp verfügten die Teilnehmer etwa über bessere Fähigkeiten, Konflikte zu lösen, als Kinder einer Kontrollgruppe, die noch nicht am Camp teilgenommen hatte. Einen solchen Unterschied könnte allerdings auch allein der Aufenthalt im Schullandheim bewirken. In Studien an taiwanischen Schulen verhängten Lehrer in einer Klasse, in deren Zimmer große Topfpflanzen standen, weniger Disziplinarmaßnahmen als in einem Raum ohne Pflanzen. Schüler, die sich um die Gewächse kümmerten, berichteten davon, sich eher von Stress zu erholen als jene in Klassen ohne diese Aufgabe. Und in allen Klassenzimmern mit Pflanzen fühlten sich die Kinder wohler als in unbegrünten ...
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