Titelthema: Anthropologie: Die Urahnen der großen Mythen
Einst begehrte Zeus, der Herr des Olymps, die schöne Nymphe Kallisto. Diese gehörte aber zum Gefolge der Jagdgöttin Artemis und war daher zur Keuschheit verpflichtet. Doch Zeus näherte sich der Nymphe in der Gestalt ihrer Herrin. Zu spät erkannte Kallisto den Betrug. Sie vermochte sich des mächtigen Gottes nicht zu erwehren, und so nahm das Schicksal seinen Lauf: Die Schwangere wurde von Artemis verstoßen und nach der Niederkunft noch von Hera, der eifersüchtigen Gattin des Zeus, in eine Bärin verwandelt. Eines Tages stieß sie auf ihren Sohn Arcas, aus dem ein mutiger Jäger geworden war. Als der sich anschickte, die vermeintliche Bestie zu töten, griff Zeus ein und versetzte beide als Sternbilder an das nächtliche Firmament. Wir kennen sie unter den Namen Großer und Kleiner Bär.
Diese dramatische Erzählung aus der griechischen und römischen Antike klingt überraschenderweise auch in vielen Mythen anderer Völker der Welt an. Die in Sibirien lebenden Tschuktschen etwa deuten das Sternbild des Orion als einen Jäger, der ein Rentier verfolgt. Es entspricht dem einem "W" gleichenden Sternbild, das im Westen Kassiopeia heißt. In der ob-ugrischen Tradition verfolgt der Jäger einen Elch, repräsentiert durch unseren Großen Bären. Eine solche "Kosmische Jagd" kennen auch Völker in Afrika und in der Neuen Welt. Bei den Irokesen im Nordosten Amerikas etwa jagen und verwunden drei Jäger einen Bären. Dessen Blut färbt die Blätter des Herbstwalds. Doch das Tier erklimmt einen Berg und springt von dort an den Himmel. Bär und Jäger verschmelzen daraufhin zum Sternbild des Großen Bären. ...
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