Quantenphysik: Ein Doppelspalt in der Zeit
Es gibt Experimente, die es trotz ihrer Einfachheit schaffen, die Wissenschaft innerhalb kürzester Zeit auf den Kopf zu stellen. Das Doppelspaltexperiment ist ein solches. Wenn Licht auf zwei schmale, parallele Spalte trifft, wird es an diesen gebeugt und erzeugt auf einem dahinter angebrachten Beobachtungsschirm ein Interferenzmuster aus dunklen und hellen Streifen. Den Versuch führte der englische Physiker Thomas Young erstmals im Jahr 1801 durch, und sein Ergebnis galt als Nachweis dafür, dass Licht sich wie eine Welle verhält. Als andere Wissenschaftler einige Jahrzehnte später statt Lichtstrahlen ganze Teilchen wie Elektronen, Atome oder sogar Moleküle durch die zwei dünnen Spalte schickten, mussten sie überrascht feststellen: Auch diese verhalten sich beim Durchqueren wie Wellen. Denn obwohl der gesunde Menschenverstand erwarten lässt, dass die einzelnen Objekte entweder durch die eine oder die andere Öffnung fliegen und sich hinter den Schlitzen an zwei Stellen sammeln, bildet sich stattdessen ein Interferenzmuster ganz ähnlich dem, wie es Young beobachtet hatte. Der so genannte Welle-Teilchen-Dualismus von Quantenobjekten hat unsere Anschauung der Welt verändert. Er ist eine der Schlüsselaussagen der Quantenmechanik und das Doppelspaltexperiment heute einer der berühmtesten Versuche der Wissenschaftsgeschichte.
Das neunköpfige Team um Erstautor Romain Tirole ahmte Youngs Doppelspaltexperiment nach – anstatt die Schlitze allerdings räumlich voneinander zu trennen, lenkten die Forscher das Licht durch zeitlich getrennte Öffnungen. Sie nutzten dazu eine Art Spiegel, der sich extrem schnell ein- und ausschalten lässt. Dabei stellten sie fest: Auch in der zeitlichen Dimension gibt es einen Interferenzeffekt. Man sieht jedoch keine hellen und dunklen Streifen, vielmehr ändert das Licht seine Frequenz und damit seine Farbe. Obwohl diese Tatsache bereits bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten folgt, ist es das erste Mal, dass Wissenschaftlern der experimentelle Nachweis dieses Kunststücks gelungen ist. Und noch dazu lieferte der Versuch ein unerwartetes Ergebnis. …
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