Editorial: Bedrohte Erde
Asteroiden faszinieren mich – aus ganz verschiedenen Gründen. Als Botschafter aus dem All liefern sie Erkenntnisse etwa zur Entstehung unseres Sonnensystems und dessen Planeten. Schlagen größere Exemplare auf der Erde ein, erzeugen sie neue und seltene Minerale. Und wirklich riesige Brocken lösen manchmal Massensterben aus, die der Evolution neue Wege ermöglichen.
Zu meinen Lebzeiten und den meiner Kinder und Enkel möchte ich einen derartigen Impakt allerdings definitiv nur im Kino erleben. Und deshalb bin ich froh, dass wir nicht nur erdnahe und fernere Asteroiden aufspüren und überwachen, sondern uns auch Gedanken zu ihrer Abwehr machen. Sarah Scoles erzählt ab S. 12, wie die Wissenschaft dabei vorgeht. Inzwischen wurden rund 26 000 Objekte identifiziert, deren Bahnen alle möglichst genau bestimmt und berechnet werden sollen. Diese Zahl wird sicher noch steigen, allerdings ist mit dem weltberühmten Arecibo-Teleskop auf Puerto Rico kürzlich eines der wichtigsten Instrumente kaputtgegangen.
Der Bau seines Nachfolgers dürfte dabei weniger schwierig sein, als geeignete Methoden zu entwickeln, mit denen die kosmischen Geschosse zerstört oder wenigstens abgelenkt werden könnten: Von Raumschiffen als »Abschleppwagen« über Laserwaffen auf Raumsonden bis zu Atombomben als Gegenmittel reichen momentan die Ideen. Bei einem kommenden Experiment hierzu soll eine Sonde auf einem Dimorphos genannten Asteroiden einschlagen.
Uns deutlich näher, aber mindestens so bedrohlich, ist die Zerstörung lebenswichtiger Ökosysteme. Korallenriffe sind nicht nur bunt, sondern ebenso die Kinderstube vieler Fische und schützen Küsten vor schwerer Brandung. Aufgeheizte und versauernde Ozeane, Überdüngung, Überfischung und Massentourismus bedrohen diesen fragilen Lebensraum. Unser Schwerpunkt zum Thema beschreibt ab S. 34, was der artenreichen Welt unter Wasser zu schaffen macht – und wie wir sie retten könnten. Denn ohne Lebensräume wie Korallenriffe oder Regenwälder brauchen wir uns auf Dauer keine Gedanken mehr über Gefahren aus dem All machen.
Dennoch optimistisch grüßt
Daniel Lingenhöhl
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