Ultraschallchirurgie : Skalpell aus Schall
Carol Aldrich bemerkte zunächst nur ein leichtes Zittern in ihrer rechten Hand. Die damals 50-Jährige empfand das bereits als störend, da sie als Optikerin mit viel Fingergeschick feinste Arbeiten erledigen musste – etwa Brillengläser in Rahmen einarbeiten oder gebrochene Gestelle reparieren. Anfangs trat das Zittern nur vorübergehend auf und machte es ihr manchmal unmöglich, mit Kleinteilen wie Schräubchen und Muttern umzugehen. "Ich dachte zunächst, ich hätte einfach zu viel Kaffee getrunken", erinnert sie sich.
Allmählich trat das Zittern jedoch immer häufiger auf. Aldrich suchte deshalb ihren Hausarzt auf, der einen essenziellen Tremor diagnostizierte. Dabei handelt es sich um die häufigste Bewegungsstörung überhaupt: Weltweit sind etwa fünf Prozent aller über 65-Jährigen betroffen. Charakteristisch für dieses Krankheitsbild sind kleine, schnelle Zitterbewegungen mit einer Frequenz von etwa fünf Hertz – also fünf Hin- und Herbewegungen pro Sekunde. Am häufigsten sind die Hände und der Kopf betroffen, manchmal aber auch andere Körperteile oder sogar die Stimme. Die Ursachen sind noch weitgehend unbekannt, doch vermutlich gibt es eine genetische Komponente, da die Erkrankung familiär gehäuft vorkommt.
Bei Aldrich fing nach ungefähr fünf Jahren auch die linke Hand an zu zittern und weitere fünf Jahre später der Kopf. Das war nicht nur lästig, auch ihr Selbstbewusstsein litt darunter. "Ich fühlte mich wie eine uralte Frau", sagt sie. Obwohl Mediziner den essenziellen Tremor als "gutartig" bezeichnen, da er die Betroffenen scheinbar nicht besonders stark einschränkt, ist die Krankheit keineswegs harmlos: In Befragungen berichteten etwa 85 Prozent der Patienten, dass der Tremor ihr Leben völlig verändert hat. Laut einer Studie von Wissenschaftlern des University College London muss rund jeder vierte den Arbeitsplatz wechseln oder sogar in Rente gehen. Mehr als die Hälfte der Betroffenen hat Schwierigkeiten, überhaupt eine Arbeit zu finden, und jeder dritte zieht sich völlig aus dem gesellschaftlichen Leben zurück ...
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