Gentechnik: Gentechnik gegen Mangelernährung
Parallel zur Forschung an essbaren Impfstoffen laufen auch Bemühungen, Grundnahrungsmittel mit Nährstoffen und Vitaminen anzureichern. Ein viel zitiertes Beispiel ist der "Goldene Reis", der die Bevölkerung in großen Teilen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas vor Vitamin-A-Mangel schützen soll. Die Unterversorgung mit diesem Vitamin kann zu Erblindung und einem geschwächten Immunsystem führen – Todesursache für über eine Million Kinder jedes Jahr.
Da Reis für mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung die Ernährungsgrundlage darstellt, eignet er sich besonders gut als "Vitaminspritze". Aber natürlich vorkommende Reissorten enthalten kein Vitamin A. "Goldener Reis" hingegen ist gentechnisch so manipuliert, dass er Beta-Carotin produziert – einen natürlichen Farbstoff, den der Körper in Vitamin A umwandelt.
Bis jetzt ist dieser "Goldene Reis" noch nicht im Handel. Zuvor muss noch vieles geklärt werden, unter anderem die Frage, ob der menschliche Körper das Beta-Carotin aus dem Reis überhaupt effizient genug aufnimmt. Die Testphase wird mindestens bis 2003 dauern.
Inzwischen versuchen die Forscher, den Beta-Carotin-Gehalt im Reis weiter zu erhöhen und ihn mit zusätzlichen Vitaminen und Mineralstoffen anzureichern. 1999 ist es bereits gelungen, den Eisen-Gehalt von Reiskörnern zu steigern. Weltweit leiden mehr als zwei Milliarden Menschen an Eisenmangel.
Verbesserungen werden auch bei anderen Nahrungsmitteln angestrebt. Im Juni 2000 etwa berichtete eine Gruppe japanischer und britischer Wissenschaftler über die Kreation einer transgenen Tomate, deren Gehalt an Beta-Carotin die üblichen Werte um das Dreifache übersteigt. Daneben werden konventionelle Zuchtmethoden angewandt, wie bei einem internationalen Projekt zur Erhöhung des Vitamin- und Mineralstoffgehaltes von Reis und vier anderen Grundnahrungsmitteln: Weizen, Mais, Bohnen und Maniok.
Doch nicht jedermann ist von den Erfolgen der Pflanzengenetik begeistert. Genetisch veränderte Lebensmittel sind weiterhin umstritten. Einige Gegner argumentieren, dass man auch heute schon die Mangelernährung mit anderen Maßnahmen bekämpfen könne – etwa durch den Bau neuer Straßen zum Gütertransport. Und sie befürchten, die Herstellerfirmen würden die Vorteile ihrer Neuentwicklungen nutzen, um die Aufmerksamkeit von anderen genetisch veränderten Pflanzenarten abzulenken, bei denen der Nutzen für den Konsumenten weniger deutlich auf der Hand liegt (wie zum Beispiel bei künstlich pestizid-resistenten Pflanzen). Ganz oben unter den Bedenken rangieren Umweltrisiken und mögliche Gefahren für den Verbraucher. Die Befürworter von optimierten Nahrungsmitteln hoffen jedoch, dass der Reis nicht mit dem Kochwasser ausgeschüttet wird.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 1 / 2001, Seite 68
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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