Wahrnehmung: Gesehen wie geträumt
Die meisten Menschen haben vermutlich schon ein Déjà-vu gehabt: dieses seltsame Gefühl, eine neue Situation bereits einmal genau so erlebt oder gesehen zu haben. Weniger geläufig dürfte der Begriff des "Déjà-rêvé" (französisch für "schon geträumt") sein, ein Phänomen, das ein Team um Jonathan Curot vom Universitätsklinikum Toulouse nun erstmals genauer untersuchte. Beobachtet haben Wissenschaftler Déjà-rêvés bislang nur bei Epilepsiepatienten: Diese berichten manchmal davon, dass sie während eines Anfalls oder bei elektrischer Hirnstimulation noch einmal Szenen durchleben, von denen sie in der Vergangenheit schon einmal geträumt haben.
Um dem Phänomen auf den Grund zu gehen, untersuchten Curot und seine Kollegen die Daten von Epilepsiepatienten, die sich zwischen 2003 und 2015 einer elektrischen Hirnstimulation unterzogen hatten. Das Verfahren wird unter anderem dazu genutzt, jene Areale einzugrenzen, die für die Anfälle verantwortlich sind. Außerdem führten die Forscher eine Literaturrecherche zu dem Thema durch. Auf diesem Weg trugen sie Informationen zu insgesamt 42 Déjà-rêvé-Ereignissen zusammen – darunter Beschreibungen von Szenen oder Objekten, die die Teilnehmer plötzlich vor sich sahen und die sie aus Träumen wiederzuerkennen glaubten, die mehrere Tage oder gar Jahre zurücklagen.
Anhand solcher Schilderungen ordneten die Wissenschaftler die Déjà-rêvé-Ereignisse in drei Kategorien ein: die Rückbesinnung auf spezielle Träume, die Erinnerung an vage Traumszenen und schließlich Situationen, in denen der Patient lediglich das Gefühl hat, sich in einem traumartigen Zustand zu befinden. Vor allem die ersten beiden Formen von Déjà-rêvés schienen zumeist dann aufzutreten, wenn im Gehirn der Patienten der mediale Teil des Schläfenlappens stimuliert wurde – eine Region, die unter anderem bei Gedächtnisprozessen eine zentrale Rolle spielt. Damit könnten sie eine ähnliche neurologische Basis haben wie Déjà-vu-Erlebnisse.
Insgesamt traten Déjà-rêvés allerdings deutlich seltener auf – lediglich bei 3 von 10 000 Hirnstimulationen, wie Curot und sein Team schreiben. Ob sie auch bei Menschen ohne Epilepsie vorkommen, ist bislang unklar.
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