Informatik: Mathematiker aus Silizium
»Zu einem unbestimmten zukünftigen Zeitpunkt werden Mathematiker durch Computer ersetzt.« Die gewagte Vorhersage soll der renommierte Mathematiker Paul Cohen (1934–2007) Berichten zufolge in den 1970er Jahren gemacht haben. Bis heute stößt die Äußerung bei seinen Kollegen auf Gegenwind. Cohen war schon immer ein Querdenker: Seine revolutionären Methoden in der Mengenlehre brachten ihm die Fields-Medaille ein, damit ist er die erste und bisher einzige Person, welche die begehrte Auszeichnung für Arbeiten in der Logik erhalten hat. Zudem vertrat er die kontroverse Meinung, die gesamte Mathematik ließe sich automatisieren, einschließlich des Führens von Beweisen.
Anders als man durch die Erfahrungen aus dem Mathematikunterricht vielleicht denken mag, besteht die Arbeit eines Mathematikers nicht darin, zu rechnen. Seine Hauptaufgabe ist es, formale Aussagen unwiderruflich zu belegen. Ein Beweis ist ein schrittweise geführtes logisches Argument, das überprüft, ob eine Vermutung wahr ist. So- bald sie bewiesen ist, wird eine Vermutung zu einem Theorem (auch Satz genannt). Darüber hinaus erklären Beweise, warum eine Aussage gültig – oder falsch – ist. Gleichwohl sind sie schwer zu fassen, denn die Argumente bewegen sich in einer extrem abstrakten Welt, die nichts mit unseren alltäglichen Erfahrungen zu tun haben. »Wir Menschen sind für die Art von Aufgabe nicht geeignet«, sagt der Kognitionswissenschaftler Simon DeDeo von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh.
Bisher setzt man Computer meist ein, um große Berechnungen durchzuführen. Aber Mathematik erfordert etwas anderes. Vermutungen entstehen durch induktives Denken, eine Person muss sich intuitiv über ein interessantes Problem Gedanken machen. Beweise folgen meist einer deduktiven, schrittweisen Logik. Dazu verbindet man häufig komplizierte Zusammenhänge auf kreative Weise und füllt mühsam anschließend alle vorhandenen Argumentationslücken. Maschinen können solche Aufgaben bisher noch nicht meistern.
Dennoch gibt erste Ansätze, wie Algorithmen die Arbeit von Mathematikern unterstützen können …
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