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Altruismus: Mein ist die Rache

Verhalten sich Mitmenschen unfair, keimt in uns der Wunsch, es ihnen heimzuzahlen. Forscher erkennen immer besser, welche Hirnregionen an diesem Phänomen beteiligt sind. Ihre Versuche zeigen zudem: Ohne Rache wäre ein dauerhaftes soziales Miteinander kaum möglich!
Zwei Kartenspieler an einem Tisch, einer mischt die Karten, der andere schaut ihn misstrauisch an.

Feuerwerkskörper krachen, Fahnen wehen, Sprechchöre schallen durch die Nacht. Vor etwa einem Jahr feierten viele US-Amerikaner – den Tod eines Menschen. Eine Spezialeinheit der US-Streitkräfte hatte in Pakistan den Terroristenführer Osama bin Laden getötet. "Genugtuung" bekundeten die Feiernden vor dem Weißen Haus darüber, dass der Gründer und Anführer von El Kaida endlich zur Rechenschaft gezogen worden war, vor allem für die Anschläge am 11. September 2001, die er geplant haben soll. Die USA hatten sich mit ihrem staatlich befohlenen Mord an ihm gerächt.
Vergeltung nach dem archaischen Prinzip "Auge um Auge, Zahn um Zahn" findet sich in der Bibel genauso wie im Koran, und Blutrache wird seit jeher in Stammesgesellschaften überall auf der Welt praktiziert. Auch in unserem Alltag schleicht sich schnell Freude ein, wenn jemand zu Schaden kommt, der uns hintergangen oder verletzt hat.
Dass Rachegelüste offenbar tief im Menschen verankert sind, ist bemerkenswert. Vor allem, weil wir uns sonst doch so fürsorglich umeinander kümmern wie kaum eine andere Spezies. Sicher gibt es aufopferungsvolle Tier­eltern, komplexe Sozialgemeinschaften unter Insekten und Löwenrudel, die ihre Jagdbeute miteinander teilen. Aber der Altruismus des Menschen sticht heraus: Homo sapiens hilft nicht nur Familienmitgliedern oder Angehörigen der eigenen Sippe, die den Gefallen später erwidern können. Er bleibt auch stehen, wenn ein völlig fremder Artgenosse ihn etwa nach dem Weg fragt – und gibt bereitwillig Auskunft.
Mit ihrem Kooperationswillen laufen Menschen allerdings ständig Gefahr, ausgenutzt zu werden. Niemand garantiert dem Wohltäter, dass er selbst Unterstützung bekommt, sollte er sie einmal benötigen ...

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Gehirn&Geist – Beziehungen: Wie sie prägen, wann sie stärken

Das Dossier widmet sich sozialen Beziehungen in all ihren Facetten: zwischen Partnern, Eltern und Kindern, Freunden oder in Gemeinschaften. Die Beiträge liefern wichtige, aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung. Sie verdeutlichen, wie heilsam und wichtig die Verbundenheit mit anderen ist, aber auch, wann sie schaden kann. So zeigt der Beitrag zum Thema Bindungsfähigkeit, dass die Erfahrungen der ersten Lebensjahre prägend sind. Doch Bindungsstile lassen sich ändern. Mit vernetzten Hirnscannern ergründen Mannheimer Forscherinnen und Forscher die Geheimnisse sozialer Interaktionen, die einiges über die Beziehung verraten. Das Hormon Oxytozin gilt als soziales Bindemittel. Ein reines Kuschelhormon ist es dennoch nicht. Auch Umarmungen spielen im Alltag vieler Menschen eine wichtige Rolle, aber erst jetzt beginnen Psychologen, dieses Verhalten zu verstehen.

Gehirn&Geist – Altruismus

Helfen Menschen einander, wenn sie sich in Lebensgefahr befinden – oder ist sich jeder selbst der Nächste? Neue Forschungsergebnisse belegen: Ausgerechnet bei tödlicher Gefahr verhalten sich Menschen meistens erstaunlich altruistisch. Außerdem im Heft: Die Schlafforschung interessiert seit Langem, wozu unser Gehirn komplexe Traumwelten erzeugt. Auch im Tierreich suchen sie nach Antworten: unter anderem bei Tintenfischen, Tauben und Spinnen. Bei vielen neuropsychiatrischen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Huntington leidet der Geruchssinn als Erstes. Weshalb ist das so, und lässt sich das diagnostisch nutzen? Selbstverletzung erfüllte über die Jahrtausende hinweg wahrscheinlich verschiedenste Zwecke, vom Stressabbau bis hin zu religiösen Zwecken. Sexfilme sind online immer, überall und anonym abrufbar. Manche Konsumenten verlieren da die Kontrolle. Wie kann man diesen Süchtigen helfen?

Spektrum Kompakt – KI im Einsatz - Gekommen, um zu bleiben

Künstliche Intelligenz beantwortet längst nicht nur Fragen im Chat. Durch stetiges Lernen berechnet sie das Risiko zukünftiger Naturkatastrophen, entschlüsselt tierische Kommunikation und unterstützt die medizinische Diagnostik.

  • Quellen

Bowles, S., Gintis, H.:The Evolution of Strong Reciprocity: Cooperation in Heterogeneous Populations. In: Theoretical Population Biology 65, S. 17-28, 2004

Boyd, R. et al:The Evolution of Altruistic Punishment. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA 100, S. 3531-3535, 2003

de Quervain, D. J. F. et al:The Neural Basis of Altruistic Punishment. In: Science 305, S. 1254-1258, 2004

Gäbler, I., Maercker, A.:Revenge Phenomena and Posttraumatic Stress Disorder in Former East German Political Prisoners. In: The Journal of Nervous and Mental Disease 199, S. 287-294, 2011

Singer, T., Steinbeis, N.:Differential Roles of Fairness- and Compassion-Based Motivations for Cooperation, Defection, and Punishment. In: Annals of the New York Academy of Sciences 1167, S. 41-50, 2009

Singer, T., et al:Empathic Neural Responses are Modulated by the Perceived Fairness of Others. In: Nature 439, S. 466-469, 2006

Sonis, J. et al:Probable Posttraumatic Stress Disorder and Disability in Cambodia: Associations with Perceived Justice, Desire for Revenge, and Attitudes toward the Khmer Rouge Trials. In: Journal of the American Medical Association 302, S. 527-536, 2009

Strobel, A. et al:Beyond Revenge: Neural and Genetic Bases of Altruistic Punishment. In: NeuroImage 54, S. 671-680, 2011

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