Forstwirtschaft: Dem Wandel gewachsen
Auf einem Feld in Vancouver, am Straßenrand direkt gegenüber einer Häuserreihe, stehen ungefähr 500 Sitka-Fichten dicht an dicht und recken ihr dunkelgrünes Nadelkleid der Sonne entgegen. Obwohl alle vor sieben Jahren gleichzeitig gepflanzt wurden, variiert ihre Größe dramatisch. Die kleinsten sind nur ungefähr 60 Zentimeter hoch und stammen von der Kodiak-Insel in Alaska; die größten dagegen bringen es auf rund zwei Meter und kommen aus Oregon. Doch die Größe ist nicht der einzige augenfällige Unterschied. Obwohl die Fichten aus Alaska zur selben Art gehören wie diejenigen aus Oregon, knospen sie volle drei Monate früher. Zudem bleiben sie üppig grün, egal wie tief die Temperaturen fallen.
Die Pflanzung am Rand des weitläufigen Campus der University of British Columbia ist Teil eines Experiments mit dem Ziel, die kanadischen Wälder vor den Folgen des drohenden Klimawandels zu schützen. Bäume sind an ihren Lebensraum angepasst. Doch der verändert sich in dem Maße, wie die Erde sich erwärmt. Nun können Bäume nicht einfach losmarschieren und sich ein neues Habitat suchen. Wenn sie es nicht schaffen, mit dem Klimawandel Schritt zu halten, sind sie dem Untergang geweiht.
Da die Bäume selbst ortsgebunden sind, erproben Wissenschaftler eine neue Lösung: Sie wollen den Genen die Chance geben, zu wandern – und den Pflanzen so dazu verhelfen, sich genetisch den veränderten Umweltbedingungen anzupassen. Für dieses Experiment hat Sally N. Aitken die Fichtenschonung in Vancouver gepflanzt. Sie ist Direktorin des Centre for Forest Conservation Genetics an der örtlichen Universität. Ihrer Ansicht nach könnte die Rettung der Wälder in British Columbia – und andernorts – von einem Verfahren abhängen, das "assisted gene flow" heißt. Wissenschaftler verpflanzen dabei Organismen mit vorteilhaften Eigenschaften von einer Stelle ihres Verbreitungsgebiets an eine andere, wo sie ihre besonderen Erbanlagen an die angestammte Flora weitergeben können. So besitzen die Bäume aus Oregon und die aus Alaska vielleicht wechselseitig nützliche Gene. Doch ohne menschliches Zutun kommen beide niemals zusammen. ...
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