Angemerkt!: Zurück aus der Zukunft
Nicht jeder psychologische Effekt, der in Experimenten signifikant wird, muss deshalb auch Sinn ergeben. Das zeigt ein aktueller Fall paranormaler Beweisführung.
Der TV-Entertainer Peter Frankenfeld erzählte gern folgenden Witz: Ein Mann geht zum Hellseher, klingelt an der Tür, und der Hellseher fragt durch die Sprechanlage: "Wer ist da?"
Mit der Parapsychologie ist das so eine Sache. Sie erscheint vielen Menschen gerade deshalb attraktiv, weil sie Kontrolle über Dinge verspricht, die in der langweiligen Welt der Naturgesetze nicht zu kontrollieren sind. Andererseits kann es für derart überirdische Phänomene wohl keinen ernst zu nehmenden, wissenschaftlichen Beleg geben. Oder etwa doch?
Die verbreitete Neigung, übersinnliche Zusammenhänge zu konstruieren, hat kürzlich sogar Eingang in eine hoch angesehene Zeitschrift gefunden: Der Psychologe Daryl Bem von der Cornell University in Ithaca (US-Bundesstaat New York) veröffentlichte im renommierten "Journal of Personality and Social Psychology" einen Artikel zur retroaktiven Kausalwirkung. Bem glaubt, in mehreren Experimenten gezeigt zu haben, dass sich spätere Ereignisse auf das Verhalten von Menschen im Hier und Jetzt auswirken: In seinen Laborversuchen mit insgesamt mehr als 1000 Probanden habe die Zukunft die Gegenwart beeinflusst, so der Forscher.
Die Versuchsteilnehmer sahen unter anderem Bilder, die entweder angenehme oder unangenehme Gefühle auslösten (zum Beispiel das Foto eines Babys oder das einer Schlange). Die Probanden sollten eine Taste links von ihnen bei negativen Empfindungen drücken, jene auf der rechten Seite hingegen bei einem positiven Bild. Das geht recht schnell – noch schneller sogar, wenn zuvor immer wieder negative Wörter (etwa "hässlich") vor dem Schlangenbild und positive ("hübsch") vor dem Baby erschienen. Das bezeichnen Kognitionsforscher als Priming.
Genialisch drehte Bem den Ablauf des Versuchs einfach um: Er zeigte die Wörter also erst, nachdem die Versuchspersonen bereits per Tastendruck auf die jeweiligen Bilder reagiert hatten. Siehe da: Auch hierbei waren die Teilnehmer durchschnittlich schneller "am Drücker", wenn Wort und Bild emotional zusammenpassten, als wenn das nicht der Fall war. Ein passender zukünftiger Ausdruck beschleunigte also die Reaktion; ein unpassender verlangsamte sie.
Hier fängt das Händeringen an. Skeptiker mutmaßten rasch, dass die Logik des Versuchsaufbaus undicht sei oder dass die statistische Datenanalyse Schwächen aufweise. An Bems Studien gibt es aber auf den ersten Blick methodisch nichts zu beanstanden – nicht umsonst konnte er sie in einer seriösen Fachzeitschrift des wissenschaftlichen Mainstreams platzieren.
Das Problem reicht tiefer, denn die Befunde rütteln am Dogma der statistischen Signifikanz. Selbst wenn sich ein nach allen Regeln der Kunst bewiesener Effekt ergibt – manchmal bleibt einem dennoch nur zu erklären: Das glaube ich nicht! Oder wie der britische Biologe Nick Humphrey sinngemäß sagte: "Wenn wir einen empirischen Befund beurteilen, müssen wir uns auch fragen, welche parapsychologischen Erklärungen wir uns damit sonst noch einhandeln." Ich fürchte, wenn Bem Recht hätte und wir die Tür für rückläufige Kausalität in der Psychologie öffnen müssten, verlöre das Konzept der Ursache-Wirkungs-Beziehung seinen Sinn: Jedes Ereignis könnte dann im Prinzip auf jedes andere kausal einwirken, über Zeit und Raum hinweg.
Der Versuch, durch jetziges Handeln unser zukünftiges Wohlergehen zu beeinflussen, bereitet schon genug Probleme. Wie kompliziert würde das erst, wenn wir durch aktuelles Tun auch noch unser gestriges Befinden verändern könnten! Zwar meint Bem, dass die retroaktive Kausalwirkung nur unter raffinierten Laborbedingungen funktioniere – doch ich frage mich: Wieso eigentlich?
Es handelt sich um nicht mehr und nicht weniger als einen statistisch signifikanten Effekt; doch das lässt per Definition immerhin eine Irrtumswahrscheinlichkeit von fünf Prozent zu! Rein rechnerisch ist folglich jeder 20. Beleg falsch. Im Fall von Bems parapsychologischen Studien sollten wir getrost von einem solchen – gar nicht so seltenen – Zufallsbefund ausgehen.
Mit der Parapsychologie ist das so eine Sache. Sie erscheint vielen Menschen gerade deshalb attraktiv, weil sie Kontrolle über Dinge verspricht, die in der langweiligen Welt der Naturgesetze nicht zu kontrollieren sind. Andererseits kann es für derart überirdische Phänomene wohl keinen ernst zu nehmenden, wissenschaftlichen Beleg geben. Oder etwa doch?
Die verbreitete Neigung, übersinnliche Zusammenhänge zu konstruieren, hat kürzlich sogar Eingang in eine hoch angesehene Zeitschrift gefunden: Der Psychologe Daryl Bem von der Cornell University in Ithaca (US-Bundesstaat New York) veröffentlichte im renommierten "Journal of Personality and Social Psychology" einen Artikel zur retroaktiven Kausalwirkung. Bem glaubt, in mehreren Experimenten gezeigt zu haben, dass sich spätere Ereignisse auf das Verhalten von Menschen im Hier und Jetzt auswirken: In seinen Laborversuchen mit insgesamt mehr als 1000 Probanden habe die Zukunft die Gegenwart beeinflusst, so der Forscher.
Die Versuchsteilnehmer sahen unter anderem Bilder, die entweder angenehme oder unangenehme Gefühle auslösten (zum Beispiel das Foto eines Babys oder das einer Schlange). Die Probanden sollten eine Taste links von ihnen bei negativen Empfindungen drücken, jene auf der rechten Seite hingegen bei einem positiven Bild. Das geht recht schnell – noch schneller sogar, wenn zuvor immer wieder negative Wörter (etwa "hässlich") vor dem Schlangenbild und positive ("hübsch") vor dem Baby erschienen. Das bezeichnen Kognitionsforscher als Priming.
Genialisch drehte Bem den Ablauf des Versuchs einfach um: Er zeigte die Wörter also erst, nachdem die Versuchspersonen bereits per Tastendruck auf die jeweiligen Bilder reagiert hatten. Siehe da: Auch hierbei waren die Teilnehmer durchschnittlich schneller "am Drücker", wenn Wort und Bild emotional zusammenpassten, als wenn das nicht der Fall war. Ein passender zukünftiger Ausdruck beschleunigte also die Reaktion; ein unpassender verlangsamte sie.
Hier fängt das Händeringen an. Skeptiker mutmaßten rasch, dass die Logik des Versuchsaufbaus undicht sei oder dass die statistische Datenanalyse Schwächen aufweise. An Bems Studien gibt es aber auf den ersten Blick methodisch nichts zu beanstanden – nicht umsonst konnte er sie in einer seriösen Fachzeitschrift des wissenschaftlichen Mainstreams platzieren.
Das Problem reicht tiefer, denn die Befunde rütteln am Dogma der statistischen Signifikanz. Selbst wenn sich ein nach allen Regeln der Kunst bewiesener Effekt ergibt – manchmal bleibt einem dennoch nur zu erklären: Das glaube ich nicht! Oder wie der britische Biologe Nick Humphrey sinngemäß sagte: "Wenn wir einen empirischen Befund beurteilen, müssen wir uns auch fragen, welche parapsychologischen Erklärungen wir uns damit sonst noch einhandeln." Ich fürchte, wenn Bem Recht hätte und wir die Tür für rückläufige Kausalität in der Psychologie öffnen müssten, verlöre das Konzept der Ursache-Wirkungs-Beziehung seinen Sinn: Jedes Ereignis könnte dann im Prinzip auf jedes andere kausal einwirken, über Zeit und Raum hinweg.
Der Versuch, durch jetziges Handeln unser zukünftiges Wohlergehen zu beeinflussen, bereitet schon genug Probleme. Wie kompliziert würde das erst, wenn wir durch aktuelles Tun auch noch unser gestriges Befinden verändern könnten! Zwar meint Bem, dass die retroaktive Kausalwirkung nur unter raffinierten Laborbedingungen funktioniere – doch ich frage mich: Wieso eigentlich?
Es handelt sich um nicht mehr und nicht weniger als einen statistisch signifikanten Effekt; doch das lässt per Definition immerhin eine Irrtumswahrscheinlichkeit von fünf Prozent zu! Rein rechnerisch ist folglich jeder 20. Beleg falsch. Im Fall von Bems parapsychologischen Studien sollten wir getrost von einem solchen – gar nicht so seltenen – Zufallsbefund ausgehen.
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