Saturnmond Enceladus: 101 Geysire sind auf Enceladus aktiv
Auf dem Saturnmond Enceladus kartierte eine Forschergruppe um Carolyn Porco vom Space Science Institute in Boulder, Colorado, 101 aktive Geysire in der Region um den Südpol des Mondes. Die Forscher verwendeten dazu Bilder und Messdaten der US-Raumsonde Cassini, die im Verlauf von rund sieben Jahren zur Erde übermittelt wurden. Aus den Arbeiten von Porco und Koautoren geht auch hervor, dass wohl tatsächlich warmes flüssiges Wasser aus dem Inneren des Mondes an die Oberfläche steigt und dort in den Weltraum als Fontänen aus Wasserdampf und feinen Eispartikeln entweicht.
Die gesamte vulkanische Aktivität von Enceladus konzentriert sich auf ein Gebiet, das sich exakt am Südpol des Mondes befindet. Dort gibt es vier große, annähernd parallele Verwerfungen in der Eiskruste, welche die Namen Damascus, Baghdad, Cairo und Alexandria Sulcus tragen. In ihrer Anordnung erinnern sie ein wenig an die Kratzspuren von Tigerkrallen in Baumrinden, so dass sie von den Forschern auch als Tigerstreifen bezeichnet werden. Alle Geysire treten aus diesen Spaltensystemen aus. Untersuchungen mit dem abbildenden Infrarotspektrometer VIMS an Bord von Cassini zeigen, dass sich in diesen kleine Gebiete mit stark erhöhter Temperatur befinden, so genannte "Hot Spots". Sie sind eng begrenzt und erstrecken sich jeweils nur etwa über zehn Meter. Sie könnten sogar noch kleiner sein, aber das vorhandene Datenmaterial erlaubt keine höhere räumliche Auflösung. Jeder der Geysire hat seinen eigenen Hot Spot.
Aus ihren Ergebnissen leiten Porco und ihre Koautoren ab, dass die Geysire ihren Ursprung tief im Inneren des Mondes haben und nicht durch mechanische Reibung in der oberen Eiskruste erzeugt werden. Mit Hilfe von Schweredaten hatte vor einigen Monaten eine andere Forschergruppe festgestellt, dass sich unter der Eiskruste des Mondes ein Ozean aus flüssigem Wasser befinden muss. Dieser soll sich am Südpol in einer Tiefe zwischen 30 und 40 Kilometern befinden und erstreckt sich möglicherweise global um einen gesteinshaltigen Kern geringer Dichte. Nach den Untersuchungen der Forschergruppe um Porco müssen Bruchlinien in der Eiskruste von Enceladus existieren, in denen flüssiges Wasser aus dem Ozean bis an die Oberfläche steigen kann.
In ihrem Modell (siehe beigestellte Grafik oben) überdeckt den bis zu zehn Kilometer tiefen Ozean aus salzigem Wasser eine Schicht aus plastisch deformierbarem Wassereis. Es kann ähnlich wie das Eis in einem irdischen Gletscher langsam fließen. Das Eis bewegt sich langsam in konvektiven Strömungen, das heißt, wärmere Partien mit geringerer Dichte steigen langsam auf in Richtung Oberfläche, während kühlere und damit dichtere Partien zum Ozean hin absinken. Diese Bewegungen nehmen die oberste Kruste aus starrem, tiefgefrorenem Eis mit. Dabei reißen in dem spröden Material Spalten – die Tigerstreifen – auf, die dem flüssigen Wasser den Weg zur Oberfläche ermöglichen.
Nähert sich das flüssige Wasser der Oberfläche, an der ein Vakuum herrscht, so beginnt noch im Inneren der Spalten das warme Wasser zu kochen. Es verwandelt sich in eine Mischung aus Wasserdampf und Tröpfchen aus flüssigem Salzwasser, die weiter nach oben dringt. An der Oberfläche verwandeln sich die Tröpfchen in Eispartikel, dabei gehen die größeren Partikel im unmittelbaren Umfeld der Ausbruchsstellen nieder. Außerdem kondensiert ein Teil des Wasserdampfs an den Austrittsstellen und setzt dabei latente Wärme frei, die sich als Hot Spot nachweisen lässt. Der entweichende Wasserdampf reißt nur feine Eispartikel ohne große Mengen an Salzen mit in den Weltraum. Dort sammeln sich diese Partikel im Bereich der Umlaufbahn von Enceladus an und bilden den breiten, aber sehr feinen E-Ring um Saturn.
Die Forscher untersuchten auch die zeitlichen Veränderungen der Austrittswolke am Südpol des Mondes und stellten fest, dass ihre Helligkeit an seine Umlaufbewgung um Saturn gekoppelt ist. Die Wolke leuchtet am hellsten, wenn sich Enceladus im saturnfernsten Bereich seiner Umlaufbahn aufhält. Dies weist darauf hin, dass Gezeiteneffekte die Spalten in der Eiskruste beinflussen. Die Spaltenbreite wird in Saturnnähe verringert, so dass weniger Wasserdampf austreten kann und vergrößert, wenn sich die Spalten in Saturnferne weiter öffnen. Allerdings erfolgt die Reaktion darauf erst rund fünf Stunden nach dem Durchgang durch den saturnfernsten Punkt, da das Wasser erst nach oben dringen muss. Nicht abschließend geklärt ist nach wie vor die Frage nach der Energiequelle für diese Aktivität auf Enceladus. Auf jeden Fall sind Gezeiteneffekte und Gezeitenreibung im Spiel, aber es könnten auch noch interne Energiequellen wie radioaktiver Zerfall von Elementen im Inneren des Mondes eine Rolle spielen.
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