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Domestizierung: Als die wilden Kaninchen kamen

Vergleichende Genanalysen zeigen: Hoppelnde Hausgenossen kennt der Mensch schon seit der letzten Kaltzeit.
Kaninchen auf Schnuppertour im Park

Manche Geschichten sind so eklig, dass man sie am liebsten wieder vergessen möchte. Beliebt sind sie vermutlich gerade deshalb. Zumindest wäre das eine Erklärung für den bis heute verbreiteten Mythos über die ersten Hauskaninchen: Mit deren Zucht haben mittelalterliche Mönche angeblich begonnen, nachdem Papst Gregor I. verlautbaren ließ, dass man während der Fastenzeit Kaninchenföten essen dürfe, da diese als Meeresgetier und nicht als Fleisch gelten würden.

Dass es sich bei den Mönchen um die ersten Kaninchenzüchter handelte, haben Archäologen von der University of Oxford nun mittels Genanalysen widerlegt. Wie Evan Irving-Pease und Greger Larson in der Fachzeitschrift "Trends in Ecology and Evolution" darlegen, seien die ersten Kaninchen schon wesentlich früher beim Menschen eingezogen.

Die Forscher wollten eigentlich ihre Methode zur genetischen Altersbestimmung daraufhin prüfen, ob man mit ihrer Hilfe auch die Domestizierung von Tieren zurückverfolgen könne. Dazu verglichen sie die Genome von domestizierten mit denen von wilden Kaninchen. Sie rechneten damit, die historische Überlieferung auf diese Weise zu bestätigen. Doch die molekulare Uhr datierte die genetische Abspaltung der Haus- von den Wildkaninchen vielmehr auf die letzte Kaltzeit, die vor rund 10 000 Jahren endete, und damit lange vor den Einzug anderer tierischer Hausgenossen.

Auf der anderen Seite legten Veränderungen in den Skeletten der Tiere nahe, dass auch noch im 17. oder 18. Jahrhundert wilde Kaninchen domestiziert wurden. Die Schlussfolgerung: Der Einzug der Kaninchen in menschliche Behausungen zog sich über Jahrtausende. Solche kontinuierlichen Entwicklungen widersprächen unserem intuitiven Verständnis, erklärt Larsen. Der Mensch forsche nach einem konkreten Ereignis, einem kritischen Zeitpunkt. Doch in der Causa Hauskaninchen suche man danach wohl vergebens. Die Forscher wollen nun prüfen, ob sich die Geschichte bei anderen Haustieren ähnlich zugetragen habe.

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