Umweltgifte: Alte Maya-Reservoirs waren extrem verschmutzt
Das zentrale Wasserreservoir der Maya-Metropole Tikal im Norden Guatemalas war so stark mit Quecksilber und Algen verschmutzt, dass es mutmaßlich zu giftig zum Trinken war. Das stellte eine Arbeitsgruppe um David Lentz von der University of Cincinnati bei einer Analyse der Schichten am Boden mehrerer ehemaliger Wasserspeicher fest. Wie sie in »Scientific Reports« berichtet, enthielten vor allem die beiden Reservoirs im Zentrum der Stadt während der Spätklassik zwischen den Jahren 700 und 900 sehr hohe Mengen Quecksilber. Zusätzlich fand das Team Spuren zweier Arten von Zyanobakterien, die giftige Stoffe produzieren und gefährliche Algenblüten auslösten. Nach Ansicht der Forscher war das Wasser der beiden Reservoirs dadurch in der Trockenzeit zu giftig zum Trinken.
Das Quecksilber in den zentralen Reservoirs stammte laut der Analysen der Arbeitsgruppe aus Zinnober, einem roten Pigment, mit dem die Maya Gebäude und Gebrauchsgegenstände verzierten. Flüssiges Quecksilber wurde außerdem in Mayagräbern und Opferdepots gefunden. Die Zyanobakterien – auch heute noch Ursache giftiger »red tides« – fanden vermutlich gute Lebensbedingungen, weil die zentralen Reservoirs zusätzlich auch sehr viele Nährstoffe enthielten, wie Phosphatkonzentrationen im Sediment zeigen.
Der Befund könnte zur Aufklärung des größten Rätsels der Maya beitragen: weshalb die spätklassische Stadtkultur im südlichen Tiefland von Yucatan im 9. Jahrhundert so vollständig zusammenbrach. Als sicher gilt, dass nicht ein einzelner Grund den Kollaps auslöste. Heftig umstritten ist die Vermutung, Teil der Ursache sei eine lang anhaltende Trockenperiode rund um das Jahr 900, in der die Regenmenge mutmaßlich bis zur Hälfte sank. Die Befunde der Arbeitsgruppe deuten nun darauf hin, dass der Wassermangel trotz der ausgereiften Speichermethoden der Maya schwer wiegende Konsequenzen hatte.
Allerdings ist unklar, ob wirklich jemand das Wasser trank, denn zwei weitere Reservoirs jenseits des Stadtzentrums zeigten in der gleichen Zeit keine Anzeichen der Umweltgifte. Gleichzeitig deuten die großen Mengen Phosphat darauf hin, dass die Reservoirs wohl erkennbar mit Abwasser verschmutzt waren, was die Maya bei anderen Reservoirs zu vermeiden wussten. Vielmehr sei der Effekt eventuell eher psychologisch gewesen, mutmaßt das Team um Lentz.
Wasser hatte eine hohe Bedeutung für die Maya, die keine beständigen Süßwasserquellen besaßen. Eine zentrale rituelle Aufgabe ihrer Könige war, im Auftrag des Volkes beim Regengott um genug Wasser zu bitten. Dass ausgerechnet die beiden Reservoirs an Palast und Tempel zu ungenießbarer Brühe wurden, hätte sowohl praktisch als auch symbolisch dazu beigetragen, dass die Stadt schließlich verlassen wurde, schreiben sie.
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