Limnologie: An die Luft gesetzt
Katastrophen kündigen sich selten an. Es ist daher ein Glücksfall, wenn rechtzeitig ausreichend schützende Vorkehrungen möglich sind. Und um so trauriger, wenn sie an mangelnder Finanzierung scheitern.
15. August 1984. 37 Menschen liegen tot in ihren Häusern am Ufer des Monoun-Sees im Nordwesten Kameruns – erstickt. Wildeste Spekulationen über die Todesursache machen die Runde, von geheim gehaltenen Tests chemischer Waffen bis zu einem Attentat von Terroristen. Wissenschaftler halten nach reiflicher Überlegung und Analysen den See für den Schuldigen.
26. August 1986. Nur knapp hundert Kilometer entfernt kommt es zur Katastrophe: 1700 Menschen und unzählige Tiere sterben am Nyos-See, wieder durch Ersticken. Für die Forscher bringt das Ereignis die traurige Bestätigung der Ursache: In beiden Fällen hatten sich riesige Wolken aus Kohlendioxid und Methan am Grund des Sees gesammelt und waren aus ungeklärten Gründen plötzlich in einer Fontäne an die Oberfläche gestiegen – wie bei einer übersprudelnden Sektflasche. Die Gase hatten sich dann in Bodennähe ausgebreitet und Mensch wie Tier den Atem geraubt.
"Limnische Eruption", nannten Experten den Vorgang schließlich im Jahr darauf bei einer Tagung. Die Anlehnung an den Vulkanismus ist bewusst, schließlich verläuft ein solcher Gasausstoß ähnlich unvorhersehbar und plötzlich wie ein Vulkanausbruch. Beide Seen liegen in einer vulkanisch aktiven Region, wo sie ehemalige Krater füllen. Das Gas entstammt dem Untergrund, wo aus Magmenkammern immer noch Methan, Kohlendioxid und Co austreten. Mit dem Grundwasser strömen sie dann in die Seen.
In den meisten Fällen macht das keine Probleme: Solange sich der Wasserkörper der Seen regelmäßig umwälzt, kommen die Gase in harmlosen Mengen an die Oberfläche und entweichen, ohne Leben zu gefährden. Am Monoun- und am Nyos-See jedoch waren die Maare regelrecht explodiert. Denn hier findet keine Umwälzung statt: Die Seen sind stabil geschichtet, oben und unten tauschen sich nicht aus. So konnte sich in der Tiefe über lange Zeit ein Gasvorrat ansammeln, der schließlich tödliche Dimensionen erreichte.
Wie aber sollte man nun die Menschen in der Region vor weiteren Ausbrüchen schützen? Die Idee war bald geboren, auf Grund von Finanzierungsschwierigkeiten zog sich die Umsetzung dann jedoch Jahre hin. Und das, obwohl die Zeit drängte: Längst schon haben sich in der Tiefe wieder Gasvorräte angesammelt, die größer sind als die bei den Ausbrüchen freigesetzten Mengen. Seit 2001 am Nyos- und seit 2003 am Monoun-See lassen nun aber tief reichende Rohre das Gas kontrolliert entweichen – und das durch eigenen Antrieb: Nachdem eine Pumpe das Ganze in Gang gebracht hatte, sorgt nun der Druck in der Tiefe dafür, dass beständig eine meterhohe Fontäne Entlastung bringt.
George Kling von der Universtät von Michigan und seine Kollegen können Entwarnung geben. Die Forscher verfolgen die Entwicklung in den Gewässern seit der Installation der Rohre. Und wie die Messdaten zeigen, hat sich die Stabilität der Schichtung durch den kontrollierte CO
Und die Gefahr für die Bevölkerung ist immer noch groß: Die bisherige Pumpaktion hat den Gasvorrat der Seen zwar reduziert, aber bisher nur um 12 bis 14 Prozent. Mit steigender Entnahme fällt aber der Druck in der Tiefe, und die Nachlieferung wird langsamer – und mit ihr auch die Menge an Gas, das entweicht.
Anhand eines Modells aus den Werten der letzten zwölf Jahre berechneten Kling und seine Mitarbeiter eine Zukunftsprognose. Derzufolge wird die eingesetzte Entlüftung im Monoun-See insgesamt etwa dreißig Prozent des Gasvorrates abbauen, bevor der Nachschub aus dem Untergrund die Abluft nach oben schlicht aufwiegt. Im Nyos-See sieht die Bilanz noch magerer aus. Hier wird, so die Forscher, bis 2015 gerade einmal ein Viertel der Gasmenge entweichen.
Was tun? Schon von Beginn an hatte Kling mehrere Rohre gefordert – und kann dies nun untermauern. Denn simulierten die Forscher das Zukunftsszenario aus fünf Rohren am Nyos-See und zwei Rohren im Monoun-See, deren Öffnung zudem tiefer liegen sollte als momentan, so würde dies bis zum Jahr 2010 wohl 75 bis 99 Prozent der gefährlichen Gase kontrolliert an die Luft setzen. Das Risiko für die Menschen vor Ort, die teilweise in ihre Dörfer zurückgekehrt sind, weil sie dort fruchtbaren Boden und inzwischen sogar Fische im See finden, würde dramatisch sinken. Bleibt nur die Frage, ob sich der Finanzierungskampf vor dem nächsten Ausbruch entscheidet.
26. August 1986. Nur knapp hundert Kilometer entfernt kommt es zur Katastrophe: 1700 Menschen und unzählige Tiere sterben am Nyos-See, wieder durch Ersticken. Für die Forscher bringt das Ereignis die traurige Bestätigung der Ursache: In beiden Fällen hatten sich riesige Wolken aus Kohlendioxid und Methan am Grund des Sees gesammelt und waren aus ungeklärten Gründen plötzlich in einer Fontäne an die Oberfläche gestiegen – wie bei einer übersprudelnden Sektflasche. Die Gase hatten sich dann in Bodennähe ausgebreitet und Mensch wie Tier den Atem geraubt.
"Limnische Eruption", nannten Experten den Vorgang schließlich im Jahr darauf bei einer Tagung. Die Anlehnung an den Vulkanismus ist bewusst, schließlich verläuft ein solcher Gasausstoß ähnlich unvorhersehbar und plötzlich wie ein Vulkanausbruch. Beide Seen liegen in einer vulkanisch aktiven Region, wo sie ehemalige Krater füllen. Das Gas entstammt dem Untergrund, wo aus Magmenkammern immer noch Methan, Kohlendioxid und Co austreten. Mit dem Grundwasser strömen sie dann in die Seen.
In den meisten Fällen macht das keine Probleme: Solange sich der Wasserkörper der Seen regelmäßig umwälzt, kommen die Gase in harmlosen Mengen an die Oberfläche und entweichen, ohne Leben zu gefährden. Am Monoun- und am Nyos-See jedoch waren die Maare regelrecht explodiert. Denn hier findet keine Umwälzung statt: Die Seen sind stabil geschichtet, oben und unten tauschen sich nicht aus. So konnte sich in der Tiefe über lange Zeit ein Gasvorrat ansammeln, der schließlich tödliche Dimensionen erreichte.
Wie aber sollte man nun die Menschen in der Region vor weiteren Ausbrüchen schützen? Die Idee war bald geboren, auf Grund von Finanzierungsschwierigkeiten zog sich die Umsetzung dann jedoch Jahre hin. Und das, obwohl die Zeit drängte: Längst schon haben sich in der Tiefe wieder Gasvorräte angesammelt, die größer sind als die bei den Ausbrüchen freigesetzten Mengen. Seit 2001 am Nyos- und seit 2003 am Monoun-See lassen nun aber tief reichende Rohre das Gas kontrolliert entweichen – und das durch eigenen Antrieb: Nachdem eine Pumpe das Ganze in Gang gebracht hatte, sorgt nun der Druck in der Tiefe dafür, dass beständig eine meterhohe Fontäne Entlastung bringt.
Für die beteiligten Wissenschaftler und Ingenieure ein durchaus heikles Experiment: Würden die von ihnen berechneten Konstruktionen so funktionieren wie geplant? Schließlich war bei einem Vorversuch ein Rohr zum Erschrecken aller wieder in die Höhe geschossen. Oder käme es durch ihren Eingriff womöglich gar zum Schlimmsten – einer Störung der stabile Schichtung der Seen und damit zu einem weiteren todbringenden Ausbruch?
George Kling von der Universtät von Michigan und seine Kollegen können Entwarnung geben. Die Forscher verfolgen die Entwicklung in den Gewässern seit der Installation der Rohre. Und wie die Messdaten zeigen, hat sich die Stabilität der Schichtung durch den kontrollierte CO
Und die Gefahr für die Bevölkerung ist immer noch groß: Die bisherige Pumpaktion hat den Gasvorrat der Seen zwar reduziert, aber bisher nur um 12 bis 14 Prozent. Mit steigender Entnahme fällt aber der Druck in der Tiefe, und die Nachlieferung wird langsamer – und mit ihr auch die Menge an Gas, das entweicht.
Anhand eines Modells aus den Werten der letzten zwölf Jahre berechneten Kling und seine Mitarbeiter eine Zukunftsprognose. Derzufolge wird die eingesetzte Entlüftung im Monoun-See insgesamt etwa dreißig Prozent des Gasvorrates abbauen, bevor der Nachschub aus dem Untergrund die Abluft nach oben schlicht aufwiegt. Im Nyos-See sieht die Bilanz noch magerer aus. Hier wird, so die Forscher, bis 2015 gerade einmal ein Viertel der Gasmenge entweichen.
Was tun? Schon von Beginn an hatte Kling mehrere Rohre gefordert – und kann dies nun untermauern. Denn simulierten die Forscher das Zukunftsszenario aus fünf Rohren am Nyos-See und zwei Rohren im Monoun-See, deren Öffnung zudem tiefer liegen sollte als momentan, so würde dies bis zum Jahr 2010 wohl 75 bis 99 Prozent der gefährlichen Gase kontrolliert an die Luft setzen. Das Risiko für die Menschen vor Ort, die teilweise in ihre Dörfer zurückgekehrt sind, weil sie dort fruchtbaren Boden und inzwischen sogar Fische im See finden, würde dramatisch sinken. Bleibt nur die Frage, ob sich der Finanzierungskampf vor dem nächsten Ausbruch entscheidet.
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