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Antimaterie: Antiwasserstoff gibt Geheimnis preis

Wissenschaftler haben Antiwasserstoff genauer als jemals zuvor untersucht. Damit wollten sie herausfinden, weshalb beim Urknall mehr Materie als Antimaterie entstanden ist.
Das ALPHA-Experiment am CERN

Physiker haben ein weiteres Mal bestätigt, dass Materie und Antimaterie weitgehend identische Eigenschaften haben. Ein Team der ALPHA-Kollaboration am Genfer Kernforschungszentrum CERN hat erstmals die so genannte Hyperfeinstruktur von Antiwasserstoff vermessen. Genau wie gewöhnlicher Wasserstoff senden die Antiatome Strahlung mit einer Wellenlänge von 21 Zentimetern aus, berichten die Forscher.

Das ist eine Folge davon, dass ein Ladungsträger im Atom seinen Spin ändert – je nach Ausrichtung ergeben sich verschiedene Energieniveaus. Springt ein Atom von einem Niveau der Hyperfeinstruktur ins andere, sendet es elektromagnetische Strahlung einer charakteristischen Wellenlänge aus. Der Spin ist eine quantenmechanische Eigenschaft von subatomaren Teilchen, man kann sie sich als eine Art Drehrichtung um die eigene Achse vorstellen.

Bei einem Hyperfeinstruktur-Übergang in einem Wasserstoffatom ändert das Elektron seinen Spin, es kreist dort um ein Proton. Antiwasserstoff besteht hingegen aus einem negativ geladenen Antiproton und einem positiv geladenen Positron (dem Antiteilchen des Elektrons) – gemeinsam bilden sie gewissermaßen das Spiegelbild eines Wasserstoffatoms. Physiker halten es für möglich, dass das Antiatom andere Eigenschaften als der sonst identische Wasserstoff haben könnte. Denkbar ist beispielsweise, dass die Energieniveaus geringfügig verschoben sind oder dass Antiatome anders auf die Schwerkraft reagieren.

Solch ein Unterschied könnte erklären, weshalb beim Urknall mehr Materie als Antimaterie entstanden ist. Die neue Messung ist in dieser Hinsicht allerdings eine Enttäuschung. Sie setzt eine lange Reihe von Untersuchungen fort, die keinen Unterschied zwischen Materie und Antimaterie zu Tage fördern konnten. Antiwasserstoff habe offenbar denselben Hyperfeinstruktur-Übergang wie Wasserstoff, berichten die Physiker in "Nature". Die Fachzeitschrift würdigt die Messung als großen Erfolg, schließlich hat die 21-Zentimeter-Strahlung des Wasserstoffs großen symbolischen Wert: Mit ihrer Hilfe beobachten Astronomen Gaswolken aus Wasserstoff und andere Strukturen im Kosmos.

Auch galt es lange als Ding der Unmöglichkeit, Antiatome überhaupt so genau zu untersuchen. Dies ist den Forschern erst nach jahrzehntelanger Arbeit gelungen. Antimaterie wird vernichtet, wenn sie auf gewöhnliche Materie trifft. Die Forscher müssen Antiprotonen und Positronen zunächst mit großem Aufwand erzeugen, von der Umwelt isolieren und in einer minus 273 Grad kalten Vakuumkammer zusammenführen. Nur ein winziger Bruchteil der am CERN erzeugten Antiteilchen bildet daraufhin Antiwasserstoffatome, die sich gezielt per Spektroskopie untersuchen lassen. Die ALPHA-Kollaboration konnte letztlich bei 194 Atomen die Hyperfeinstruktur vermessen und stellt weitere Tests mit Antimaterie in Aussicht.

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