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Artenvielfalt: 126 Vogelarten gelten als vermisst

Sie verstecken sich im dichten Regenwald oder auf entlegenen Inseln. Mit Hilfe der Daten von Hobby-Ornithologen konnten Forscher ermitteln, welche Vogelarten verschollen sind.
Schwarznacken-Fasantaube
Die Schwarznacken-Fasantaube gilt nicht mehr länger als verschollen: Sie wurde 2023 wiederentdeckt.

Der Sianakamadagaskarsänger, die Schwarznacken-Fasantaube von einer kleinen Insel vor Neuguinea, der Santa-Marta-Degenflügel aus Kolumbien oder der Schwarzbrauen-Mausdrossling von Borneo: Seit 2020 haben Vogelkundler auf der ganzen Welt Arten wiederentdeckt, die seit mehr als zehn und teilweise sogar über 100 Jahre als verschollen galten – niemand hatte sie in der Zwischenzeit beobachtet oder gar dokumentiert. Diese Tiere gehörten also lange zu einer Gruppe von 126 Vogelarten, von denen ein Team um Eliot Miller von der Cornell University in den letzten Jahren und Jahrzehnten keine Spur ausfindig machen konnten: Sie gelten offiziell als »vermisst«.

Für ihre umfassende Analyse griff die Arbeitsgruppe auf 42 Millionen Einträge dreier allgemein zugänglicher Beobachtungsplattformen zurück, auf denen Hobby-Ornithologen wie Profis ihre Bilder, Videos oder Tonaufnahmen hochladen können. Diese Datenbanken durchsuchten die Wissenschaftler nach Hinweisen auf verschiedene Arten, die in globalen taxonomischen Listen ausgewiesen sind. Zudem begaben sie sich auf Spurensuche in Museen, durchforsteten das Internet nach Nachrichten, analysierten wissenschaftliche Veröffentlichungen und sprachen, wenn möglich, mit lokalen Fachleuten, ob sie Hinweise auf die vermissten Vögel bekommen hätten, von denen es mindestens zwischen 2012 und 2021 keine neue Sichtung gab.

Ursprünglich ermittelten sie 144 verschollene Vogelarten bis zum Abschluss der ersten Bestandsaufnahme 2022. Bis zur endgültigen Veröffentlichung der Studie 2024 wurde von 14 Arten ein neuer Nachweis in den Datenbanken eingetragen. Zwei weitere konnten aus der Liste gestrichen werden, weil sie nicht mehr als eigene Art gelten, und von zwei leben immerhin Individuen in Menschenhand, während man sie im Freiland (noch) nicht findet. Manche davon gelten seit mehr als 150 Jahren als vermisst wie die Jamaikanachtschwalbe (Siphonorhis americana) oder der Diademlori (Vini diadema) aus Neukaledonien, während der »jüngste« Eintrag auf der Liste aus Neuguinea stammt: der Grünflöter (Androphobus viridis), der 2011 letztmals offiziell dokumentiert wurde.

In Ozeanien gelten 56 Arten als verschollen, gefolgt von Afrika mit 31 und Asien mit 27. In Europa trifft dies nur auf den Dünnschnabelbrachvogel (Numenius tenuirostris), der jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgestorben ist. Insgesamt gelten 62 Prozent als vom Aussterben bedroht, und einige könnten bereits dem Brachvogel gefolgt sein. Bei vielen anderen haben Wissenschaftler aber noch Hoffnungen: Ihre Lebensräume befinden sich fernab von klassischen Beobachtungsrouten von Ornithologen, sind unzugänglich oder nur unter großem Aufwand zu erreichen. Andere führen ein heimliches, nächtliches Leben oder wurden geografisch unkorrekt zugeordnet, so dass sie an den falschen Stellen gesucht werden. Eine globale Allianz aus verschiedenen Vogelschutzorganisationen hat sich deshalb die Suche nach den »lost birds« zur Aufgabe gemacht. Wer sachdienliche Hinweise geben kann, möge sich bitte melden.

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  • Quellen
Frontiers in Ecology and the Environment 10.1002/fee.2778, 2024

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