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Gehirn-Computer-Schnittstelle: Auf Schleichpfaden ins Hirn

Prothesen der Zukunft sollen direkt über Gedanken gesteuert werden. Doch wie misst man die Hirnaktivität ohne blutige Schädel-OP? Ein neues Verfahren klingt viel versprechend.
Stentrode

Die präzise Messung der Hirnaktivität verlangt in aller Regel nach einer nicht ungefährlichen OP, bei der der Schädel geöffnet und Elektroden platziert werden. Doch nun zeigt ein Forscherteam, dass es auch anders gehen könnte. Sie manövrieren dabei einen Sensor durch eine am Hals zugängliche Ader ins Gehirn und platzieren ihn in einer Vene, die quer über der Großhirnrinde verläuft.

Die Wissenschaftler um Thomas Oxley von der University of Melbourne greifen auf so genannte Stents zurück – Geflechte aus hauchdünnem Draht, die beispielsweise von der Drosselvene ausgehend entlang der Blutbahn an ihren Bestimmungsort geschoben werden. Dazu ist nur ein minimalinvasiver Eingriff erforderlich, der zudem an Kliniken routinemäßig durchgeführt wird. Normalerweise dienen Stents dazu, Blutgefäße offen zu halten.

Oxley und Kollegen ergänzten ihren Stent hingegen um zahlreiche winzige Elektroden und implantierten die "Stentrode" dann in Schafen. Sie wählten eine Vene, die oberhalb des für die Bewegungssteuerung zuständigen Großhirnareals verläuft, und testeten ihren etwa 30 Millimeter langen und knapp fünf Millimeter dicken Sensor über einen Zeitraum von bis zu 190 Tagen. Die Auswertung zeigte, dass die Qualität der Signale vergleichbar hoch ist wie bei der so genannten Elektrokortikografie (ECoQ) – dabei werden Elektrodengatter auf die Gehirnhaut aufgelegt. Dieses Verfahren liefert derzeit mit die besten Daten aus dem Gehirn.

Noch befindet sich die Stentrode in einer ganz frühen Testphase. So sendet sie ihre Messwerte über ein langes Kabel, das an der Einschubstelle am Hals den Körper verlässt. Wünschenswert wäre jedoch eine kabellose Übertragung. Im kommenden Jahr soll der neue Sensor erstmals an menschlichen Probanden getestet werden. Die Forscher hoffen mit ihrer Stentrode den Einsatz von Gehirn-Computer-Schnittstellen alltagstauglicher machen zu können. Diese Geräte, die beispielsweise Menschen mit Behinderung eine direkte Steuerung ihrer Prothesen erlauben könnten, scheitern bislang vor allem an den erheblichen chirurgischen Eingriffen, die mit der notwendigen Platzierung von Sensoren verbunden sind.

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