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News: Bakterien am Spieß

Eine überraschend simple Chemikalie rückt jetzt in neuer Gestalt in's Rampenlicht: Nanopartikel aus Magnesiumoxid töten Bakterien ab und spießen sie dabei regelrecht auf. Selbst harte Nüsse wie die Sporenkapsel von Bacillus anthracis knacken sie problemlos.
Wenn Teilchen eine Größe im Nanometerbereich haben, können merkwürdige Dinge passieren. Gold zum Beispiel ändert seine Farbe und wird lila – der Schmelzpunkt verändert sich in Abhängigkeit der jeweiligen Teilchengröße. Weil ein solches Verhalten scheinbar die gängigen Gesetze der Physik aushebelt, erfreut sich der Nanobereich bei Forschern seit einigen Jahren größter Beliebtheit. Kenneth Klabunde von der Kansas State University ist Experte auf diesem Gebiet und hat die desinfizierende Wirkung von Magnesiumoxid-Nanopartikeln erforscht.

Seine Arbeitsgruppe beobachtete, dass sich Bakterien und Nanopartikel aus Magnesiumoxid aufgrund gegensätzlicher Oberflächenladungen anziehen. Denn das Magnesium trägt eine positive Teilladung, wohingegen die Zellwand von Bakterien in der Regel schwach negativ polarisiert ist. Den Bakterien wird dieser Umstand allerdings schnell zum Verhängniss, weil die Nanopartikel nicht etwa symmetrisch rund sind, sondern messerscharfe Kanten haben, an denen ihre Zellwand mechanisch zerstört wird. Auf diese Weise entstehen bedrohliche Löcher – die Bakterien "laufen aus" und sterben.

Darüberhinaus ist Magnesiumoxid basisch, so dass es – wie ein Stück Seife – die Oberfläche der Bakterien aufweicht und dadurch den Messern die Arbeit zusätzlich erleichtert. Doch damit nicht genug: Magnesiumoxid wirkt auch als Oxidationsmittel und greift die Zellwand chemisch an. Da haben selbst so hartnäckige Gesellen wie Bacillus anthracis keine Chance mehr – schon nach fünf Minuten enden die normalerweise höchst widerstandsfähigen Milzbrandsporen als kleine, schwarze Kleckse unter dem Mikroskop.

Die Größe der Partikel beträgt üblicherweise zwischen 10 und 1000 Nanometern. Schon eine kleine Menge Pulver besitzt deshalb eine verhältnismäßig große Oberfläche – eine Eigenschaft die es dazu befähigt, Substanzen zu adsorbieren, diese also an seiner Oberfläche anzulagern. Das gilt natürlich auch für giftige Stoffe, egal ob flüssig oder gasförmig. Das Pulver kann also nicht nur Bakterien abtöten, sondern auch durch Chemikalien verschmutzte oder verseuchte Räume reinigen. Klabundes Nanopartikel in Luftfiltern von Klimaanlagen eingesetzt, filterten nicht nur Milzbrandsporen heraus, sondern verringerten auch regelmäßig wiederkehrende Ausbrüche der Legionärskrankheit, die typischerweise durch Klimaanalagen übertragen werden.

Nach Ansicht des Forschers haben Nanopartikel aus Magnesiumoxid noch einen weiteren entscheidenden Vorteil gegenüber herkömmlichen Desinfektionsmitteln: Sie sind ein Feststoff. Flüssige alkoholische Lösungen können dagegen durch Spritzer elektronische Geräte zerstören, während biozide Gase, wie Formaldehyd oder Ozon, auch für den Menschen giftig und oftmals chemisch so reaktiv sind, dass sie weitere Materialschäden anrichten können.

Kenneth Klabunde plant bereits den Bau einer Fabrik, um sein Pulver unter dem Namen Fastact in großen Mengen an den Mann zu bringen. Von der Wirksamkeit gegen chemische Gifte oder biologische Waffen ist er überzeugt: "Es ist die schnellste und wahrscheinlich sicherste Methode". Neben Militär und Katastrophenschutz schwebt ihm allerdings auch noch eine andere, wesentlich weniger dramatische Einsatzmöglichkeit vor: Luftfilter mit Fastact könnten Hotelgäste problemlos von lästigem Zigarettenrauch befreien.

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