Direkt zum Inhalt

News: Bakterientod ohne Antibiotika

Als 1946 das Antibiotikum Penicillin die Welt der Bakterien zusammenbrechen ließ, dachte niemand an den Erfindungsreichtum der Mikroben. Doch eifrig entwickelten sie Widerstandskräfte gegen alle bis heute entwickelten Antibiotika und lassen sich nun immer schwieriger in ihre Grenzen verweisen. Doch Hoffnung naht, denn eine völlig andere Form der Bakterienbekämpfung bieten ihre natürliche Feinde - die Bakteriophagen. Sie befallen Bakterien, vermehren sich dort und verlassen sie anschließend wieder. Um die dicke Bakterienwand überwinden zu können, lösen sie die Wand kurzerhand mit speziellen Enzymen auf. Der Tod der Wirtszellen ist vorprogrammiert. Und was Bakteriophagen dient, kann auch dem Menschen nützlich sein.
Bakterien sind nicht gerne allein, und so siedeln sie sich oft in fremden Wirten an und bilden Lebensgemeinschaften, die mal für beide Seiten Vorteile bringt, manchmal aber auch die Bakterien stark bevorzugt. Doch auch die Bakterien sind nicht frei von Eindringlingen. So befallen etwa bestimmte Viren, die so genannten Bakteriophagen, die Einzeller und wollen sich in ihnen lebhaft vermehren. Was sie meist auch tun. Doch um das Bakterium nach vollbrachter Tat wieder zu verlassen, benötigen die Phagen schon ganz ausgeknobelte Waffen. Mit Hilfe eines bestimmten Enzyms lösen sie die dicke Bakterienwand auf, die ansonsten undurchdringlich wäre. Sie bohren viele kleine Löcher in die Wand, und den Bakterien bleibt nichts übrig als die Selbstauflösung.

Und diesen Trick hat sich nun ein Forschungsteam um den Mikrobiologen Vincent Fischetti von der Rockefeller University zu Nutze gemacht. Sie isolierten das Enzym aus einer bestimmten Gruppe der Phagen, die nur Streptokokken A befallen. Denn auch Phagen sind wählerisch und entern nur bestimmten Bakterien. Um die Wirksamkeit ihrer Methode zu überprüfen, sammelten die Forscher viele Bakterien und versetzten sie mit dem Phagenenzym. "Wir können 10 Millionen Organismen in einem Reagenzglas haben, geben eine ganz kleine Menge des Enzyms hinzu, und fünf Sekunden später sind sie alle tot. Nur starke chemische Agenzien können Bakterien so schnell töten", beurteilt Fischetti das Ergebnis. Doch das Phagenenzym ist nicht nur unglaublich stark, sondern auch hochspezifisch. So tötet das Enzym nur die Bakterien, für die es im natürlichen Kreislauf von den Phagen auch bestimmt war. Andere bleiben unbehelligt, so etwa harmlose Bewohner, die im Menschen keine Krankheiten verursachen. Dies ist ein weiterer Vorteil der neuen Behandlungmethode gegenüber Antibiotika. Denn diese Medikamente töten alle Bakterien, die sie vorfinden und nicht schnell genug waren, um sich mit Resistenzgenen auszustatten.

Die Therapie soll hauptsächlich bei Infektionen eingesetzt werden, die sich in großen Menschengruppen schnell ausbreiten. So zeigt sich etwa die amerikanische Armee interessiert, da Antibiotika die Krankheiten nicht mehr zuverlässlich eindämmen. Aber auch Kindergärten könnten von der einfachen Anwendung profitieren. Denn das Enzym könnte als Spray verabreicht werden und direkt die schädlichen Bakterien auf den Schleimhäuten eliminieren. Ein oder zwei Anwendung pro Tag würden genügen. Und billig wäre es außerdem. Die Produktionskosten, so Fischetti, beträgen pro Dosis nur 10 Cents. So könnte auch den Ländern der dritten Welt ein günstiges Medikament als Prophylaxe zur Verfügung stehen, um die durch Streptokokken-A-Bakterien verursachten Herzerkrankungen bei Kindern zu verringern.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.