News: Bande zur Affenbande
Der Blick auf unser eigenes entschlüsseltes Genom allein erklärt noch nicht recht, was genau uns eigentlich menschlich macht. Vielleicht hilft ein vergleichender Blick auf unseren nächsten Verwandten?
Nur wenige Dinge braucht eine wissenschaftliche Nachricht, um als allgemein beachtenswert zu gelten: Eine menschenbezogene Thematik, gerne einen netten Tiervergleich – und hier lieber fotogene, pelzige Säugetiere als borstige Fliegen – und am Ende möglichst eine Zahl, die im Idealfall die Ergebnisse prägnant zusammenfasst und die Phantasie anregt. Ein Story-Musterbeispiel: Das Genom von Schimpansen und Menschen ist zu rund 99 Prozent identisch.
Eigentlich schade, dass diese Geschichte schon lange erzählt ist. Vor Jahren verglichen Forscher bereits die Schmelzpunkteigenschaften der DNA von Mensch und Affe – ein Maß für die Basenzusammensetzung des Erbguts – und ermittelten so die erstaunliche, prozentuale genetische Ähnlichkeit. Dieses schöne Resultat bewies am Ende vor allem, angesichts der real existierenden und für alle einsichtigen Unterschiede von Mensch und Tier, wie wenig eine einzelne Zahl eigentlich aussagen kann. Jedenfalls aber war das Ergebnis auch phantasieanregend, nicht zuletzt für die Forschergemeinde: Wenn die Genome beider Arten tatsächlich dermaßen ähnlich sind, sollten die wenigen Unterschiede doch deutliche Hinweise darauf liefern können, welche Gene uns tatsächlich menschlich machen – und warum.
Im Frühjahr 2001 begann daher ein internationales Forscherteam um Eric Lander vom Broad Institute und Richard Wilson von der Washington University das Genom des Schimpansen Pan troglodytes zu sequenzieren und einzelne Gene zu identifizieren, um diese mit denen des Menschen detailliert abgleichen zu können. Jetzt, nachdem rund neun Zehntel der drei Milliarden Affen-DNA-Basenpaare sequenziert sind, präsentiert das Team die Früchte der Arbeit: die erste relativ verlässliche Blaupause des Schimpansen-Genoms.
Wissenschaftler um Michele Cargill von Celera Diagnostics nutzten die öffentlich zugänglichen Daten zu einem Vergleich mit der menschlichen Genaustattung. Und dabei fallen tatsächlich zunächst große Ähnlichkeiten ins Auge – und Unterschiede. So fanden sie beim Abgleich beispielsweise rund 7600 Gene, die ähnlich in den veröffentlichten Genom-Blaupausen von Mensch und Schimpanse gleichermaßen auftauchten. Seitdem beide Arten sich aber – vor fünf Millionen Jahren – von einem gemeinsamen Vorfahren ausgehend auseinander entwickelten, veränderten sich in beiden Spezies etwa 1500 dieser einstmals identischen Gene deutlich. Rein natürliche Mutationsprozesse hätten in diesen Genomabschnitten derartige Änderungsraten nicht mit sich bringen können, erklärt Cargill – diese Gene mussten im Laufe der jeweiligen Artentwicklung spezifische Funktionen von größerer Bedeutung übernommen haben.
Unter den gerade beim Menschen rapide evolvierten Genen entpuppten sich manche als alte Bekannte, so etwa das Gen für den so genannten forkhead-box-P2-Transkriptionsfaktor: Er fungiert als notwendiger Regulator bei der bei der natürlichen Sprachentwicklung. Unerwartete Unterschiede zwischen Affen und Menschen fanden sich dagegen unter solchen Genen, die den Aminosäurestoffwechsel steuern, einen eher grundlegenden Zellmechanismus, der in den meisten Organismen recht konservativ festgelegt ist und selten schnell abgeändert wird. Vielleicht, so mutmaßen die Wissenschaftler, verlangte die zunehmend fleischhaltige Nahrung während der Evolution des Menschen hier eine neue Feinabstimmung – etwa die Produktion wirksamer Verdauungsenzyme?
Große Differenzen zwischen Homo sapiens und seinem tierischen Vetter offenbaren auch Erbgutabschnitte, welche für Proteine zur Geruchswahrnehmung codieren: Die knapp fünfzig zuständigen ursprünglichen Gene des gemeinsamen Vorfahren änderten sich in Affen kaum, während Menschen mehr als die Hälfte ziemlich radikal umbauten. Dies könnte gut damit zusammenhängen, dass Menschen im Laufe der Evolution immer weniger von geruchlicher Orientierung abhängig waren – verantwortliche Gene konnten mutieren, ohne dass dies notwendigerweise negative Folgen für die Nachkommen zeitigte.
Genetisch macht uns also vor allem der fehlende Geruchsinn und ein umgebauter Verdauungsapperat menschlich? Auf Ebene der Gene und nach erstem, noch fast flüchtigem Durchmustern der umfangreichen Genomdaten scheint dies tatsächlich so zu sein. Nur – wie schon das 99-Prozent-Resultat vor Jahren unterstrich – Bedeutung haben nicht nur die Gene, sondern auch die oft sehr unterschiedliche Regulation der Gene. Oder kurz gesagt: Die Ähnlichkeit von Mensch und Affe ist eben doch nicht so groß wie die Summe ihrer gemeinsamen Gen-Anteile.
Eigentlich schade, dass diese Geschichte schon lange erzählt ist. Vor Jahren verglichen Forscher bereits die Schmelzpunkteigenschaften der DNA von Mensch und Affe – ein Maß für die Basenzusammensetzung des Erbguts – und ermittelten so die erstaunliche, prozentuale genetische Ähnlichkeit. Dieses schöne Resultat bewies am Ende vor allem, angesichts der real existierenden und für alle einsichtigen Unterschiede von Mensch und Tier, wie wenig eine einzelne Zahl eigentlich aussagen kann. Jedenfalls aber war das Ergebnis auch phantasieanregend, nicht zuletzt für die Forschergemeinde: Wenn die Genome beider Arten tatsächlich dermaßen ähnlich sind, sollten die wenigen Unterschiede doch deutliche Hinweise darauf liefern können, welche Gene uns tatsächlich menschlich machen – und warum.
Im Frühjahr 2001 begann daher ein internationales Forscherteam um Eric Lander vom Broad Institute und Richard Wilson von der Washington University das Genom des Schimpansen Pan troglodytes zu sequenzieren und einzelne Gene zu identifizieren, um diese mit denen des Menschen detailliert abgleichen zu können. Jetzt, nachdem rund neun Zehntel der drei Milliarden Affen-DNA-Basenpaare sequenziert sind, präsentiert das Team die Früchte der Arbeit: die erste relativ verlässliche Blaupause des Schimpansen-Genoms.
Wissenschaftler um Michele Cargill von Celera Diagnostics nutzten die öffentlich zugänglichen Daten zu einem Vergleich mit der menschlichen Genaustattung. Und dabei fallen tatsächlich zunächst große Ähnlichkeiten ins Auge – und Unterschiede. So fanden sie beim Abgleich beispielsweise rund 7600 Gene, die ähnlich in den veröffentlichten Genom-Blaupausen von Mensch und Schimpanse gleichermaßen auftauchten. Seitdem beide Arten sich aber – vor fünf Millionen Jahren – von einem gemeinsamen Vorfahren ausgehend auseinander entwickelten, veränderten sich in beiden Spezies etwa 1500 dieser einstmals identischen Gene deutlich. Rein natürliche Mutationsprozesse hätten in diesen Genomabschnitten derartige Änderungsraten nicht mit sich bringen können, erklärt Cargill – diese Gene mussten im Laufe der jeweiligen Artentwicklung spezifische Funktionen von größerer Bedeutung übernommen haben.
Unter den gerade beim Menschen rapide evolvierten Genen entpuppten sich manche als alte Bekannte, so etwa das Gen für den so genannten forkhead-box-P2-Transkriptionsfaktor: Er fungiert als notwendiger Regulator bei der bei der natürlichen Sprachentwicklung. Unerwartete Unterschiede zwischen Affen und Menschen fanden sich dagegen unter solchen Genen, die den Aminosäurestoffwechsel steuern, einen eher grundlegenden Zellmechanismus, der in den meisten Organismen recht konservativ festgelegt ist und selten schnell abgeändert wird. Vielleicht, so mutmaßen die Wissenschaftler, verlangte die zunehmend fleischhaltige Nahrung während der Evolution des Menschen hier eine neue Feinabstimmung – etwa die Produktion wirksamer Verdauungsenzyme?
Große Differenzen zwischen Homo sapiens und seinem tierischen Vetter offenbaren auch Erbgutabschnitte, welche für Proteine zur Geruchswahrnehmung codieren: Die knapp fünfzig zuständigen ursprünglichen Gene des gemeinsamen Vorfahren änderten sich in Affen kaum, während Menschen mehr als die Hälfte ziemlich radikal umbauten. Dies könnte gut damit zusammenhängen, dass Menschen im Laufe der Evolution immer weniger von geruchlicher Orientierung abhängig waren – verantwortliche Gene konnten mutieren, ohne dass dies notwendigerweise negative Folgen für die Nachkommen zeitigte.
Genetisch macht uns also vor allem der fehlende Geruchsinn und ein umgebauter Verdauungsapperat menschlich? Auf Ebene der Gene und nach erstem, noch fast flüchtigem Durchmustern der umfangreichen Genomdaten scheint dies tatsächlich so zu sein. Nur – wie schon das 99-Prozent-Resultat vor Jahren unterstrich – Bedeutung haben nicht nur die Gene, sondern auch die oft sehr unterschiedliche Regulation der Gene. Oder kurz gesagt: Die Ähnlichkeit von Mensch und Affe ist eben doch nicht so groß wie die Summe ihrer gemeinsamen Gen-Anteile.
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