Materialwissenschaft: Biokompatible Elektronik löst sich selbstständig auf
Während gewöhnliche elektronische Schaltungen zwar nicht ewig funktionieren, verbleiben ihre einzelnen Bauelemente anschließend dennoch fast so lange in der Umwelt. Suk-Won Hwang von der University of Illinois in Urbana-Champaign und seine Kollegen haben nun eine biologisch abbaubare Alternative entwickelt, die sich nach einer vorher definierten Zeit selbstständig auflöst. Mögliche Einsatzgebiete seien neben medizinischen Implantaten auch Bauelemente von schnelllebigen elektronischen Geräten wie etwa Mobiltelefonen oder Laptops.
Als Trägermaterial für die Schaltungen diente ihnen eine dünne Schicht aus Seide. Für Elektroden und Leiter der kompostierbaren Elektronik verwendeten die Wissenschaftler winzige Mengen an Magnesium – die unterhalb der empfohlenen Tagesdosis für Menschen lägen. Aber auch elektrische Bauelemente wie Widerstände und Spulen fertigte das Team aus diesem Element. Halbleiterkomponenten wie Dioden oder Transistoren der neuartigen Schaltung bestehen aus herkömmlichen, aber ultradünnen Siliziumschichten. Wenige Wassertropfen würden ausreichen, um diese Membranen aufzulösen, berichten die Wissenschaftler um Hwang.
Die fertige Schaltung umhüllte die Gruppe dann mit Magnesiumoxid sowie Seide. Neben der Dicke der Bauelemente entscheidet auch die Struktur der Seide darüber, wie schnell sich die Elektronik abbaut – innerhalb von Minuten, Tagen, Wochen oder möglicherweise auch Jahren. Um die gewünschte Verfallszeit genau festlegen zu können, entwickelten Hwang und sein Team ein Computermodell, das die dafür nötige Materialstärke genau vorhersagt.
Zu Testzwecken stellten die Wissenschaftler unter anderem ein biomedizinisches Implantat her, das sie in Mäuse einpflanzten. Nach drei Wochen ließen sich nur noch geringe Reste des Implantats feststellen, schreiben die Forscher. Die Stoffe hatten sich also wie erwartet aufgelöst und wurden vom Organismus aufgenommen. Auch für Menschen wären solche Implantate interessant, etwa um Vitalfunktionen zu überwachen oder Medikamente kontrolliert in den Körper abzugeben.
"Es ist ein neues Konzept, und es gibt somit viele Möglichkeiten, von denen wir viele wahrscheinlich noch gar nicht erkannt haben", erzählt Koautor John Rogers von der University of Illinois. So könnte der neue Ansatz auch helfen, Elektronikschrott zu reduzieren: Das Team stellte bereits kompostierbare Solarzellen und sogar eine 64-Pixel-Digitalkamera her. Aber auch drahtlose Sensoren zur Umweltüberwachung – etwa um strukturelle Verformungen oder Temperaturänderungen zu erfassen – wären denkbar, die nach getaner Arbeit einfach verschwinden.
In Zukunft wollen Hwang und seine Kollegen ihre biologische abbaubare Elektronik weiterentwickeln und neue Materialien für die elektrischen Bauelemente austesten. Zudem ließe sich der Abbauprozess theoretisch auch durch Wärme, Druck, pH-Wert und andere Umweltfaktoren auslösen.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben