Infrastruktur: Brückenschlag
Es ist ein Projekt der Superlative, gleichzusetzen mit dem Tunnel unter dem Ärmelkanal und Anwärter auf einen neuen Europarekord: die Brücke über den Fehmarnbelt. Doch das Vorhaben ist wirtschaftlich und ökologisch umstritten.
Nun ist es also beschlossene Sache: Zumindest prinzipiell haben sich die Regierungen Deutschlands und Dänemarks sowie des Landes Schleswig-Holstein auf den Bau einer festen Verbindung zwischen den Inseln Fehmarn und Lolland geeinigt. Geschätzte 5,5 Milliarden Euro dürfte die Infrastrukturmaßnahme beide Seiten mindestens kosten, wobei ein Großteil aus privaten Investorengeldern kommen soll, plus Zuschüsse aus dem deutschen Bundesland und dem nördlichen Nachbarstaat – jeweils refinanziert durch Mautgelder der Nutzer.
Rekordverdächtiges Bauwerk
Einmal fertiggestellt, wäre es für europäische Verhältnisse ein monumentales Bauwerk. Die Brücke selbst hätte eine Länge von mindestens zwanzig Kilometern und überträfe damit den bisherigen Rekordhalter Ponte Vasco da Gama in Lissabon um mehr als drei Kilometer. Die Pylone, an denen Teile der Querung mit Schrägkabeln eingehängt würden, ragten laut Planung bis in Höhen von mehr als 280 Metern über dem mittleren Ostsee-Wasserstand auf und reichten weitere 45 Meter in die Tiefe, und jeder dieser Pfeiler dürfte rund 20 000 Tonnen wiegen. Insgesamt müssten 4,6 Millionen Kubikmeter Baggergut bewegt und 4,4 Millionen Kubikmeter Sand an die Baustelle geschafft werden.
Heftiges Für und Wider
Zukünftig soll die Brücke die erwartete Verkehrszunahme – der westliche Ostseeraum ist eine der großen Wachstumsregionen der Europäischen Union – auffangen. Nach einer Studie des Bundesministeriums für Verkehr könnten Personen- und Güterverkehr bis 2015 um mehr als die Hälfte zulegen und damit die Fährverbindungen überlasten. Rund 5000 Menschen sollen während der etwa sechsjährigen Bauzeit Arbeit am Projekt finden, zudem hoffen regionale Politiker und Wirtschaftsverbände auf Unternehmensansiedlungen entlang der festländischen Zubringerstrecken. Und schließlich würde sich die Fahrtzeit zwischen Hamburg und Kopenhagen um eine Stunde auf nur noch drei Stunden und fünfzehn Minuten verkürzen.
Dennoch sind sich die Interessensvertreter auf deutscher Seite uneins: Uneingeschränkt dafür sind beispielsweise die Industrie- und Handelskammern (IHK) von Ostholstein, Lübeck und Schwerin sowie Wirtschaftsvertreter Hamburgs. Dagegen stehen die IHK Rostock und viele lokale Unternehmer auf Fehmarn der festen Beltquerung zweifelnd oder ablehnend gegenüber. Sie befürchten unter anderem Arbeitsplatzverluste im Schiffsverkehr und vor allem im Tourismus. Das erwartete Verkehrsaufkommen müsste mit entsprechend ausgelegten Zubringern kanalisiert werden, was einen vierspurigen Ausbau der Hinterlandanbindungen nötig macht. Bereits heute teilt die Bundesstraße 207 die Insel Fehmarn und beeinträchtigt deren Erholungswert: Der Stadt Burg drohte aufgrund verkehrsbedingter Luftverschmutzung sogar zeitweilig die Aberkennung als Luftkurort – allerdings minderte die geplante Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke von Lübeck nach Puttgarden sowie ein reduzierter oder eingestellter Fährverkehr die Schadstofffrachten. Großräumig betrachtet könnten die Emissionen sogar stark reduziert werden, da die Fehmarnbelt-Querung die Wegstrecke von Hamburg nach Kopenhagen um 175 Kilometer verkürzen würde.
Gefahr für die Umwelt?
Erheblich sind weiterhin die ökologischen Bedenken, die gegen die Bauinitiative vorgebracht werden. So gilt der Fehmarnbelt als Teil einer der wichtigsten Vogelzugrouten Europas, auf der jährlich mehrere Millionen Enten, Gänse oder Watvögel von oder nach Skandinavien fliegen. Naturschützer befürchten zahlreiche Kollisionen an der Brücke – vor allem bei schlechtem Wetter – sowie durch die Arbeiten und die neugeschaffene Infrastruktur beeinträchtigte Rastplätze. Der NABU weist beispielsweise auf die Brücke über den Fehmarnsund hin, die das Festland mit der Insel verbindet: Früher eine Zugstraße für Wasservögel, sei ihre Bedeutung für das Wanderungsgeschehen seit dem Bau minimal. Zudem führten Teile der ausgebauten Hinterlandanbindung zumindest nach bisherigen Planungsgrundlagen durch einige wichtige Natur- und Vogelschutzgebiete mit allen negativen Konsequenzen.
Nicht von der Hand zu weisen sind auch Gefahren durch den Schiffsverkehr, da vor allem viele Tanker aus Russland diese Route in die westliche Ostsee nutzen: Ein Zusammenstoß mit einem Brückenpfeiler könnte verheerende Folgen für die umliegenden Ökosysteme haben. Als Argument entkräftet wurden hingegen Befürchtungen, durch die Pylonen könnten die Strömungsverhältnisse in der Meerenge verändert und die Zufuhr von Frischwasser in zentrale Bereiche der Ostsee beeinträchtigt werden – Gutachten schätzen die Erhöhung des Strömungswiderstandes nur minimal ein.
Ob und wie die Fehmarnbelt-Querung realisiert wird – neben der wahrscheinlicheren Brücke wird auch eine Tunnellösung erwogen –, steht bis jetzt aber ohnehin noch in den Sternen: Es fehlen die Geldgeber, und Minister Tiefensee räumt dem Projekt keine hervorragende Priorität ein. Zu einem Zeitplan äußerten sich die Politiker bei ihrer Übereinkunft vorsichtshalber nicht.
Rekordverdächtiges Bauwerk
Einmal fertiggestellt, wäre es für europäische Verhältnisse ein monumentales Bauwerk. Die Brücke selbst hätte eine Länge von mindestens zwanzig Kilometern und überträfe damit den bisherigen Rekordhalter Ponte Vasco da Gama in Lissabon um mehr als drei Kilometer. Die Pylone, an denen Teile der Querung mit Schrägkabeln eingehängt würden, ragten laut Planung bis in Höhen von mehr als 280 Metern über dem mittleren Ostsee-Wasserstand auf und reichten weitere 45 Meter in die Tiefe, und jeder dieser Pfeiler dürfte rund 20 000 Tonnen wiegen. Insgesamt müssten 4,6 Millionen Kubikmeter Baggergut bewegt und 4,4 Millionen Kubikmeter Sand an die Baustelle geschafft werden.
Wie aber bei Vorhaben dieser Größe nicht anders zu erwarten, entspinnen sich heftige Diskussionen über das Für und Wider. Der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Dietrich Austermann hält die Brücke für unverzichtbar, erleichtere sie doch den Waren- und Personenverkehr zwischen Deutschland und Skandinavien. Ähnlich argumentieren seine Kollegen und die Wirtschaft in Kopenhagen und Malmö. Bislang müssen Autos und Lastwagen auf dem Weg nach Kopenhagen und weiter nach Schweden den Umweg über die Brücken am Großen Belt und Öresund machen. Oder sie nutzen die Fährverbindungen zwischen Puttgarden und Rødby auf Lolland – die berühmte Vogelfluglinie. Die Fähren beförderten im Jahr 2003 im Halbstundentakt insgesamt mehr als sechs Millionen Passagiere, 1,6 Millionen Autos und mehrere hunderttausend Züge und LKW.
Heftiges Für und Wider
Zukünftig soll die Brücke die erwartete Verkehrszunahme – der westliche Ostseeraum ist eine der großen Wachstumsregionen der Europäischen Union – auffangen. Nach einer Studie des Bundesministeriums für Verkehr könnten Personen- und Güterverkehr bis 2015 um mehr als die Hälfte zulegen und damit die Fährverbindungen überlasten. Rund 5000 Menschen sollen während der etwa sechsjährigen Bauzeit Arbeit am Projekt finden, zudem hoffen regionale Politiker und Wirtschaftsverbände auf Unternehmensansiedlungen entlang der festländischen Zubringerstrecken. Und schließlich würde sich die Fahrtzeit zwischen Hamburg und Kopenhagen um eine Stunde auf nur noch drei Stunden und fünfzehn Minuten verkürzen.
Dennoch sind sich die Interessensvertreter auf deutscher Seite uneins: Uneingeschränkt dafür sind beispielsweise die Industrie- und Handelskammern (IHK) von Ostholstein, Lübeck und Schwerin sowie Wirtschaftsvertreter Hamburgs. Dagegen stehen die IHK Rostock und viele lokale Unternehmer auf Fehmarn der festen Beltquerung zweifelnd oder ablehnend gegenüber. Sie befürchten unter anderem Arbeitsplatzverluste im Schiffsverkehr und vor allem im Tourismus. Das erwartete Verkehrsaufkommen müsste mit entsprechend ausgelegten Zubringern kanalisiert werden, was einen vierspurigen Ausbau der Hinterlandanbindungen nötig macht. Bereits heute teilt die Bundesstraße 207 die Insel Fehmarn und beeinträchtigt deren Erholungswert: Der Stadt Burg drohte aufgrund verkehrsbedingter Luftverschmutzung sogar zeitweilig die Aberkennung als Luftkurort – allerdings minderte die geplante Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke von Lübeck nach Puttgarden sowie ein reduzierter oder eingestellter Fährverkehr die Schadstofffrachten. Großräumig betrachtet könnten die Emissionen sogar stark reduziert werden, da die Fehmarnbelt-Querung die Wegstrecke von Hamburg nach Kopenhagen um 175 Kilometer verkürzen würde.
Gefahr für die Umwelt?
Erheblich sind weiterhin die ökologischen Bedenken, die gegen die Bauinitiative vorgebracht werden. So gilt der Fehmarnbelt als Teil einer der wichtigsten Vogelzugrouten Europas, auf der jährlich mehrere Millionen Enten, Gänse oder Watvögel von oder nach Skandinavien fliegen. Naturschützer befürchten zahlreiche Kollisionen an der Brücke – vor allem bei schlechtem Wetter – sowie durch die Arbeiten und die neugeschaffene Infrastruktur beeinträchtigte Rastplätze. Der NABU weist beispielsweise auf die Brücke über den Fehmarnsund hin, die das Festland mit der Insel verbindet: Früher eine Zugstraße für Wasservögel, sei ihre Bedeutung für das Wanderungsgeschehen seit dem Bau minimal. Zudem führten Teile der ausgebauten Hinterlandanbindung zumindest nach bisherigen Planungsgrundlagen durch einige wichtige Natur- und Vogelschutzgebiete mit allen negativen Konsequenzen.
Nicht von der Hand zu weisen sind auch Gefahren durch den Schiffsverkehr, da vor allem viele Tanker aus Russland diese Route in die westliche Ostsee nutzen: Ein Zusammenstoß mit einem Brückenpfeiler könnte verheerende Folgen für die umliegenden Ökosysteme haben. Als Argument entkräftet wurden hingegen Befürchtungen, durch die Pylonen könnten die Strömungsverhältnisse in der Meerenge verändert und die Zufuhr von Frischwasser in zentrale Bereiche der Ostsee beeinträchtigt werden – Gutachten schätzen die Erhöhung des Strömungswiderstandes nur minimal ein.
Ob und wie die Fehmarnbelt-Querung realisiert wird – neben der wahrscheinlicheren Brücke wird auch eine Tunnellösung erwogen –, steht bis jetzt aber ohnehin noch in den Sternen: Es fehlen die Geldgeber, und Minister Tiefensee räumt dem Projekt keine hervorragende Priorität ein. Zu einem Zeitplan äußerten sich die Politiker bei ihrer Übereinkunft vorsichtshalber nicht.
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