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Biophysik: Charakteristische Furchen

Nicht einmal bei eineiigen Zwillingen stimmen sie überein: Einzigartige Muster formen die Hautrillen, die unsere Fingerspitzen, Handflächen und Zehen überziehen. Aber wie entsteht die Vielfalt an Linien und Schnörkeln?
Was noch heute kriminalistischer Alltag ist, kennen die Chinesen schon lange: Bereits seit zweitausend Jahren nutzten sie Fingerabdrücke, um zum Beispiel Diebe oder Mörder zu überführen. Zur Hilfe kommt modernen und historischen Verbrecherjägern dabei, dass die Hautmuster der Handinnenflächen bei jedem Menschen anders sind – und das von Geburt an. Bereits im vierten Monat einer Schwangerschaft haben die so genannten Papillarleisten auf den Fingern und Handflächen eines Embryos die komplexen Formen angenommen, die ihn ein Leben lang begleiten werden.

Die Vielzahl an Formen, die von den Hautrillen angenommen werden können, ist in zahllosen wissenschaftlichen Veröffentlichungen katalogisiert. Zuweilen recht mystisch muten jedoch Erklärungsversuche dafür an, warum nun der eine Mensch Wirbel oder Inseln auf seinen Fingerspitzen erkennt, wo der andere dort Bögen oder Gabelungen hat: So sollen sich zum Beispiel Beruf oder sexuelle Orientierung ausdrücken oder sich Hinweise auf hohen Blutdruck finden lassen.

Michael Kücken und Alan Newell von der Universität von Arizona glaubten nicht an derlei phantasiereiche Wahrsagerei und suchten nach einer physikalischen Ursache für die Musterbildung. Ihr Hauptaugenmerk galt dabei der Basalzellschicht, der untersten von mehreren Hautschichten, die unsere sichtbare Oberhaut bilden. Im Embryo erlebt diese etwa ab der elfen Schwangerschaftswoche einen Wachstumsschub, bei dem die umliegenden Hautschichten nicht mithalten können.

Was dann passiert, versuchten die beiden Forscher mit einem Computermodell nachzuvollziehen: Sie berechneten die Kräfte, die auf die Basalzellschicht wirken, wenn diese wächst und somit immer mehr Fläche einzunehmen versucht. Und siehe da: Sobald die Hautschicht in ihrem Modell eine gewisse Größe erreicht hatte, begann sie sich zu kräuseln – der Fingerabdruck begann sich auszubilden.

Ursache dafür sind insbesondere zwei Hindernisse, die der Ausbreitung der wachsenden Schicht entgegenstehen: die Randbereiche am Fingernagel und die tiefen Hautfalten zwischen den Fingergliedern und auf der Handfläche. Wie bei einem Handtuch, dass von seinen Rändern aus zusammengeschoben wird, werfen sich entlang dieser Hindernisse erste Wellen auf – später führen sie zu den bei allen Menschen zum Nagelbett und den tiefen Hautfalten stets nahezu parallel verlaufenden Papillarleisten.

Und was bewirkt nun die noch interessanter geschwungenen Formen auf der Fingerkuppe? Auch diese Muster konnten die Wissenschaftler mit ihrem Modell nachvollziehen: Gerade bei einer runden Fingerbeere können die in ihrem Zentrum auf die Basalzellschicht wirkenden Kräfte noch einmal sehr groß werden – es bilden sich Wirbel und Schleifen. Ist die Fingerbeere jedoch flach und die Kräfte nicht so groß, so bilden sich eher Bögen.

Die von den Forschern modellierten Fingerabdrücke sehen ihren natürlichen Vorbildern erstaunlich ähnlich – auf der virtuellen und der echten Fingerbeere finden sich die selben Muster, die allenfalls etwas zueinander verschoben sein können. Trotzdem wollen die Wissenschaftler ihr Modell weiter verfeinern, um in Zukunft auch Defekte, wie Verzweigungen und die Enden der Papillarleisten, besser beschreiben zu können – denn diese spielen bei der Identifikation von Fingerabdrücken in der Kriminalistik eine entscheidende Rolle.

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