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Covid-19: Höhere Virendosis führt zu schwereren Verläufen

Bisher konnte man es nur vermuten - nun zeigt eine Tierstudie direkt, dass die Virendosis den Verlauf der Krankheit beeinflusst. Das spricht für die Bedeutung selbst nicht perfekter Schutzmaßnahmen.
Kind mit Maske

Versuche an Affen stützen die Hypothese, dass die Menge an eingeatmeten Viren Einfluss auf die Schwere des Krankheitsverlaufs hat. Demnach infizierten sich Langschwanzmakaken zwar oberhalb einer gewissen Virendosis und entwickelten Antikörper – Fieber jedoch bekamen sie erst ab einem signifikant höheren Schwellenwert, berichtet ein Team um Paul A. Dabisch vom National Biodefense Analysis and Countermeasures Center der USA (NBACC). Für ihre jetzt in »PLOS Pathogens« erschienene Studie ließ es 16 der Tiere verschiedene Konzentrationen eines virenhaltigen Aerosols einatmen und prüfte, ob sie Antikörper bildeten und Fieber bekamen. Die Arbeitsgruppe schließt daraus, dass eine hohe Virendosis die Krankheit auch bei Menschen schwerer verlaufen lassen könnte und geringe Virusmengen oft lediglich eine symptomlose Infektion verursachen.

Bereits ganz zu Beginn der Pandemie deuteten Berichte über besonders schwere Verläufe bei medizinischem Personal in Wuhan darauf hin, dass die Menge eingeatmeter Viren den Krankheitsverlauf beeinflussen könnte. Mehrere systematische Untersuchungen, darunter auch die Heinsberg-Studie vom April 2020, stützten die Hypothese. Allerdings ist der Zusammenhang bei Menschen schwer systematisch nachzuweisen, denn die eingeatmete Aerosolmenge ist bestenfalls grob bekannt. Für ihre Versuche erzeugte die Arbeitsgruppe um Dabisch nun ein Aerosol mit bekannter Tröpfchengröße und ließ die Tiere definierte Mengen davon einatmen, um eine Dosis-Wirkungs-Beziehung sowie Schwellenwerte für Infektion und schwere Erkrankung zu bestimmen.

Wegen der geringen Zahl an Tieren sind die so erhaltenen Werte mit großen Unsicherheiten behaftet. Es ist nach Ansicht des Teams jedoch wahrscheinlich, dass der Unterschied zwischen den Schwellenwerten für gebildete Antikörper und symptomatischer Erkrankung real ist. Das bekräftige noch einmal die Bedeutung von Maßnahmen wie Masken, Lüften und Abstand, die alle die Virendosis reduzieren, schreibt es in der Veröffentlichung. Eine weitere Konsequenz des Befunds ist, dass geringe Virusmengen vermutlich ohne merkliche Krankheit Immunität erzeugen.

Nach Ansicht einiger Fachleute hat das erhebliche Auswirkungen auf den bevölkerungsweiten Immunschutz vor Covid-19. »Auf längere Sicht dürfte dieser Effekt zur Gesamtimmunität in der Bevölkerung durchaus relevant beitragen«, schreibt zum Beispiel der Virologe Marco Binder vom DKFZ auf Twitter. Es sei denkbar, dass in Zukunft wiederholte Infektionen mit geringen Virusmengen zu einer »stillen Feiung« mit gutem Immunschutz führen. Bisher ungeklärt ist, welche Auswirkungen die Impfungen auf diesen Zusammenhang zwischen Virenmenge und Infektion haben. So ist denkbar, dass der Schutz darauf beruht, dass die für eine Erkrankung nötige Virendosis bei Geimpften weit höher ist. Infektionen unterhalb dieser Schwelle könnten langfristig gewissermaßen einen natürlichen Booster für Geimpfte darstellen, mutmaßt Binder.

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