Klima: Das Christkind in Europa
In den Kriegsjahren 1940 bis 1942 schlug das Wetter Kapriolen: Eisige Zeiten in Europa, Wärmeeinbruch in Alaska und ein verblüffend lang anhaltender El Niño auf der Südhalbkugel. Zufall? Mitnichten.
General Winter und Väterchen Frost hatten schon manche Armee gestoppt – so auch den deutschen Vormarsch auf Moskau im Dezember 1941. Und während schon die letzten beiden Winter zuvor außergewöhnlich streng verlaufen waren, brach dieser in weiten Teilen Europas alle Rekorde. Doch versank nicht die ganze Nordhalbkugel in bitterer Kälte: In Alaska kletterten die Thermometer. Dazu kam die erstaunliche Beobachtung anhand einiger Ballonmessungen, dass die Ozonschicht über der Arktis bis über die mittleren Breiten deutlich dicker war als normal.
Als sie anhand dieser Werte nun nach Jahren suchten, in denen in der Stratosphäre und der europäischen Region ähnliche Bedingungen wie 1940 bis 1942 geherrscht hatten, stießen sie wieder auf Jahre mit starken El Niños, wie 1969/70, 1987 oder 1998. Und auch eine Modellrechnung über 650 Jahre zeigte: Verhältnisse wie zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs traten immer zusammen mit dem Klimaphänomen der Tropen auf.
Nur – wie funktioniert die Fernkopplung? Die Wissenschaftler vermuten, dass El Niño die riesigen atmosphärischen Strömungsgürtel beeinflusst und deren Wellenmuster bis hoch in die Stratosphäre intensiviert. Zudem hatten frühere Studien einen engen Zusammenhang zwischen den Druck- und Windverhältnissen in der Stratosphäre und den Wintertemperaturen in den höheren Breiten gezeigt. Und das insbesondere über dem Atlantik, der seinerseits mittels der Nordatlantischen Oszillation entscheidend in die Temperaturen in Europa eingreift.
Verknüpft werden die Geschehnisse also womöglich über die Stratosphäre – und dazu würde auch eine dicke Ozonschicht über Europa, wie sie gemessen wurde, passen. Denn stärkere atmosphärische Wellen würden den Polarwirbel über dem Nordpol schwächen und die meridionale Zirkulation – also den Austausch zwischen den tropischen und nördlichen Breiten – ankurbeln. Mehr Ozon würde von den Tropen nach Norden strömen und dort über den polaren Regionen absinken, was zu einer Verdickung der Ozonschicht und einer Erwärmung der unteren Stratosphärenschichten führt. Und diese Anomalien machen natürlich nicht in stratosphärischen Höhen Halt, sondern prägen sich durch bis zum Boden und sorgen dort für entsprechende Kapriolen.
Als allgemein gültige Regel sollte das aber nicht gesehen werden, betonen die Wissenschaftler, denn für einige andere starke El Niño-Ereignisse konnten sie keine übereinstimmenden Muster finden. Klima ist eben ein komplexes Gefüge mit vielen Rädchen: Wird nur eines verstellt, drehen viele mit oder anders. Aber zumindest 1941 steckte hinter General Winter und Väterchen Frost wohl eigentlich das Christkind aus den Tropen.
Weit südlich davon, in den tropischen Regionen, herrschte gleichfalls klimatisches Durcheinander. Ein starker und hartnäckiger El Niño – als "Christkind" benannt wegen seines Auftretens zur Weihnachtszeit – sorgte dort zur selben Zeit für das charakteristische Muster umgekehrter Meerestemperatur- und Luftdruckverhältnisse mit entsprechenden Dürreperioden im sonst feuchten Südostasien und heftigen Niederschlägen und Überschwemmungen an der südamerikanischen Westküste.
Ungewöhnliche Zustände also rund um den Globus in den Jahren 1939 bis 1942 – es wäre doch mehr als seltsam, wenn es sich dabei um reinen Zufall handeln würde. Also forschten Stefan Brönnimann von der ETH Zürich und seine Kollegen weltweit nach Messdaten, um eine eventuelle Verknüpfung der Klimaphänomene aufzuspüren. Keine leichte Aufgabe, denn systematische Messungen rund um den Planeten startete erst 1948. Aber die Forscher wurden trotzdem fündig: In alten Archiven stießen sie auf Höhenprofile, aufgezeichnet von Radiosonden und Flugzeuge in den Kriegsjahren, die sie digitalisieren konnten.
Als sie anhand dieser Werte nun nach Jahren suchten, in denen in der Stratosphäre und der europäischen Region ähnliche Bedingungen wie 1940 bis 1942 geherrscht hatten, stießen sie wieder auf Jahre mit starken El Niños, wie 1969/70, 1987 oder 1998. Und auch eine Modellrechnung über 650 Jahre zeigte: Verhältnisse wie zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs traten immer zusammen mit dem Klimaphänomen der Tropen auf.
Nur – wie funktioniert die Fernkopplung? Die Wissenschaftler vermuten, dass El Niño die riesigen atmosphärischen Strömungsgürtel beeinflusst und deren Wellenmuster bis hoch in die Stratosphäre intensiviert. Zudem hatten frühere Studien einen engen Zusammenhang zwischen den Druck- und Windverhältnissen in der Stratosphäre und den Wintertemperaturen in den höheren Breiten gezeigt. Und das insbesondere über dem Atlantik, der seinerseits mittels der Nordatlantischen Oszillation entscheidend in die Temperaturen in Europa eingreift.
Verknüpft werden die Geschehnisse also womöglich über die Stratosphäre – und dazu würde auch eine dicke Ozonschicht über Europa, wie sie gemessen wurde, passen. Denn stärkere atmosphärische Wellen würden den Polarwirbel über dem Nordpol schwächen und die meridionale Zirkulation – also den Austausch zwischen den tropischen und nördlichen Breiten – ankurbeln. Mehr Ozon würde von den Tropen nach Norden strömen und dort über den polaren Regionen absinken, was zu einer Verdickung der Ozonschicht und einer Erwärmung der unteren Stratosphärenschichten führt. Und diese Anomalien machen natürlich nicht in stratosphärischen Höhen Halt, sondern prägen sich durch bis zum Boden und sorgen dort für entsprechende Kapriolen.
Als allgemein gültige Regel sollte das aber nicht gesehen werden, betonen die Wissenschaftler, denn für einige andere starke El Niño-Ereignisse konnten sie keine übereinstimmenden Muster finden. Klima ist eben ein komplexes Gefüge mit vielen Rädchen: Wird nur eines verstellt, drehen viele mit oder anders. Aber zumindest 1941 steckte hinter General Winter und Väterchen Frost wohl eigentlich das Christkind aus den Tropen.
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