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Rohstoffe: Das Ende der Vulkanlandschaft

Der Abbau von Lava, Basalt und Bims zerstört die Vulkaneifel rund um Gerolstein - ganze Berge verschwinden. Nun regt sich Protest.
Mayschoß in der Eifel

Weg ist er, einfach verschwunden. Dabei war der Goßberg einmal ein besonders schöner Berg. Seine markante, kegelförmige Kuppe prägte die Landschaft der Westeifel. Heute ist von dem längst erloschenen Vulkan nur ein begrünter Stumpf übrig geblieben. Und der soll jetzt auch noch weg.

Fremdartig sieht die Landschaft der Westeifel aus, zwischen Hillesheim, Daun und der Stadt Gerolstein, aus der das bekannte Mineralwasser stammt. Fast könnte man denken, man sei auf Island gelandet oder in der französischen Auvergne. Doch die Vulkaneifel, wie dieser Landstrich offiziell heißt, ist tiefstes Rheinland-Pfalz: ein reich strukturiertes Mittelgebirge mit wintergrauen Wiesen, dunklen Äckern, kleinen Weilern und den berühmten Eifelmaaren, kreisrunden Seen, die sich vor Tausenden von Jahren in alten Explosionskratern gebildet haben. Überragt wird dies alles von hunderten Vulkankegeln. Sie tragen ulkige Namen: Kyller Höhe, Wetschberg, Mühlenberg, Roßbüsch oder Döhm. Den Döhm erkennt man an einem Stückchen Wald, das aussieht wie eine Irokesenfrisur.

Eifellandschaft | Große Teile der Eifel wurden durch den Vulkanismus geprägt – die Überreste von Vulkanen zieren heute noch die Landschaft. Auch bei Mayschoß im Ahrtal gibt es Zeugnisse aus der bewegten Vergangenheit dieser Region, etwa die Guckley, eine Basaltkuppe, die durch die Erosion frei gelegt wurde.

Von der Kyller Höhe aus hat man einen weiten Blick. Wegen der anregenden Kargheit hier ist Hans Erkert, pensionierter Zoologe, vor ein paar Jahren von Tübingen ins Land der Vulkane gezogen. Jetzt muss er mit ansehen, wie seine neue Heimat ihr Gesicht verliert. Neben Erkert steht Hartmut Schmidt von der Interessengemeinschaft Eifelvulkane, einer Gruppe von Bürgern, die der Zerstörung Einhalt gebieten wollen. Die Kyller Höhe ist ein Steinbruch und sieht aus wie ein hohler Zahn. Von hier aus kann man allein vier weitere aktive Tagebaustellen sehen. "Wir haben eine der größten Grubendichten in ganz Deutschland", sagt Schmidt: allein im Landkreis Vulkaneifel 40 Gruben. Abgebaut wird, was den Reichtum dieser Gegend ausmacht: Vulkangestein wie Basalt und Bims.

Begehrt ist beispielsweise die so genannte Eifellava, ein poröses vulkanisches Granulat, das braun, schwarz oder sogar grünlich schimmern kann. Es bildet den größten Teil der alten Vulkankegel, lässt sich leicht abbauen und eignet sich gut für den Unterbau von Straßen. "Da brauchen Sie nur einen Bagger oder Frontlader, eine Siebanlage und einen Lkw. Und im Handumdrehen ist ein ganzer Berg verschwunden", sagt Erkert, der sich als regionaler Vertreter des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz engagiert.

Steine für jeden Bedarf

In den alten Vulkanschloten finden sich zudem Kerne von hartem Basalt. Zerkleinert dient er als Schotter für Schienenwege, unzerkleinert als Werkstein. In vielen Eifeldörfern säumen alte Mühlsteine die Straßen; seit der Römerzeit hat man sie aus dem harten, scharfkantigen Material geschlagen. Ein weiteres Eruptionsgestein ist schließlich der leichte, helle Bims, mit dem man sich die Hornhaut von den Füßen rubbeln kann. Man findet ihn weiter östlich, in der Gegend des Klosters Maria Laach. Nach dem Krieg wurde er in riesigen Mengen zu Leichtbausteinen für den Wiederaufbau verarbeitet.

All dies entstand erst vor relativ kurzer Zeit, denn die Eifel ist geologisch jung. Der letzte große Vulkanausbruch ereignete sich erst vor rund 13 000 Jahren am heutigen Laacher See. Anders als in weitaus älteren vulkanisch geprägten Regionen wie dem hessischen Vogelsberg oder der hessisch-bayerischen Rhön hatten die Kräfte der Erosion hier noch keine Zeit, das lockere Material herauszuwaschen und über die Flüsse ins Meer zu spülen. Dies könnte der Landschaft nun zum Verhängnis werden.

"In der Osteifel sind die Vorkommen langsam erschöpft", erläutert Schmidt. "Deswegen will man jetzt mehr bei uns im Westen fördern." Dazu betreibt das Landesamt für Geologie und Bergbau in Mainz eine so genannte Rohstoffsicherung. Jüngst hat die Behörde große Flächen in der Vulkaneifel zu Vorranggebieten für den Gesteinsabbau erklärt. Fänden die Pläne Eingang in das neue Landesentwicklungsprogramm, würde sich die Abbaufläche auf 2000 Hektar verfünffachen. "Eine Grubeneifel nehmen wir nicht hin", gibt sich Schmidt aber kämpferisch.

Das Landesamt wiegelt ab. Die Debatte sei völlig überzogen, bei der Erweiterung handele es sich um ein "reines Gedankenspiel". Doch auch der Fremdenverkehr ist alarmiert. Die Überlegungen des Bergamts seien keine Planspiele, sondern "reale Planungen", sagt Klaus Schäfer von der Eifel-Tourismus-Gesellschaft in Daun. Eine großflächige Erweiterung der Abbauflächen sei "verheerend und nicht tolerierbar". Dabei muss man wissen, dass der Eifeltourismus nicht nur von der schönen Landschaft lebt, sondern als "Geopark" auch von den vielen geologischen Aufschlüssen, die einen Blick in die jüngere Erdgeschichte erlauben.

Bergbau kontra Naturschutz und Tourismus

Johannes Netz kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Der Chef der Mayko Natursteinwerke in Mayen, ein gelernter Steinmetz, blickt von seinem Büro aus bis zum Kraterrand des Laacher Sees und ins Neuwieder Becken. In seinem Betrieb lässt er aus einem erstarrten Magmastrom des Bellerbergs die berühmte Mayener Basaltlava abbauen. Sie eignet sich besonders gut für Bildhauerarbeiten. "Ich liebe diesen Stein", sagt Netz, der einen Sinn für Tradition hat und kenntnisreich über die Geschichte der Rohstoffgewinnung in der Eifel plaudert. Sein altes hölzernes Schotterwerk und ein hölzerner Kran, der auf einem Felssporn steht, sind Sehenswürdigkeiten. Neben seinem Büro am Rand des Steinbruchs liegen etliche Rohlinge römischer Mühlsteine. Die wurden von Mayen aus ins ganze römische Imperium geliefert.

Steinbruch | Das Vulkangestein weckt allerlei Begehrlichkeiten, denn es eignet sich für den Straßen- und Eisenbahntrassenbau ebenso wie für Steinmetze. Viele Steinbrüche öffnen daher die Landschaft und sorgen für Konflikte zwischen Ökonomie, Ökologie und Tourismusinteressen.

Als "Natur pur" bewirbt Netz seine Produkte, was nicht als Provokation gemeint ist. Natürlich hält er wenig von der Forderung, den Bergbau in der Eifel am besten sofort einzustellen. Er kämpft darum, dass es weitergeht, so lange wie möglich. Bedarf gebe es genug, Basalt für die Garten- und Landschaftsgestaltung sei ein Wachstumsmarkt. Einen Widerspruch zum Naturschutz sieht er nicht, im Gegenteil. Aufgelassene und sogar noch in Betrieb befindliche so genannte Lavagruben und Basaltbrüche seien ideale "Biotope aus zweiter Hand" mit ihrer großen Artenvielfalt.

Da stimmen ihm die Naturschützer sogar zu. Allerdings, sagen sie, sei die Vulkaneifel inzwischen beispielsweise mit Uhus gesättigt; neue Biotope würden keine weiteren Paare anlocken. Teile des Mayener Grubenfelds wurden wegen ihrer bedeutenden Fledermauspopulationen unter europäischen Schutz gestellt. Eigentlich wollte Netz auch dort Basaltlava abbauen. Er klagte gegen das Land Rheinland-Pfalz und unterlag; sein Unternehmen wurde entschädigt. Jetzt sucht er im Umkreis von Mayen nach einem neuen Abbaugebiet und ist auch schon fündig geworden. Vor ihm auf dem Konferenztisch liegen zwei kleine Quader und eine Kugel aus grauer Basaltlava. Ein Würfel kommt aus dem bisherigen, ein anderer aus einem potenziellen neuen Abbaugebiet in Mayen. Die Kugel stammt aus China. "Kostet nur ein Drittel von unserem Material, Transportkosten eingeschlossen." Dass es in den Steinbrüchen des Fernen Ostens ökologischer zugeht als hier zu Lande, kann man bezweifeln. Als regionales Produkt dürfte "Naturstein" aus der Eifel wesentlich nachhaltiger sein als die Importware – so schön grün und "nachhaltig", dass das Edelkaufhaus Manufactum in seinen Schaubäckereien die dreistufigen Sauerteigbrote in Öfen aus "Eifeler Tuffstein" backen lässt.

Wie viele Vulkankegel in der Eifel eine Zukunft haben, liegt jetzt in den Händen der Landespolitiker in Mainz. Pikanterweise sind das zwei grüne Ministerinnen: Eveline Lemke, zuständig für Wirtschaft, und Ulrike Höfken, die Umweltministerin. Lemke hatte noch vor ihrem Amtsantritt im Mai 2011 den "Raubbau" an der Eifellandschaft beklagt. Heute verspricht sie, etwas weniger pointiert, Ökonomie und Ökologie zu einem "angemessenen Ausgleich" zu bringen. "Die Grünen müssen Farbe bekennen", fordert Hartmut Schmidt von der IG Eifelvulkane. Hans Erkert überlegt, ob er die Eifel wieder verlassen soll. Die Landschaft werde "technisch überformt" – und jetzt drohten auch noch die Windräder.

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