Zukunft der Menschheit: Das Risiko steigt
Erdbeben, Hurrikane und Seuchen - die Zahl der humanitären Notlagen nimmt in dem Maße zu, wie die Weltbevölkerung wächst. Vor allem die großen Städte sind bedroht. Teil 4 der Serie "Zukunft der Menschheit".
Die Wassermassen kamen schnell: Kaum zehn Minuten blieben den Menschen an der Nordostküste Japans, um sich in Sicherheit zu bringen, nachdem die Behörden eine Tsunami-Warnung ausgegeben hatten. Die Wellen, die ein mächtiger Erdstoß rund 400 Kilometer vor der Küste ausgelöst hatte, trafen auf eine der weltweit am besten gegen Überflutung gesicherten Küsten – und brachten trotzdem Tausenden den Tod.
Die Zahl der Katastrophen nimmt zu
Diese Kräfte entladen sich immer häufiger in desaströsen Ereignissen. Nach den Statistiken der Münchener Rückversicherungsgesellschaft hat sich die Zahl der Naturkatastrophen in den vergangenen 30 Jahren verdreifacht. 2010 war mit 950 Katastrophen das Jahr mit den zweitmeisten Desastern in den vergangenen drei Dekaden – 90 Prozent davon waren wetterbedingt. Und wäre die Hurrikansaison im Nordatlantik nicht überraschend glimpflich verlaufen – es gab zwar eine Rekordzahl von Stürmen, die meisten drehten jedoch auf die offene See ab –, es hätte wohl einen neuen, traurigen Rekord zu melden gegeben. Mit fast 300 000 Toten und einem gesamtwirtschaftlichen Schaden von 130 Milliarden Dollar liest sich die Bilanz jedoch auch so bedrückend genug.
Bevölkerungswachstum verschärft das Risiko
Der Klimawandel war auch schnell als Hauptschuldiger zur Hand bei einem der schwersten Naturdesaster des vergangenen Jahres. 20 Millionen Pakistani wurden im Sommer 2010 von den schwersten Monsunüberschwemmungen in der Geschichte des Landes heimgesucht. Wochenlang stand fast ein Viertel des Landes unter Wasser, Millionen Menschen verloren Hab und Gut, mehr als 2000 Todesopfer waren zu beklagen. Die Schäden durch zerstörte Infrastruktur und vernichtete Ernten belaufen sich nach Schätzungen auf bis zu 40 Milliarden US-Dollar.
In Pakistan leben heute viermal so viele Menschen wie zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit des Landes: rund 160 Millionen. Menschen, die Holz zum Hausbau und zur Feuerung benötigen – und dazu den Wald abholzen, der das Wasser vielleicht zumindest etwas zurückhalten könnte. Menschen, die mit ihren Wohnungen immer näher an die Flüsse rücken; die ihr Vieh auf Land weiden, das durch Flussbegradigungen gewonnen wurde; Menschen, die durch die schiere Not des Überlebens zu einem Raubbau an der Natur gezwungen werden, der sie dann in Katastrophen wie der vom vergangenen Sommer wieder einholt.
Das Beispiel Pakistan wirft ein Schlaglicht auf ein globales Problem: Immer mehr Menschen bevölkern unseren Planeten. Lebten Anfang der 1920er Jahre noch kaum zwei Milliarden Menschen auf der Erde, so sind es heute bereits mehr als sechs Milliarden – und die Sieben-Milliarden-Marke wird noch in diesem Jahr genommen. Und bis zur Mitte des Jahrtausends, so schätzen die Vereinten Nationen, wird die Weltbevölkerung auf mehr als neun Milliarden anwachsen. Weniger vorsichtige Schätzungen gehen sogar von bis zu zwölf Milliarden Menschen aus – die weltweit um knappe Ressourcen wie Wasser, Nahrung oder Land konkurrieren.
Wo die Mehrzahl dieser Menschen leben wird, hat das Rote Kreuz im "Weltkatastrophenbericht 2010" festgehalten. Demnach bewohnten im vergangenen Jahr erstmals mehr Menschen die Städte als das Land – eine Entwicklung, die sich nach Einschätzung der Experten verstärken wird. Denn Metropolen versprechen Arbeit, Sicherheit, Wohlstand – kurz: ein besseres Leben. 3,5 Milliarden Menschen leben heute in den urbanen Zentren der Erde, doch für rund eine Milliarde von ihnen haben sich diese Versprechen nicht erfüllt. Sie hausen in den Slums asiatischer, afrikanischer und lateinamerikanischer Großstädte – ohne Zugang zu sauberem Wasser, ohne Sanitäreinrichtung, ohne funktionierende Gesundheitsversorgung.
Armut begünstigt Katastrophen
Und in einem Umfeld, das für Naturkatastrophen besonders anfällig ist. Als im vergangenen Jahr in Haiti die Erde bebte, starben nach vorsichtigen Schätzungen etwa 220 000 Menschen – viele davon in den Slums an den Berghängen der Hauptstadt Port-au-Prince. Ein Szenario, das sich mit bedrückender Regelmäßigkeit wiederholt: Die Ärmsten der Armen müssen sich an den besonders gefährdeten Orten der wuchernden Metropolen ansiedeln – in Flussnähe oder an Hängen, die durch Erdrutsche zu Todesfallen werden können.
Dabei müssen solche Naturgewalten keineswegs zwangsläufig den Tod von tausenden Menschen nach sich ziehen. Vorsorgemaßnahmen und ein geschultes Katastrophenmanagement können die Folgen auch schwerster Naturereignisse abmildern, wie ein anderes Beispiel aus dem vergangenen Jahr belegt. Nur einen Monat nach der Katastrophe in Haiti bebte die Erde in Chile. Obwohl die Erdstöße heftiger waren als in dem Karibikstaat und zudem ein Tsunami Teile der chilenischen Küste traf, waren das Ausmaß der Zerstörung und die Zahl der Opfer in dem vergleichsweise wohlhabenden Land deutlich geringer.
Die Statistik des chilenischen Innenministerium listet "nur" eine dreistellige Zahl von Toten oder Vermissten auf – eine menschliche Tragödie in jedem Einzelfall, aber nicht annähernd die Dimensionen von Haiti.
Das belegt, dass der Mensch den Kräften der Natur nicht völlig hilflos ausgeliefert ist. Einer anderen Gefahr dagegen wären die in den urbanen Zentren zusammengeballten Menschenmassen wohl weit gehend schutzlos ausgeliefert: der Bedrohung durch ein tödliches Virus. Die durch ein bis dahin unbekanntes Coronavirus ausgelöste Lungenkrankheit Sars, die sich im November 2002 von Südchina aus innerhalb von Wochen über nahezu alle Kontinenten verbreitete, hat exemplarisch vor Augen geführt, in welchem Tempo sich gefährliche Erreger heute ausbreiten können – dank der Unterstützung moderner Lufttransportmittel.
Seuchen: die weltweite Bedrohung
Zwar entwickelte sich Sars letztlich nicht zur tödlichen Weltinfektion, wie es die düstersten Schwarzmaler seinerzeit vorhersagten. Doch an potenziellen Nachfolgern herrscht kein Mangel. Mit jedem Kilometer, den sich der Mensch tiefer in die Regenwälder Afrikas und Südamerikas vorarbeitet, steigt das Risiko, auf einen bislang unbekannten, tödlichen Krankheitskeim zu stoßen. Das Ebolavirus mit einer Sterblichkeitsrate zwischen 50 und 90 Prozent macht deutlich, welches Gefahrenpotenzial in den Erregern aus dem Dschungel steckt. Weltweit tauchen immer neue Krankheitserreger auf, die von Tieren auf Menschen überspringen und den Tod verursachen können.
Aber vielleicht droht die größte Gefahr auch gar nicht von einem exotischen Erreger, der sich per Flugzeug auf den Weg aus dem Dschungel in die Großstadt macht. Noch gut in Erinnerung ist das globale Auftreten des H1N1-Virus im Jahr 2009, dessen unheilvolles Wirken unter den Namen "Schweinegrippe" oder "Neue Grippe" zusammengefasst wurde. Nicht in abgelegenen Wildnisgebieten, sondern im Herzen der Vereinigten Staaten und in Mexiko traten die ersten Fälle auf. Angesichts zahlreicher Opfer wurden rasch Erinnerungen wach an jene verheerende Pandemie, die 1919/20 unter dem Namen "Spanische Grippe" 50 Millionen Todesopfer forderte – verursacht seinerzeit durch einen anderen H1N1-Subtyp.
Solch dramatische Folgen zeitigte die Schweinegrippe letztlich nicht, im August 2010 hob die Weltgesundheitsorganisation ihre ein Jahr zuvor ausgesprochene Pandemie-Warnung wieder auf. Inzwischen gilt die Schweinegrippe als saisonale Influenza, vor der man sich mit einer Impfung schützen kann. In diesem Fall hat die Medizin über den Erreger triumphiert. Allerdings ist es ein Wesensmerkmal dieses Wettstreits, dass er nur Etappensiege kennt.
Die Bilder der verheerenden Naturkatastrophe vom 11. März sind weiterhin frisch. Und noch immer kämpft Japan mit den Folgen von Erdstößen, Tsunamis und havarierten Atomanlagen. Trotz vermeintlich erdbebensicherer Bauwerke, trotz eines viele tausend Kilometer langen Saums aus Wellenbrechern und Flutschutzmauern sieht sich eine der am höchsten entwickelten Industrienationen hilflos den Naturgewalten ausgeliefert. Die Katastrophe vom 11. März unterstreicht einmal mehr, wie wenig der Mensch noch immer den entfesselten Kräften unseres Planeten entgegenzusetzen vermag.
Die Zahl der Katastrophen nimmt zu
Diese Kräfte entladen sich immer häufiger in desaströsen Ereignissen. Nach den Statistiken der Münchener Rückversicherungsgesellschaft hat sich die Zahl der Naturkatastrophen in den vergangenen 30 Jahren verdreifacht. 2010 war mit 950 Katastrophen das Jahr mit den zweitmeisten Desastern in den vergangenen drei Dekaden – 90 Prozent davon waren wetterbedingt. Und wäre die Hurrikansaison im Nordatlantik nicht überraschend glimpflich verlaufen – es gab zwar eine Rekordzahl von Stürmen, die meisten drehten jedoch auf die offene See ab –, es hätte wohl einen neuen, traurigen Rekord zu melden gegeben. Mit fast 300 000 Toten und einem gesamtwirtschaftlichen Schaden von 130 Milliarden Dollar liest sich die Bilanz jedoch auch so bedrückend genug.
Bei der Suche nach den Ursachen für die auffällige Zunahme von Naturdesastern ist ein Verantwortlicher schnell ausgemacht: der globale Klimawandel. Beispiel Hurrikans: Zu Beginn der Sturmsaison im vergangenen Sommer lagen die Wassertemperaturen im tropischen Nordatlantik bis zu zwei Grad Celsius über dem langjährigen Mittel – ideale Voraussetzungen für die Entstehung besonders intensiver Tropenstürme. "Das passt zum Trend der vergangenen 30 Jahre, der in allen Ozeanbecken einen Anstieg der Wassertemperaturen zeigte", so Peter Höppe, Leiter der Geo-Risikoforschung der Munich Re. "Dieser langfristige Trend ist nicht mehr allein mit natürlichen Klimaschwankungen zu erklären. Vielmehr dürfte der Klimawandel einen Teil zur Erwärmung der Weltmeere beitragen." Nach Einschätzung des Experten wird sich dieser Einfluss in den kommenden Jahren weiter verstärken – mit entsprechender Zunahme der Hurrikanaktivität. Und steigende Meeressspiegel bedrohen 150 Millionen Menschen, die ihr Zuhause in Gebieten errichtet haben, die weniger als einen Meter über dem aktuellen Meeresspiegel liegen.
Bevölkerungswachstum verschärft das Risiko
Der Klimawandel war auch schnell als Hauptschuldiger zur Hand bei einem der schwersten Naturdesaster des vergangenen Jahres. 20 Millionen Pakistani wurden im Sommer 2010 von den schwersten Monsunüberschwemmungen in der Geschichte des Landes heimgesucht. Wochenlang stand fast ein Viertel des Landes unter Wasser, Millionen Menschen verloren Hab und Gut, mehr als 2000 Todesopfer waren zu beklagen. Die Schäden durch zerstörte Infrastruktur und vernichtete Ernten belaufen sich nach Schätzungen auf bis zu 40 Milliarden US-Dollar.
Doch die Ursache der Jahrhundertflut allein in globalen Klimaveränderungen zu suchen, greift zu kurz. Zwar verwiesen pakistanische Forscher noch während der Katastrophe auf ungewöhnlich hohe Temperaturen im Himalaya, die ein stärkeres Abschmelzen der Gletscher begünstigten – was neben den ungewöhnlich intensiven Regenfällen zu einer Überlastung der Flusssysteme führte. Doch die Katastrophe in Pakistan war zu einem nicht geringen Teil auch Folge eines anderen Problems, das sich in den kommenden Jahrzehnten in globalem Maßstab ebenfalls verschärfen wird: der Überbevölkerung.
In Pakistan leben heute viermal so viele Menschen wie zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit des Landes: rund 160 Millionen. Menschen, die Holz zum Hausbau und zur Feuerung benötigen – und dazu den Wald abholzen, der das Wasser vielleicht zumindest etwas zurückhalten könnte. Menschen, die mit ihren Wohnungen immer näher an die Flüsse rücken; die ihr Vieh auf Land weiden, das durch Flussbegradigungen gewonnen wurde; Menschen, die durch die schiere Not des Überlebens zu einem Raubbau an der Natur gezwungen werden, der sie dann in Katastrophen wie der vom vergangenen Sommer wieder einholt.
Das Beispiel Pakistan wirft ein Schlaglicht auf ein globales Problem: Immer mehr Menschen bevölkern unseren Planeten. Lebten Anfang der 1920er Jahre noch kaum zwei Milliarden Menschen auf der Erde, so sind es heute bereits mehr als sechs Milliarden – und die Sieben-Milliarden-Marke wird noch in diesem Jahr genommen. Und bis zur Mitte des Jahrtausends, so schätzen die Vereinten Nationen, wird die Weltbevölkerung auf mehr als neun Milliarden anwachsen. Weniger vorsichtige Schätzungen gehen sogar von bis zu zwölf Milliarden Menschen aus – die weltweit um knappe Ressourcen wie Wasser, Nahrung oder Land konkurrieren.
Wo die Mehrzahl dieser Menschen leben wird, hat das Rote Kreuz im "Weltkatastrophenbericht 2010" festgehalten. Demnach bewohnten im vergangenen Jahr erstmals mehr Menschen die Städte als das Land – eine Entwicklung, die sich nach Einschätzung der Experten verstärken wird. Denn Metropolen versprechen Arbeit, Sicherheit, Wohlstand – kurz: ein besseres Leben. 3,5 Milliarden Menschen leben heute in den urbanen Zentren der Erde, doch für rund eine Milliarde von ihnen haben sich diese Versprechen nicht erfüllt. Sie hausen in den Slums asiatischer, afrikanischer und lateinamerikanischer Großstädte – ohne Zugang zu sauberem Wasser, ohne Sanitäreinrichtung, ohne funktionierende Gesundheitsversorgung.
Armut begünstigt Katastrophen
Und in einem Umfeld, das für Naturkatastrophen besonders anfällig ist. Als im vergangenen Jahr in Haiti die Erde bebte, starben nach vorsichtigen Schätzungen etwa 220 000 Menschen – viele davon in den Slums an den Berghängen der Hauptstadt Port-au-Prince. Ein Szenario, das sich mit bedrückender Regelmäßigkeit wiederholt: Die Ärmsten der Armen müssen sich an den besonders gefährdeten Orten der wuchernden Metropolen ansiedeln – in Flussnähe oder an Hängen, die durch Erdrutsche zu Todesfallen werden können.
Oft bedarf es dabei nicht einmal wie in Haiti eines heftigen Erdstoßes, um ein Unglück auszulösen. Als Anfang des Jahres der Himmel über Teresópolis nördlich von Rio de Janeiro seine Schleusen öffnete, gerieten die mit schlecht befestigten Hütten übersäten Berghänge ins Rutschen – und rissen hunderte Menschen in den Tod. Eine Katastrophe, die ungute Erinnerungen an die Tragödie weckt, die 1999 den venezolanischen Bundesstaat Vargas traf. Innerhalb von zwei Tagen im Dezember fiel dort seinerzeit so viel Regen wie üblicherweise in zwei Jahren. Erdrutsche und Schlammlawinen suchten vor allem die exponierten Elendsquartiere heim – mehrere zehntausend Menschen überlebten die Katastrophe nicht.
Dabei müssen solche Naturgewalten keineswegs zwangsläufig den Tod von tausenden Menschen nach sich ziehen. Vorsorgemaßnahmen und ein geschultes Katastrophenmanagement können die Folgen auch schwerster Naturereignisse abmildern, wie ein anderes Beispiel aus dem vergangenen Jahr belegt. Nur einen Monat nach der Katastrophe in Haiti bebte die Erde in Chile. Obwohl die Erdstöße heftiger waren als in dem Karibikstaat und zudem ein Tsunami Teile der chilenischen Küste traf, waren das Ausmaß der Zerstörung und die Zahl der Opfer in dem vergleichsweise wohlhabenden Land deutlich geringer.
Die Statistik des chilenischen Innenministerium listet "nur" eine dreistellige Zahl von Toten oder Vermissten auf – eine menschliche Tragödie in jedem Einzelfall, aber nicht annähernd die Dimensionen von Haiti.
Im Herbst soll der siebenmilliardste Mensch geboren werden. Aus diesem Anlass berichtet spektrumdirekt in einer mehrteiligen Serie über die "Zukunft der Menschheit" und ihre Chancen wie Probleme, die sich durch die wachsende Zahl an Erdenbürgern ergeben.
Die übrigen Teile der Serie finden Sie unter:
spektrumdirekt.de/zukunft-der-menschheit
"Von strengen Bauvorschriften über vorbereitete Notfallpläne bis zum staatlich organisierten Wiederaufbau: In wohlhabenden und gut verwalteten Städten gibt es die Aussicht, Schäden durch extreme Naturereignisse zu minimieren", so das Fazit der Roten-Kreuz-Experten. Die übrigen Teile der Serie finden Sie unter:
spektrumdirekt.de/zukunft-der-menschheit
Das belegt, dass der Mensch den Kräften der Natur nicht völlig hilflos ausgeliefert ist. Einer anderen Gefahr dagegen wären die in den urbanen Zentren zusammengeballten Menschenmassen wohl weit gehend schutzlos ausgeliefert: der Bedrohung durch ein tödliches Virus. Die durch ein bis dahin unbekanntes Coronavirus ausgelöste Lungenkrankheit Sars, die sich im November 2002 von Südchina aus innerhalb von Wochen über nahezu alle Kontinenten verbreitete, hat exemplarisch vor Augen geführt, in welchem Tempo sich gefährliche Erreger heute ausbreiten können – dank der Unterstützung moderner Lufttransportmittel.
Seuchen: die weltweite Bedrohung
Zwar entwickelte sich Sars letztlich nicht zur tödlichen Weltinfektion, wie es die düstersten Schwarzmaler seinerzeit vorhersagten. Doch an potenziellen Nachfolgern herrscht kein Mangel. Mit jedem Kilometer, den sich der Mensch tiefer in die Regenwälder Afrikas und Südamerikas vorarbeitet, steigt das Risiko, auf einen bislang unbekannten, tödlichen Krankheitskeim zu stoßen. Das Ebolavirus mit einer Sterblichkeitsrate zwischen 50 und 90 Prozent macht deutlich, welches Gefahrenpotenzial in den Erregern aus dem Dschungel steckt. Weltweit tauchen immer neue Krankheitserreger auf, die von Tieren auf Menschen überspringen und den Tod verursachen können.
Aber vielleicht droht die größte Gefahr auch gar nicht von einem exotischen Erreger, der sich per Flugzeug auf den Weg aus dem Dschungel in die Großstadt macht. Noch gut in Erinnerung ist das globale Auftreten des H1N1-Virus im Jahr 2009, dessen unheilvolles Wirken unter den Namen "Schweinegrippe" oder "Neue Grippe" zusammengefasst wurde. Nicht in abgelegenen Wildnisgebieten, sondern im Herzen der Vereinigten Staaten und in Mexiko traten die ersten Fälle auf. Angesichts zahlreicher Opfer wurden rasch Erinnerungen wach an jene verheerende Pandemie, die 1919/20 unter dem Namen "Spanische Grippe" 50 Millionen Todesopfer forderte – verursacht seinerzeit durch einen anderen H1N1-Subtyp.
Solch dramatische Folgen zeitigte die Schweinegrippe letztlich nicht, im August 2010 hob die Weltgesundheitsorganisation ihre ein Jahr zuvor ausgesprochene Pandemie-Warnung wieder auf. Inzwischen gilt die Schweinegrippe als saisonale Influenza, vor der man sich mit einer Impfung schützen kann. In diesem Fall hat die Medizin über den Erreger triumphiert. Allerdings ist es ein Wesensmerkmal dieses Wettstreits, dass er nur Etappensiege kennt.
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