Spektakulärer Fund: Der größte Steinmeteorit Deutschlands
Der größte jemals in Deutschland gefundene Steinmeteorit ist 28 mal 25 mal 20 Zentimeter groß und 30 Kilogramm schwer, wie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in einer Pressemitteilung berichtet. Demnach bestätigte am 7. Juli 2020 die Meteoritical Society, die internationale Organisation der Meteoritenforscher, die alle Meteoritenfunde weltweit dokumentiert, in einem Bulletin den Fund als anerkannten Meteoriten. Entsprechend seinem Fundort, dem mittelalterlichen Städtchen Blaubeuren westlich von Ulm, trägt der Meteorit den offiziellen Namen »Blaubeuren«. Bislang galt der unweit von Oldenburg gefundene »Benthullen«-Meteorit mit einem Gewicht von 17,25 Kilogramm als Rekordhalter.
Kurioserweise lag das Fundstück 31 Jahre lang nach seiner Entdeckung im Garten des Finders. Im Jahr 1989 stieß dieser beim Ausheben eines Kabelgrabens auf seinem Grundstück im schwäbischen Blaubeuren mit dem Spaten auf einen großen und ungewöhnlich schweren Stein. Aus einem halben Meter Tiefe hievte er den Brocken an die Oberfläche. Mit einem Magneten stellt der Finder fest, dass der Stein eisenhaltig ist. Doch erst Jahrzehnte später kommt ihm die Idee, dass es sich bei dem Fundstück um einen Besucher aus dem Weltall handeln könnte. Im Januar 2020 meldete er sich daher beim Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Und tatsächlich folgt nach ersten Analysen die wissenschaftliche Sensation: »Es handelt sich um einen gewöhnlichen Chondriten des Typs H4-5«, erklärt Dieter Heinlein aus Augsburg, Meteoritenfachmann für das DLR-Institut für Planetenforschung, der die Nachforschungen und Untersuchungen von »Blaubeuren» für das DLR koordiniert. Chondrite bilden mit einem Anteil von etwa 86 Prozent die größte Klasse der Meteoriten. Ihr Name kommt von den kleinen, eingeschlossenen Silikatkügelchen, den so genannten Chondren, die in eine feinkörnige Grundmasse eingebettet sind. Sie sind bei der Entstehung des Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren hervorgegangen und stellen die Urbausteine von Planeten dar. Das »H« steht für »high metal«, also einen hohen Gehalt an metallischem Eisen und Nickel.
Dem Meteoriten wurde inzwischen von einem Steinmetz ein 576 Gramm schweres Eck abgesägt (siehe Bild), um seine Zusammensetzung im Labor näher untersuchen zu können. Die Konzentrationen an Barium- und Strontiumisotopen bestätigten zum Beispiel, dass der Meteorit nach seinem Fall im schwäbischen Juraboden verwitterte. Mikroskopische Untersuchungen ergaben, dass »Blaubeuren« offenbar eine so genannte Brekzie ist, ein Gestein, das aus Bruchstücken zusammengebacken wurde. »Der Blaubeuren-Meteorit hat in der Vergangenheit mindestens eine heftige Kollision erlebt. Das sehen wir bei H4- und H5-Chondriten häufig«, erläutert der Mineraloge Addi Bischoff vom Institut für Planetologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, der an den Untersuchungen beteiligt war. Die Bestimmung des ungefähren irdischen Alters des Blaubeuren-Meteoriten steht noch aus. Dem Verwitterungszustand nach zu urteilen, könnte er schon vor mehreren Jahrhunderten auf die Erde gekracht sein.
Die meisten Meteoriten sind Bruchstücke von Asteroiden und stammen ursprünglich aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Dort wurden sie durch Kollisionen von ihrem Mutterkörper losgeschlagen und sind dabei auf Kollisionskurs mit der Erde geraten. Sie treten mit hoher Geschwindigkeit in die Atmosphäre ein und verglühen zum großen Teil. Daher bleibt bei der Ankunft auf der Erdoberfläche meist nur ein kleiner Rest übrig. Meteoriten spielen besonders für die Erforschung der frühen Entwicklung des Sonnensystems eine wichtige Rolle.
»Blaubeuren« bleibt derweil vorerst beim Finder. Dessen Wunsch ist es jedoch, dass der größte Steinmeteorit Deutschlands irgendwann in einem Museum dauerhaft ausgestellt wird, damit jeder die Möglichkeit hat, einen Blick auf den besonderen Schwaben aus dem All zu werfen.
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