Archäologie: Der Untergang von Doggerland
Vor 10 000 Jahren verband England und Mitteleuropa noch eine große Landmasse. Erst mit dem Schmelzen der Gletschermassen der damaligen Eiszeit versank »Doggerland« im Meer – und Großbritannien wurde zu der Insel, die es heute ist.
Archäologen interessieren sich insbesondere für den Teil Doggerlands, der am längsten über Wasser blieb: Diese Doggerbank bildete für längere Zeit eine hügelige Insel in der Nordsee, so groß wie der Festlandteil des heutigen Dänemarks. Vor 8200 Jahren war das Eiland bereits bis auf einen kleinen Archipel geschrumpft.
Wie lange es bestehen blieb, ist umstritten: Vor 8150 Jahren fegte ein enormer Tsunami durch die Nordsee, Ursprung war das Abrutschen einer Schelfkante vor der Küste Norwegens. Die Monsterwelle traf garantiert auch die Überreste von Doggerland und könnte die Insel endgültig dem Untergang geweiht haben. Das zumindest glaubt ein Teil der Experten.
Ein Forscherteam um James Walker von der University of Bradford macht sich für ein anderes Szenario stark: Das Eiland hat die Naturkatastrophe überstanden. Dafür sprächen Bohrkerne aus dem Sediment vor der Küste im Südosten Englands. Hier hat der Tsunami nur an manchen Stellen Spuren hinterlassen. Offenbar sei die große Welle von einer Landmasse vor der Küste abgehalten worden, schreibt die Gruppe im Fachmagazin »Antiquity«.
Berechnungen des Teams zeigen, dass die mutmaßlichen Überreste von Doggerland damals noch weit genug aus dem Meer ragten, um sich von dem Tsunami zu erholen. Sie könnten Menschen also noch für 1000 Jahre eine Heimat geboten haben. Damit spielten sie womöglich eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung von Landwirtschaft und Viehzucht, argumentieren die Forscher. Diese Lebensweisen schwappten zur damaligen Zeit von Kontinentaleuropa nach England, wobei die Überreste von Doggerland eine Zwischenstation gewesen sein könnten.
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