News: Durch Geiselnahme in den Körper
Wie Wissenschaftler um Yvette van Kooyk vom University Medical Center St. Radboud in den Niederlanden und Douglas Kwon vom Howard Hughes Medical Institute in New York festgestellt haben, nutzt das HI-Virus ausgerechnet diese Wachposten, um von den Schleimhäuten der Gebärmutter oder des Enddarms in die Lymphknoten zu gelangen (Cell vom 3. März 2000). Mit in vitro-Experimenten fanden sie heraus, dass HIV an einen als DC-SIGN bezeichneten Rezeptor an der Oberfläche von dendritischen Zellen bindet. Dieser Kontakt stabilisiert das Virus: Während Erreger ohne die Bindung ihre Infektiösität in weniger als einem Tag verloren, konnten durch DC-SIGN geschützte Viren auch noch nach vier Tagen Zellen infizieren. Außerdem findet HIV auf diese Weise leichter sein eigentliches Ziel, da sich die dendritischen Zellen im Normalfall gerade über den DC-SIGN-Rezeptor an die T-Zellen des Immunsystems heften.
Die Wahl der Geisel ermöglicht Wissenschaftlern jedoch eventuell auch neue Strategien im Kampf gegen den AIDS-Erreger. DC-SIGN kommt nur auf dendritischen Zellen vor, und das Virus stellt den Kontakt über ein sehr konservatives eigenes Protein namens gp120 her. Also überlegen die Forscher, den Rezeptor zu blockieren und so HIV seines Schutzmantels zu berauben. Allerdings muss zunächst einmal überprüft werden, ob die Ergebnisse aus dem Reagenzglas sich auch auf den ganzen Organismus übertragen lassen. Dann aber, so meinen die Wissenschaftler, haben sie vielleicht ein wichtiges Ziel gefunden, um eine Infektion von vornherein zu verhindern.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 5.10.1999
"Die Tür vor der Nase zugeschlagen" - Spektrum Ticker vom 29.4.1999
"HIV-Therapie für den Rest des Lebens"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 11.3.1999
"Alte Kämpfer mit guten Gedächtnis"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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