Emissionen: Holzöfen müssen sauberer werden
Kaum sinken im winterlichen Deutschland die Temperaturen, legt sich vielerorts ein Schleier aus Rauch über Häuser und Landschaften. Die Schwaden stammen aus den Kaminen der zwölf Millionen Holzöfen. Viele lieben das knisternde Feuer im gemütlichen Wohnzimmer. Doch draußen belastet der Rauch die Atemluft.
Damit könnte bald Schluss sein, denn Holzofenbesitzer müssen zum Jahreswechsel neue Regeln beachten. Zum 31. Dezember 2024 endet eine Übergangsfrist des Bundesimmissionsschutzgesetzes für ältere Holzöfen. Die so genannten Einzelraum-Feuerungsanlagen, die zwischen dem 1. Januar 1995 und dem 22. März 2010 in Betrieb gegangen sind, müssen bis zum Jahresende erstmals bestimmte Abgasgrenzwerte einhalten, sonst droht die Stilllegung. Nur Öfen, die maximal 0,15 Gramm Feinstaub und vier Gramm Kohlenmonoxid pro Kubikmeter Abgas ausstoßen, dürfen weiter betrieben werden. Modernere Holzöfen erfüllen die neuen Anforderungen bereits. Auch Brennkessel, die mit Holzscheiten, Hackschnitzeln, Pellets oder Kohle angefeuert werden und neben warmen Räumen auch warmes Wasser liefern, müssen ab Neujahr bestimmte Grenzwerte einhalten. Allerdings gewährt die Regierung weiterhin zahlreiche Ausnahmen: Für offene Kamine, Grundöfen oder Badeöfen gelten keine neuen Abgasregeln.
Besitzern älterer Holzöfen bleibt also nicht mehr viel Zeit, die neuen Regeln umzusetzen. Sonst bleibt der Ofen künftig aus. Oder es drohen Bußgelder. Doch was bringt die neue Regelung bei so vielen Ausnahmen? Wie lässt sich ein Holzofen am besten umrüsten? Und lässt sich ein Holzofen überhaupt sauber betreiben?
Welche Schadstoffe Holzöfen ausstoßen
Seit Jahren tobt der Streit um die Wohlfühlkamine. Ofenbesitzer pochen auf ihr Recht, mit Holz zu heizen, zumal sie häufig auf dem Land leben und ein kleines Waldstück besitzen. Das Holzfeuer sei die magischste und natürlichste Art des Heizens, argumentieren sie. Holz sei heimisch, nachwachsend, klimafreundlich oder sogar »gesund«, wie der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) einmal behauptete. Gegner hingegen argumentieren, dass die Holzverbrennung die Menschen krank mache, Umwelt und Klima schädige und das Recht auf saubere Luft verletze. Zudem würden wertvolle Wälder abgeholzt.
Die Wissenschaft nähert sich dem Streitthema auf vielen Ebenen. Forscherinnen und Forscher bewerten das Holzfeuer nach forstwissenschaftlichen, chemisch-physikalischen oder auch toxikologischen Kriterien. Die Messung der Schadstoffe ist eine Aufgabe für Chemiker. Eine gute Übersicht über die entstehenden Abgase hat das Schweizer Bundesamt für Umwelt in Bern erstellt. Feinstaub ist dabei das größte Problem der Holzheizungen, das zeigen die Ergebnisse eindeutig. Demnach setzt Holz, wenn es in Öfen oder Kaminen verbrannt wird, durchschnittlich 100 bis 200 Milligramm Feinstaub pro Megajoule frei. Zum Vergleich: Öl- und Gasheizungen emittieren nur 0,1 bis 0,2 Milligramm. Holzheizungen blasen je Wärmeeinheit also 1000-mal mehr Feinstaub in die Luft. Und Mediziner wissen: Feinstaub ist schon bei geringen Konzentrationen gesundheitsschädlich. Je kleiner die Stäube, desto gefährlicher sind sie. Vor allem die besonders winzigen Rußpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern (Feinstaub PM2,5) dringen in die Lunge und sogar in die Lungenbläschen ein und sind deutlich gefährlicher als die größere Fraktion (PM10).
Neben dem Feinstaub stoßen Holzöfen weitere problematische Stoffe aus. Dazu gehören flüchtige organische Verbindungen, kurz VOC. Das sind meist kurzkettige Moleküle, die schnell verdampfen und als Gase entweichen. Es entstehen außerdem langkettige Moleküle, die in der Umgebungsluft zu Feinstaub kondensieren und toxisch wirken. Außerdem entweichen Rußpartikel, an deren Oberfläche sich Schadstoffe wie die Krebs erregenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe anheften, kurz PAK. Die unverbrannten Kohlenwasserstoffe sorgen für den typischen Geruch von Holzfeuer.
Holzöfen auf dem Prüfstand
Anfang 2024 haben Forschende aus Aachen, Frankfurt am Main und Freiburg in einem Verbundprojekt namens TeToxBeScheit ermittelt, wie sich Minderungstechniken auf die Abgase von Holzöfen auswirken – und ob sie Menschen vor den gefährlichen Schadstoffen schützen.
An der RTWH Aachen hat die Umweltingenieurin Lisa Feikus die Emissionen genauer untersucht. Dazu baute sie mit einem Kollegen einen handelsüblichen Wohlfühlkamin mit Ofenrohr im Labor auf und ermittelte, wie elektrostatische Abscheider und Katalysatoren den Schadstoffausstoß des verbrannten Scheitholzes veränderten. Als Testgerät diente den Forschenden ein Ofen des Herstellers Skantherm, Modell Merano. Im Labor feuerten sie ihn an und entnahmen Proben am Ende des acht Meter langen Abgasrohrs. Einen Teil der Proben schickten sie zu den Kollegen in Frankfurt und Freiburg für eine öko- und humantoxikologische Analyse. Die chemisch-physikalische Auswertung des Abgases nahm das Aachener Team selbst vor.
Typprüfungen bilden Realität nicht ab
Der Versuchsaufbau der Aachener Studie unterschied sich deutlich von den Typprüfungen, die Ofenhersteller hier zu Lande für die Zulassung ihrer Produkte durchlaufen müssen. Bei diesen normierten Tests betreiben Profis die Öfen. Sie wissen, wie man Holz richtig verbrennt, ohne dass es zu sehr stinkt und stark raucht, zudem verwenden sie genormtes, trockenes Holz mit bestimmter Feuchte – während in deutschen Wohnzimmern oftmals zu feuchtes Holz verbrannt wird. Die eigentlichen Rauchgasproben entnehmen die Prüfer nicht am Ende des Rohrs, sondern einen Meter über der Brennkammer. Damit messen sie heißes Abgas und nicht den abgekühlten, partikelbeladenen Rauch, der normalerweise aus dem Schornstein herausqualmt. Außerdem ignorieren die Prüfer die Anheizphase, bei der besonders viele Schadstoffe entweichen, und sie dokumentieren die entstehenden Schadstoffe nur in Form von halbstündigen Mittelwerten.
»Die Typprüfungen bilden die realen Emissionen nicht ab«Lisa Feikus, Umweltingenieurin
Die Tests geben die Wirklichkeit in Deutschlands Wohnzimmern also nur bedingt wieder. So sieht das auch Lisa Feikus: »Die Typprüfungen bilden die realen Emissionen nicht ab. Es wird nach Norm gemessen und nicht nach Praxis.« Ein Großteil der Emissionen der Holzöfen, vor allem die besonders dreckigen Brennphasen, werden in den Tests herausgemittelt – oder anders ausgedrückt: kaschiert.
Das Immissionsschutzgesetz löst diese Diskrepanz nicht auf. Den Behörden genügt es, wenn Holzöfen die Grenzwerte der realitätsfremden Prüfung einhalten. Deshalb müssen die Schornsteinfeger die Öfen auch nicht im Betrieb messen, sondern nur das Typenschild ablesen. Die zugehörigen Abgaswerte finden sich in einer Datenbank. Halten die Öfen die Grenzwerte im Prüflabor ein, dürfen sie weiterbetrieben werden. Und falls nicht, muss eine Abgasanlage nachgerüstet werden. Aber bringt das auch was?
E-Abscheider und Katalysator wirken – aber nicht genug
Viel versprechend sind elektrostatische Abscheider. Diese Geräte, die auch Elektrofilter genannt werden, laden die festen Partikel mit einer Hochspannungselektrode im Abgas auf und bewegen sie an die Wand des Ofenrohrs, wo sie haften bleiben. Auf diese Weise reduzieren sie den gesundheitsgefährdenden Feinstaub, der sonst über den Schornstein ins Freie entweicht.
Tatsächlich stellten sich E-Abscheider im Aachener Labor als sehr wirksam heraus: Sie senkten die Anzahl der Partikel im Abgas um 95 Prozent; und auch der Ausstoß der besonders gefährlichen lungengängigen Feinstäube ging stark zurück. Das ist zwar eine enorme Verbesserung, allerdings emittiert selbst ein Ofen mit einer solchen Abgasbehandlung noch immer deutlich mehr Feinstaub als Gas- und Ölheizungen. Die Geräte lindern das Problem zwar, lösen es aber nicht.
Ausgesprochen vorteilhaft ist es, wenn der E-Abscheider am Ende des Ofenrohrs installiert ist. Zusammen mit den Rußpartikeln scheidet er dann auch die Schadstoffe ab, die durch die Abkühlung entlang der Abgasstrecke auf den Partikeln kondensieren. Das bedeutet: Das Abgas wird weniger toxisch, je weiter der Abscheider von der Ofenkammer entfernt liegt.
Allerdings zeigte sich beim E-Abscheider ein unerwarteter negativer Effekt: Sein Einsatz erhöht die Konzentration von giftigen flüchtigen Kohlenwasserstoffen, während der Anteil von langkettigen, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen sinkt. Die Forschenden erklären den Effekt damit, dass der E-Abscheider die langkettigen Verbindungen crackt, wodurch viele kurzkettige entstehen. Alles in allem überwiege aber der positive Effekt des E-Abscheiders, sagt Lisa Feikus. Er sei unverzichtbar, um Holzöfen sauberer zu machen.
Die Kombination aus Katalysator und Abscheider stellte sich als die wirksamste Methode heraus, um die Schadstoffe zu mindern
Um auch die übrigen gasförmigen Schadstoffe zu reduzieren, installierte Feikus’ Team zudem einen Katalysator oberhalb der Brennkammer, der die giftigen Kohlenwasserstoffe sehr effektiv in ungiftige Verbindungen umwandelt. Die Kombination aus Katalysator und Abscheider stellte sich am Ende als die wirksamste Methode heraus, um die Schadstoffe zu mindern. Zusammen seien sie geeignet, um Mensch und Umwelt vor schädlichen Abgasen zu schützen, lautete auch das Fazit der Toxikologen aus Frankfurt und Freiburg.
Abgasfilter von Autos als Vorbild
Achim Dittler reicht das nicht. Der Ingenieur ist Professor für Mechanische Verfahrenstechnik am Karlsruher Institut für Technologie und forscht seit Jahren zur Gasreinigung und Luftreinhaltung. Er geht nicht davon aus, dass sich die Luftqualität in Deutschlands Wohngebieten nach Ablauf der Übergangsregelung für ältere Öfen nennenswert verbessern wird, und begründet das mit den vielen Ausnahmen im Gesetz und mit den im Realbetrieb viel zu hohen Emissionen. Denn auch moderne Öfen stoßen große Mengen an Schadstoffen aus, wenn das Holz darin falsch verbrannt wird. Kritisch sieht er dabei insbesondere die lungengängigen Feinstäube, die unverbrannten Kohlenwasserstoffe sowie unzählige Rußpartikel. Letztere seien in Deutschland weitgehend unreguliert.
»Oftmals ist die Nachrüstung teurer als der günstige Baumarktofen«Achim Dittler, Verfahrenstechniker
Dittler findet es unverständlich, warum der Gesetzgeber bei Holzöfen nicht dieselben Maßstäbe ansetzt wie bei Autos. Dieselpartikelfilter mindern die Partikelemissionen im Abgas moderner Diesel drastisch. Auch Benziner verfügen heute über wirksame Oberflächenfilter. Solche geschlossenen Filterlösungen senken allerdings der Druck im Abgas. Um sie im Schornstein von Holzöfen anwenden zu können, müsste beispielsweise ein zusätzliches Gebläse installiert werden – ein großer technischer Eingriff. An vielen Gebäuden wäre das nicht machbar, zudem wäre es teuer. Allein ein E-Abscheider kostet einen vierstelligen Betrag. »Oftmals ist die Nachrüstung teurer als der günstige Baumarktofen«, sagt Dittler. Hinzu kommen die Kosten für Einbau und Wartung.
Die aktuellen Bemühungen, das Heizen mit Holz sauberer zu machen, reichen Achim Dittler also nicht aus. Nach wie vor regulierten oder überwachten die Behörden nicht, welche Abgase ein Ofen im Betrieb tatsächlich ausstößt – weder im Neubau noch im Bestand. Im Privatbereich plädiert er deshalb dafür, den Betrieb von Komfortöfen in dicht besiedelten Wohngebieten zu verbieten. Und in Neubaugebieten sollten erst gar keine Holzfeuerungen in Wohnhäusern mehr installiert werden – so wie es die Stadt Aschaffenburg in einem Neubaugebiet vorschreibt. Einzig bei Blockheizkraftwerken mit ihrer hochwirksamen Abgasreinigung hält der Experte das Heizen mit Holz für einigermaßen vertretbar. Am besten wäre es aber seiner Einschätzung nach, die Öfen blieben für immer aus.
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