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Viren: Endet die Ebola-Epidemie im Kongo?

Immer weniger Menschen stecken sich mit dem Virus an, doch in die Hoffnung mischen sich immer wieder Rückschläge. Misstrauen und Gewalt gefährden das Erreichte.
Ausgang eines Ebola-Behandlungszentrums

Der vergangene Montag, der 3. Februar, war ein Tag der guten Nachrichten im Kongo: Kein einziger Mensch starb an jenem Tag an Ebola, und niemand wurde krank. Das Ende der Epidemie scheint greifbar nahe. Doch wann es kommt, ist unklar. Immerhin: Seit August 2019 gibt es immer weniger neu Erkrankte. In 27 betroffenen Regionen traten seit mindestens 21 Tagen keine neuen Fälle auf, lediglich in zwei weiteren gab es in der Vorwoche insgesamt sechs neue Erkrankungen, berichtet die Weltgesundheitsorganisation. Noch im August waren es über 50 pro Woche.

Besser noch: Bei fünf der sechs neuen Kranken weiß man, wo sie sich angesteckt haben. Solche bekannten Ansteckungsketten unterbrechen die Seuchenschutzteams durch Impfungen und indem sie angesteckte Kontaktpersonen isolieren. Mit diesen Maßnahmen gelang es in den letzten Monaten, nach und nach alle Ausbrüche in den Provinzen Ituri und Süd-Kivu sowie in großen Teilen von Nord-Kivu zu beenden.

Den guten Nachrichten stehen Rückschläge und Probleme gegenüber. Der sechste Kranke, der seine Infektion aus zuvor unbekannter Quelle bekam, macht den Fachleuten Sorgen. Er steht für jenes zentrale Problem der Ebola-Bekämpfung, das bis heute nicht zufriedenstellend gelöst ist: Nicht immer lassen sich alle identifizieren, mit denen der Erkrankte Kontakt hatte. Dabei ist gerade das entscheidend für den Erfolg der Maßnahmen.

Misstrauen und Gewalt

Das liegt zum einen daran, dass die lokale Bevölkerung und die von der Zentralregierung in Kinshasa gesandten Seuchenschützer nicht gut zusammenarbeiten. Das Ansehen der Regierung ist schlecht, ihre Institutionen sind im Ebola-Gebiet kaum präsent. Ein noch größeres Problem sind die bewaffneten Rebellengruppen. »Die technischen Mittel, um die Epidemie zu beenden, sind vorhanden«, erklärt Mathias Borchert vom Robert Koch-Institut, der selbst während der Epidemie in der Demokratischen Republik Kongo unterwegs war. »Alles hängt jetzt davon ab, ob es gelingt, die bewaffneten Milizen zu befrieden oder zumindest zurückzudrängen.«

Befördert durch Gewalt und Misstrauen verbreiten sich Gerüchte und Desinformation. Fachleute stellten zum Beispiel fest, dass in den Monaten September und Oktober 2018 insgesamt 13 Prozent aller Nachrichten in acht untersuchten Whatsapp-Gruppen Desinformation über Ebola enthielten. Wegen solcher Irreführung, aber auch wegen realer Vorfälle meiden viele potenziell Infizierte die Behandlungszentren, so dass immer wieder Menschen den Erreger weitertragen.

Ihr Misstrauen gegenüber der Regierung, unter deren Leitung die Ebola-Epidemie bekämpft wird, lässt Kranke auch sehr lange zögern, bevor sie sich behandeln lassen. Im Durchschnitt vergehen nach Ausbruch der Krankheit mehrere Tage, in denen sich andere Menschen anstecken können und die Viren womöglich ganz woanders wieder auftauchen.

Das größte Hindernis aber ist ein anderes: Gewalt. Bereits im November schien es, als sei die Epidemie, die inzwischen über 2200 Menschenleben gefordert hat, besiegt. Nur vier neue Fälle registrierte das Land in einer Woche. Doch am 28. November überfielen Bewaffnete die Unterkünfte und Büros mehrerer Seuchenteams, töteten vier Mitarbeiter und zwangen Dutzende andere zur Flucht. In der Woche danach infizierten sich mehr als 20 Menschen mit dem Erreger.

Seit Dezember geht die Zahl der Neuinfektionen wieder zurück. Doch die Angriffe hatten langfristige Folgen. Die Teams sind nun in sichere Regionen zurückgezogen worden, müssen lange Strecken zu den Infizierten reisen und haben wenig Zeit, Kontakte zu finden und zu impfen. Wer mit den Teams zusammenarbeitet, geht ebenfalls ein Risiko ein. Immer wieder werden Menschen, die öffentlich für die Bekämpfung der Seuche werben, bedroht und angegriffen.

Technik allein hilft nicht weiter

Bewaffnete Wachen zur Sicherung der Ebola-Bekämpfung abzustellen, ist unter Fachleuten umstritten. »Der naheliegende Schluss: Wir werden angegriffen, also müssen wir uns verteidigen, ist zu kurz gedacht«, sagt Borchert. »Wir müssen versuchen zu verhandeln.« Nicht nur, weil das Misstrauen gegenüber der Zentralregierung und ihrer Armee groß ist. Infizierte mit vorgehaltener Waffe wie Gefangene abzuführen, macht die Teams erst recht zur Zielscheibe von Angriffen.

Außerdem wäre dadurch das ohnehin angeschlagene Vertrauen in die Seuchenfachleute und ihre Motive vollends zerstört. Doch das sei gerade der entscheidende Punkt, erklärt der Arzt und Epidemiologe. »Aller technische Fortschritt, den wir in den letzten Jahren erlebt haben, bringt nicht viel, wenn es nicht gelingt, die Bevölkerung auf unsere Seite zu bekommen.«

Dass viele Menschen in der von Ebola betroffenen Region sehr gemischte Gefühle für die Maßnahmen gegen das Virus haben, liegt keineswegs nur an Social-Media-Gerüchten oder der Propaganda der Rebellengruppen. Die geballte Reaktion auf die Ebola-Epidemie steht im krassen Gegensatz zur Untätigkeit, mit der Weltgemeinschaft und Zentralregierung anderen, im Zweifel viel ernsteren Problemen der Region begegnen.

Das wirft Fragen auf: Warum schützen Polizisten die Ebola-Teams, aber nicht die Zivilbevölkerung vor den Angriffen der Milizen? Wo ist die internationale Gemeinschaft, wenn in der Demokratischen Republik Kongo Zigtausende an Malaria oder Durchfall erkranken oder schlicht nicht genug zu essen haben? Die Menschen wissen außerdem: Es geht nicht um ihre Gesundheit. Der Rest der Welt schützt bloß sich selbst. Nach Ebola sind sie wieder allein.

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