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News: Express-Alarmschläger

Massive DNA-Schäden müssen in unseren Zellen möglichst schnell repariert werden, um weitreichendere Folgen zu verhindern. Für prompte Sofortmaßnahmen bedienen sich Zellen bislang nicht gekannter Kniffe.
Krebs wird viel zu häufig erst dann erkannt, wenn der Abwehrkampf des Körpers gegen ihn bereits verloren ist. Zum Glück aber gewinnt die körpereigene Zellabwehr noch viel häufiger den Kampf gegen Krebs, bevor er richtig beginnen konnte. Zahlreiche Systeme des Körpers arbeiten ständig daran, Bedrohungen aus der Umwelt abzuwehren und sorgen dafür, dass erkannte, potenziell krebserregende Schäden schnellstmöglich repariert werden.

Eine der in den Zellen des Körpers patrollierende Aufklärungseinheit ist die Protein-Kinase ATM. ATM schlägt Alarm, sobald sich in der DNA Doppelstrangbrüche (DSBs) zeigen – wenn also gleich beide der Zucker-Phosphat-Holme der DNA-Leiter durchbrochen sind. Solche DSBs, die beispielsweise unter dem Einfluss harter Strahlung entstehen, stellen eine ernste Gefahr für die Zelle dar: Falls der Schaden nicht sofort behoben wird, kann er die Chromosomenstruktur krankhaft verändern, bei Zellteilungen weitergeben werden und Erbkrankheiten und Krebsgeschwüre entstehen lassen. Deutlich wir dies etwa bei Patienten, die an der erblichen Ataxie-Telangiektasie leiden: Ihnen fehlt das DSB erkennende ATM-Enzym, womit dieses körpereigene Frühwarnsystem außer Kraft gesetzt ist. Die Betroffenen sind erheblich anfälliger gegenüber schädlichen Strahlen, und ihr Krebsrisiko steigt enorm an.

Bekannt ist, dass funktionsfähige ATM-Kinasen verschiedene andere Reparatursysteme alarmieren, sobald sie einen DSB erkennen. Beispielsweise phosphorylieren und aktivieren sie die in der Krebsbekämpfung wohlbekannten Proteine BRCA1 und p53. Die damit eingeleiteten Abwehrmaßnahmen verlangsamen dann die Teilungsrate betroffener Zellen, starten eine grundlegende DNA-Reparatur oder stürzen die Zellen, falls ihre Lage hoffnungslos geworden ist, zum Wohle des Gesamtorganismus in den selbstlosen Freitod.

Michael Kastan und Christopher Bakkenist vom St. Jude Children's Hospital untersuchten nun, was eigentlich die alarmschlagende Form der ATM-Kinase von der zuvor ruhig patrollierenden, inaktiven Version des Enzyms unterscheidet. Wie sich zeigte, liegen inaktive ATM-Proteine stets paarweise als Dimer vor – wodurch verhindert wird, dass sie ihre aktivierende Phosphatgruppe auf die nachfolgenden Teilnehmer der zellulären Alarmkette übertragen können. Erst nachdem ein DNA-Schaden erkannt ist, kommt Bewegung in die Sache: Die Proteine übertragen eine weitere Phosphatgruppe auf eine spezielle Aminosäure-Andockposition ihres Dimerpartners, lösen sich daraufhin voneinander und beginnen die Reparaturverantwortlichen zu alarmieren.

Mit einem Antikörper-Marker, der allein die aktive ATM-Form sichtbar macht, zeigten die Forscher, dass schon zwei DSBs in der DNA den ATM-Alarm auslösen – eine erstaunlich sensible Reaktion, die zudem innerhalb weniger Minuten verblüffend schnell erfolgt. Die nahezu unheimliche Reaktionsschnelligkeit des Systems legt nahe, das es nicht – wie andere DNA-Reparaturenzyme – einem Bahnwärter gleich die Gleise der DNA-Kette systematisch nach Schwachstellen durchsucht. Schließlich scheint es schier unmöglich, dass die ATM-Kontrolleure innerhalb so kurzer Zeit immer den Abschnitt des zelleigenen DNA-Gewirrs patrollieren, in dem gerade ein fataler DNA-Bruch entstanden ist.

Die Forscher gehen daher davon aus, das DSBs eher indirekt auf sich aufmerksam machen – etwa, indem sie die äußere Form oder die Dichte des im Zellkern verpackten DNA-Wollknäuels, die Chromatinstruktur, lokal begrenzt und äußerlich erkennbar verändern. Tatsächlich scheinen nach ersten Erkenntnissen der Forscher solche lokalen Veränderungen der Chromatinstruktur mit DSBs einherzugehen. Neben solchen Strukturänderungen scheinen allerdings noch weiter Rädchen am Uhrwerk des ATM-Alarms beteiligt zu sein.

Soweit "eine exzellente Arbeit", kommentiert Jiri Bartek von der Danish Cancer Society – und wirft gleich ein Dutzend neuer Anschlussfragen auf. Immerhin aber könnten die Erkenntnisse schneller als üblich zu direkten medizinischen Anwendungen führen. Die auf aktives ATM ansprechenden Antikörper könnten etwa in einem Schnelltest eine in den Zellen ausgelöste DSB-Notfallreparatur sichtbar machen. Solch ein Warnsystem würde helfen, bei Strahlenschäden von Arbeitern in Strahlenhochrisikobereichen raschere Reaktionen einleiten zu können.

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