Blitze: Fruchtbarer Einschlag
Tödliche Hochspannung und zündender Funke: Blitze machen vielen Menschen Angst. Bakterien hingegen erleichtern sie die Existenz - und das wohl schon von Anbeginn allen Lebens.
1,4 Milliarden – so viele Blitze durchzucken Jahr für Jahr den Himmel auf Erden: 44 in jeder Sekunde. Allein in Deutschland sind es jedes Jahr um die zwei Millionen Entladungen, wobei jeder Quadratkilometer zwischen 0,5 und 10 Einschläge jährlich hinnehmen muss. Und das, obwohl überhaupt nur jeder zehnte Blitz die Erdoberfläche erreicht. Verglichen mit dem kleinen Dorf Kifuka im Kongo ein läppischer Wert: Dort schlagen pro Jahr und Quadratkilometer 158 der Funken ein – Weltrekord!
Die Energie reicht aus, um verschiedene chemische Reaktionen in der Atmosphäre und am Einschlagsort in Gang zu setzen: Vor einigen Jahren hat beispielsweise Renyi Zhang von der Texas A & M University in College Station gemessen, dass Blitze bisweilen mehr Stickoxide und Ozon in der Troposphäre erzeugen als der Mensch mit seinen Abgasen [1]: Bis zu 90 Prozent der Stickoxide und ein Drittel des Ozons stammen an manchen Orten aus dem atmosphärischen Funkenflug – über das Jahr hinweg beträgt der Anteil immerhin noch ein Zwanzigstel. Zugleich schaffen die Blitze aber auch Sauerstoffradikale, die als waschaktive Substanzen die Luft wieder reinigen.
Doch die entstandenen Blitzverglasungen sind nicht nur eine petrologische Besonderheit, sie liefern noch viel mehr, wie nun Matthew Pasek von der University of Arizona in Tucson und Kristin Block von der University of South Florida in Tampa herausgefunden haben [2]: leicht verdaulichen Dünger für hungrige Bakterien.
Vielen Böden mangelt es an frei verfügbaren Phosphorverbindungen und damit an wichtigen Nährelementen, denn diese sind schlecht löslich und werden nur langsam bei der Verwitterung von Gesteinsmaterial freigesetzt. Sie kommen vor allem in Form von Phosphaten vor, die Bakterien und andere Lebewesen am Anfang der Nahrungskette kaum aufschließen können – ganz im Gegensatz zu den Phosphiten und Hypophosphiten, die noch nicht vollständig oxidiert wurden. Doch wie kommen die Mikroben an diesen Stoff, wenn er doch in ihrem Ökosystem quasi nicht vorkommt?
Zwei mögliche Wege führen dabei zur erwünschten Bakteriensubvention: Fährt der Blitz in den Boden, schlägt seine ungeheure Energie eines der ansonsten fest im Phosphat gebundenen vier Sauerstoffatome aus der Verbindung und reduziert es damit zu Phosphit. Oder aber er befördert sogleich den gesamten Sauerstoff aus dem Gefüge und produziert dadurch ein Phosphid, das nur noch aus Eisen oder Nickel und Phosphor besteht. Anschließend reagiert dieses Mineral mit Wasser, wobei es wieder oxidiert wird, allerdings in geringerem Umfang. Sie bilden die Fulgurite mit kleinerem Phosphorgehalt.
Bis zu 3000 Kilogramm Phosphite könnten durch die Blitze jedes Jahr entstehen, kalkulieren die Forscher – eigentlich nicht viel angesichts eines biogeochemischen Phosphorkreislaufs, der während dieser Zeit die 100 000-fache Menge umsetzt. Zumindest lokal aber wie im gewitterreichen Kongo, im Südosten der USA oder in Teilen Kolumbiens könnte der Vorgang einen erklecklichen Teil des Nährstoffs verfügbar machen.
Vor allem wird die enorme Stromstärke gefürchtet, die der Blitz bei der Entladung freisetzt: Negativblitze etwa, bei denen negative Ladung von der Wolkenunterseite zum Boden schießt, zucken mit 20 000 Ampere über den Himmel – sie machen 95 Prozent aller Blitze aus. Noch heftiger wird es, wenn sich der seltene Positivblitz entlädt: Er lässt 300 000 Ampere zur Erdoberfläche strömen. Zum Vergleich: Durch eine Glühbirne fließt ein Strom von rund einem Ampere. Zugleich heizt sich die Luft im unmittelbaren Umfeld des Blitzkanals auf bis zu 30 000 Grad Celsius auf, was diese schlagartig ausdehnt – der Donner entsteht.
Die Energie reicht aus, um verschiedene chemische Reaktionen in der Atmosphäre und am Einschlagsort in Gang zu setzen: Vor einigen Jahren hat beispielsweise Renyi Zhang von der Texas A & M University in College Station gemessen, dass Blitze bisweilen mehr Stickoxide und Ozon in der Troposphäre erzeugen als der Mensch mit seinen Abgasen [1]: Bis zu 90 Prozent der Stickoxide und ein Drittel des Ozons stammen an manchen Orten aus dem atmosphärischen Funkenflug – über das Jahr hinweg beträgt der Anteil immerhin noch ein Zwanzigstel. Zugleich schaffen die Blitze aber auch Sauerstoffradikale, die als waschaktive Substanzen die Luft wieder reinigen.
Auch am Einschlagsort verändert der Stromstoß die physikalischen, chemischen und morphologischen Eigenschaften des Substrats – Blitzröhren sind dafür ein markantes Beispiel: Jagt der Blitz in den Boden, verschmelzen seine immer noch extrem hohen Temperaturen von mehr als 2200 Grad Celsius Sandkörner oder Gestein zu so genannten Fulguriten. Sie können bis zu mehrere Meter lang werden und verzweigen sich an ihren Enden, da die elektrische Ladung der Feuchtigkeit oder Wurzeln folgt.
Doch die entstandenen Blitzverglasungen sind nicht nur eine petrologische Besonderheit, sie liefern noch viel mehr, wie nun Matthew Pasek von der University of Arizona in Tucson und Kristin Block von der University of South Florida in Tampa herausgefunden haben [2]: leicht verdaulichen Dünger für hungrige Bakterien.
Vielen Böden mangelt es an frei verfügbaren Phosphorverbindungen und damit an wichtigen Nährelementen, denn diese sind schlecht löslich und werden nur langsam bei der Verwitterung von Gesteinsmaterial freigesetzt. Sie kommen vor allem in Form von Phosphaten vor, die Bakterien und andere Lebewesen am Anfang der Nahrungskette kaum aufschließen können – ganz im Gegensatz zu den Phosphiten und Hypophosphiten, die noch nicht vollständig oxidiert wurden. Doch wie kommen die Mikroben an diesen Stoff, wenn er doch in ihrem Ökosystem quasi nicht vorkommt?
Des Rätsels Lösung scheinen die Blitze zu sein, meinen die beiden Geowissenschaftler: Die Hälfte der von ihnen untersuchten Fulgurite aus verschiedenen Teilen der Welt beinhaltete auch Phosphite – während in den Böden, aus denen sie gegraben wurden, nur Phosphate vorkamen. Bis zu zwei Drittel konnte der Anteil der reduzierten Phosphorverbindungen am gesamten Gehalt des Nährelements in den Blitzröhren ausmachen – eine durchaus beachtliche Menge in einem entsprechend armen Umfeld.
Zwei mögliche Wege führen dabei zur erwünschten Bakteriensubvention: Fährt der Blitz in den Boden, schlägt seine ungeheure Energie eines der ansonsten fest im Phosphat gebundenen vier Sauerstoffatome aus der Verbindung und reduziert es damit zu Phosphit. Oder aber er befördert sogleich den gesamten Sauerstoff aus dem Gefüge und produziert dadurch ein Phosphid, das nur noch aus Eisen oder Nickel und Phosphor besteht. Anschließend reagiert dieses Mineral mit Wasser, wobei es wieder oxidiert wird, allerdings in geringerem Umfang. Sie bilden die Fulgurite mit kleinerem Phosphorgehalt.
Bis zu 3000 Kilogramm Phosphite könnten durch die Blitze jedes Jahr entstehen, kalkulieren die Forscher – eigentlich nicht viel angesichts eines biogeochemischen Phosphorkreislaufs, der während dieser Zeit die 100 000-fache Menge umsetzt. Zumindest lokal aber wie im gewitterreichen Kongo, im Südosten der USA oder in Teilen Kolumbiens könnte der Vorgang einen erklecklichen Teil des Nährstoffs verfügbar machen.
Und andere hochenergetische Ereignisse scheinen seine Bildung ebenfalls zu begünstigen: Meteoriteneinschläge etwa. Die daraus hervorgehenden glasigen Schmelzen namens Tektit beinhalten ebenfalls Phosphid, die Vorstufe des Phosphits. Während des schweren Bombardements vor etwa 4,2 Milliarden Jahren prasselten so viele Brocken aus dem All auf die Erde, dass die Forschung davon ausgeht, sie hätten für geraume Zeit nachhaltig den Chemismus der Stoffkreisläufe beeinflusst, bevor das Leben auf unserem Planeten überhaupt begann. Und womöglich haben diese Energiestöße überhaupt erst unsere Existenz ermöglicht, vermutet Pasek – weil sie die ersten Erdbewohner mit Phosphor für ihre RNA und DNA versorgt hatten: die Baupläne des Lebens.
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