News: Ganz normale Extremisten
Nicht nur in ihrem Standort, sondern auch unter Ökologen fristeten die Archaea bisher ein Nischendasein. Sie waren interessant für ihre Anpassungen an Extrembiotope, eine weite Verbreitung wurde ausgeschlossen. Jetzt haben drei Biologen den größten zusammenhängenden Lebensraum der Erde unter die Lupe genommen: das freie Wasser des Meeres. Bis zu einer Tiefe von 4750 Meter durchforsteten Markus Karner und David Karl von der University of Hawaii sowie Edward DeLong vom Monterey Bay Aquarium Research Institute die Wassersäule im Nordpazifik. Mit ribosomaler RNA als Marker konnten sie ihre Proben den Bacteria sowie den Untergruppen der Archaea – Euryarchaeota und Crenarchaeota – zuordnen.
Zu ihrer Überraschung fanden sie einen erstaunlich hohen Anteil an Archaea im Freiwasser. Nach ihren Hochrechnungen leben im Ozean schätzungsweise 3,1 x 1028 Bakterienzellen zusammen mit 1,3 x 1028 Archaea, wobei der größte Anteil zu den Crenarchaeota gehört.
Die merkwürdigen Extremisten verlassen damit ihr Nischendasein. "Als eine dominante Komponente des Ozeans sind Archaea weit davon entfernt, sich nur auf extreme Nischenhabitate zu beschränken", betonen die Forscher. "Vielmehr lässt die Verteilung der Archaea darauf schließen, dass sie sich aufgrund einer allgemeinen Anpassungstrategie nahezu über die gesamte Wassersäule ausbreiten konnten." Ihre Entdeckung zeigt, so David Karl, "unsere grundsätzliche Unkenntnis über den Planeten, auf dem wir leben."
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