Ökotoxikologie: Giftiger Kreislauf
Aus Spiegeln, Thermometern und sogar aus Zahnfüllungen hat man Quecksilber schon verbannt oder ist auf dem besten Weg dazu. Doch das sind nur kleine Quellen: Verbrannte Kohle setzt viel mehr des Flüssigmetalls frei. Über die Luft gelangt es in die Meere und reichert sich in Fischen an. Drohen neue Vergiftungsfälle?
Minamata heißt das Schreckgespenst, das die gleichnamige japanische Küstenstadt Mitte der 1950er Jahre heimgesucht hat. Schleichend litten immer mehr ihrer Bewohner unter Müdigkeit oder Kopf- und Gliederschmerzen, die sich bald zu Bewegungsstörungen, Lähmungen und Psychosen auswuchsen. In schweren Fällen fielen sie ins Koma oder starben gar: Am Ende zählten die Chronisten offiziell knapp 1800 Tote, doch gehen Mediziner heute von mindestens 17 000 Betroffenen und 3000 Opfern aus, die an der anfänglich sehr mysteriösen Krankheit verstarben.
Bei ihren Untersuchungen vor Ort bemerkten Forscher der Kumamoto-Universität, dass vor allem die Familien von Fischern unter den Symptomen litten – und dass deren Katzen ähnliche Ausfallerscheinungen zeigten und vielfach verendeten. Da beide Gruppen Fisch beziehungsweise Fischabfälle aßen, gab es für die Wissenschaftler nur einen Schluss: Die Menschen und ihre Haustiere vergifteten sich über ihre Nahrung mit einer Substanz, die das Nervensystem zerstört und die Betroffenen bei ausreichender Konzentration tötet. Der Schuldige war in der Folge rasch ausgemacht: Quecksilber, das mit den Abwässern eines Chemiekonzerns in die Meeresbucht geleitet wurde, wo es sich in der Nahrungskette mit letztlich fatalen Konsequenzen anreicherte.
Bis heute gilt Minamata – neben Seveso oder Bhopal – als eine der schlimmsten Umweltkatastrophen, die durch die chemische Industrie verursacht wurden, und viele Anstrengungen wurden unternommen, um das giftige Flüssigmetall in der industriellen Produktion zu ersetzen. In Energiesparlampen, beim Goldabbau oder in der Elektrolyse findet es aber immer noch mannigfaltige Verwendung – ganz zu schweigen von den Mengen, die beim Verfeuern von Kohle oder der Brandrodung von Tropenwäldern freikommen: Schätzungen reichen bis zu jährlich 7000 Tonnen, die neu in den globalen Umlauf gelangen.
Sorge bereitet den Geochemikern allerdings weniger das elementare Quecksilber selbst oder dessen anorganische Verbindungen, die sich im Pazifik niederschlagen, sondern vielmehr das Methylquecksilber – eine metallorganische Substanz, die schlecht wasserlöslich ist, sich aber leicht im Fettgewebe anreichert. Ein knappes Drittel des gesamten im Pazifischen Ozean vorhandenen Quecksilbers liegt den Messungen zufolge mittlerweile in dieser Form vor, und der Anteil wächst.
Verhängnisvoll scheint dabei vor allem ein Zusammenhang zu sein, den Sunderlands Team als Erstes entdeckte, den es aber noch nicht im Detail entschlüsseln konnte: Ein beträchtlicher Anteil des Methylquecksilbers stammt nicht aus Abwässern, wie bislang vermutet, er bildet sich vielmehr im Meer selbst. Absinkendes totes Plankton bietet demnach Mikroben ein Substrat und eine Reaktionsoberfläche, auf der sie Quecksilberionen freisetzen und zu methylierten Verbindungen weiterverarbeiten. Aufsteigende Strömungen treiben diese Substanzen an anderer Stelle wieder nach oben, wo Meeresorganismen sie aufnehmen und im Lauf der Zeit anreichern. Schon frühere Studien hatten gezeigt, dass sich die toxische Substanz im Pazifik dort am höchsten konzentriert, wo auch das Algenwachstum besonders rege ausfällt.
Am Ende landet das Gift schließlich wieder beim ursprünglichen Erzeuger: dem Menschen. Allein 40 Prozent des gesamten Quecksilbers, das die US-Bevölkerung jährlich aufnimmt, gelangt über verzehrte Tunfische aus dem Pazifik in den Körper. Die US-Umweltbehörde mahnt deshalb, dass Schwangere und kleine Kinder auf den Genuss der besonders belasteten Gruppen wie Tun, Hai, Schwertfisch oder Makrele tunlichst verzichten sollten, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden. Aber auch alle anderen sollten Dauerkonsum von besonders fetthaltigem Meeresgetier vermeiden: Der am stärksten mit Quecksilber belastete Fischer in Minamata wies eine Konzentration von über 700 ppm (parts per million) in seinem Körper auf – der Landesdurchschnitt lag bei 4 ppm.
Bei ihren Untersuchungen vor Ort bemerkten Forscher der Kumamoto-Universität, dass vor allem die Familien von Fischern unter den Symptomen litten – und dass deren Katzen ähnliche Ausfallerscheinungen zeigten und vielfach verendeten. Da beide Gruppen Fisch beziehungsweise Fischabfälle aßen, gab es für die Wissenschaftler nur einen Schluss: Die Menschen und ihre Haustiere vergifteten sich über ihre Nahrung mit einer Substanz, die das Nervensystem zerstört und die Betroffenen bei ausreichender Konzentration tötet. Der Schuldige war in der Folge rasch ausgemacht: Quecksilber, das mit den Abwässern eines Chemiekonzerns in die Meeresbucht geleitet wurde, wo es sich in der Nahrungskette mit letztlich fatalen Konsequenzen anreicherte.
Bis heute gilt Minamata – neben Seveso oder Bhopal – als eine der schlimmsten Umweltkatastrophen, die durch die chemische Industrie verursacht wurden, und viele Anstrengungen wurden unternommen, um das giftige Flüssigmetall in der industriellen Produktion zu ersetzen. In Energiesparlampen, beim Goldabbau oder in der Elektrolyse findet es aber immer noch mannigfaltige Verwendung – ganz zu schweigen von den Mengen, die beim Verfeuern von Kohle oder der Brandrodung von Tropenwäldern freikommen: Schätzungen reichen bis zu jährlich 7000 Tonnen, die neu in den globalen Umlauf gelangen.
In der Atmosphäre zirkuliert also immer noch genügend Quecksilber, das sich wieder in Ökosystemen und deren Nahrungsnetzen anreichern kann – etwa im Pazifik, wie Elsie Sunderland von der Harvard University warnt: Seit 1987 hat sich die Konzentration des Metalls über das gesamte Meeresbecken hinweg betrachtet annähernd verdoppelt. Angesichts des starken Wirtschaftswachstums in Asien, das in China vor allem durch Energie aus Kohle befeuert wird, schließen Sunderland und ihre Kollegen eine weitere Verdoppelung bis 2050 bei den gegenwärtigen Emissionsraten nicht aus.
Sorge bereitet den Geochemikern allerdings weniger das elementare Quecksilber selbst oder dessen anorganische Verbindungen, die sich im Pazifik niederschlagen, sondern vielmehr das Methylquecksilber – eine metallorganische Substanz, die schlecht wasserlöslich ist, sich aber leicht im Fettgewebe anreichert. Ein knappes Drittel des gesamten im Pazifischen Ozean vorhandenen Quecksilbers liegt den Messungen zufolge mittlerweile in dieser Form vor, und der Anteil wächst.
Verhängnisvoll scheint dabei vor allem ein Zusammenhang zu sein, den Sunderlands Team als Erstes entdeckte, den es aber noch nicht im Detail entschlüsseln konnte: Ein beträchtlicher Anteil des Methylquecksilbers stammt nicht aus Abwässern, wie bislang vermutet, er bildet sich vielmehr im Meer selbst. Absinkendes totes Plankton bietet demnach Mikroben ein Substrat und eine Reaktionsoberfläche, auf der sie Quecksilberionen freisetzen und zu methylierten Verbindungen weiterverarbeiten. Aufsteigende Strömungen treiben diese Substanzen an anderer Stelle wieder nach oben, wo Meeresorganismen sie aufnehmen und im Lauf der Zeit anreichern. Schon frühere Studien hatten gezeigt, dass sich die toxische Substanz im Pazifik dort am höchsten konzentriert, wo auch das Algenwachstum besonders rege ausfällt.
Am Ende landet das Gift schließlich wieder beim ursprünglichen Erzeuger: dem Menschen. Allein 40 Prozent des gesamten Quecksilbers, das die US-Bevölkerung jährlich aufnimmt, gelangt über verzehrte Tunfische aus dem Pazifik in den Körper. Die US-Umweltbehörde mahnt deshalb, dass Schwangere und kleine Kinder auf den Genuss der besonders belasteten Gruppen wie Tun, Hai, Schwertfisch oder Makrele tunlichst verzichten sollten, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden. Aber auch alle anderen sollten Dauerkonsum von besonders fetthaltigem Meeresgetier vermeiden: Der am stärksten mit Quecksilber belastete Fischer in Minamata wies eine Konzentration von über 700 ppm (parts per million) in seinem Körper auf – der Landesdurchschnitt lag bei 4 ppm.
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