News: Heiße Männer, kalte Frauen
Doch wie ist das bei lebendgebärenden Echsen, bei denen sich die Jungen im Leib der Mutter entwickeln und deren Geschlecht offensichtlich nicht genetisch festgelegt wird? Schließlich regulieren die wechselwarmen Tiere ihre Körpertemperatur über Sonnenbäder, was zu relativ gleichmäßig hohen Temperaturen während der Trächtigkeit führt.
Kylie Robert und Michael Thompson von der University of Sydney wählten Eulamprus tympanum als Versuchstier. Der mittelgroße Skink lebt in den Bergregionen Südost-Australiens und weist keine äußerlich unterscheidbaren Geschlechtschromosomen auf. Die Forscher hielten trächtige Weibchen bei verschiedenen Temperaturen und stellten dann über Betasten des Hemipenis und Gewebeproben der Gonaden von Neugeborenen das Geschlecht der Jungtiere fest.
Der Zusammenhang zwischen Umgebungstemperatur und Geschlechtsbestimmung erwies sich als hoch signifikant, wobei umso mehr Männchen schlüpften, je wärmer es war. Hatten die Mütter in spe gar freie Wahl, hielten sie ihre Körpertemperatur konstant auf etwa 32 Grad Celsius – und brachten nur noch männliche Nachkommen zur Welt.
In der freien Natur hingegen ist das Verhältnis von Männchen zu Weibchen gleich. Wie die trächtigen Tiere dort ihre Temperatur regulieren, um diese Verteilung aufrecht zu erhalten, können die Forscher noch nicht beantworten. Sie vermuten jedoch, dass die Thermoregulation unter natürlichen Bedingungen an ihre Grenzen stößt und so eine rein männliche Nachkommenschaft ausgeschlossen ist. Vielleicht können die Skinke das Geschlecht ihres Nachwuchses aber über Thermoregulation aktiv beeinflussen, falls sich beispielsweise das Verhältnis von Männchen zu Weibchen stark verschiebt. Zumindest passt ein tasmanischer Verwandter die geschlechtliche Zusammensetzung seiner Jungen an das Geschlechterverhältnis der ausgewachsenen Tiere in der Population an – ob er das allerdings über die Regulation der Körpertemperatur tut, ist nicht klar.
Ein solcher Mechanismus könnte nach Ansicht der Wissenschaftler auch erklären, warum die Art alpin verbreitet ist – in den wärmeren Tiefländern wären die Männchen bald in der Überzahl und das Überleben der Art gefährdet. Für solche Lebensgemeinschaften dürfte die globale Erwärmung daher zu einem großen, vielleicht sogar grundlegenden Problem werden: In höher gelegene und damit kühlere Regionen können sie nicht mehr ausweichen, und die Tiere evolvieren womöglich zu langsam, um auf die Veränderung der Umgebungstemperaturen angemessen zu reagieren. Verschiebt sich das Geschlechterverhältnis jedoch zu weit, könnte das für die Arten das endgültige Aus bedeuten.
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