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News: Im großen Maßstab verschränkt

Das quantenmechanische Phänomen der Verschränkung kennt man eigentlich nur von winzigsten Teilchen wie Photonen oder Atomen. Aber bei einem Lithium-Salz beeinflusst es wohl auch die magnetischen Eigenschaften - und damit zum ersten Mal einen Wert, den wir aus unserer alltäglichen Welt des Großen kennen.
Was man sich unter der Verschränkung von Teilchen vorzustellen hat, ist nicht so einfach zu erklären. Der Begriff stammt aus der Gedankenwelt der Quantenmechanik, in der manch bizarre Phänomene die Phantasie des Alltags arg auf die Probe stellen. Grob gesagt, teilen sich verschränkte Teilchen eine oder mehrere Eigenschaften, sodass sie nicht mehr wie getrennte Individuen reagieren, sondern eher wie siamesische Zwillinge auf atomarer Ebene: Passiert etwas mit dem einen, weiß der andere es sofort, egal wie weit weg er sich in dem Moment befindet.

Sind beispielsweise zwei Photonen bezüglich ihres Spins verschränkt, und messen Wissenschaftler den Spin des einen, wird das andere augenblicklich einen entsprechenden Zustand einnehmen. Ähnlich verhalten sich verschränkte Atome. Ein wunderbares Feld für utopische Technologien im Bereich der Informationsverarbeitung und -weitergabe, etwa dem immer wieder ins Blickfeld der Öffentlichkeit tretenden Quantencomputer.

Mögen die Apparaturen, mit denen die Verschränkung experimentell nachgewiesen wurde, auch riesig sein - der Effekt selbst konnte bislang nur im Mikrokosmos der Quantenwelt beobachtet werden. Bis jetzt. Denn offenbar wirkt sich die Verschränkung bis in unsere Welt des Großen aus; auf Dinge, die wir sehen und anfassen können.

Der Physiker Sayantani Ghosh von der University of Chicago und seine Kollegen haben nun als erste gezeigt, dass Verschränkung keineswegs auf das Ghetto der Quanten beschränkt ist. Stattdessen sollten Forscher sie auch dann in Betracht ziehen, wenn sie die makroskopischen Eigenschaften eines Systems berechnen wollen.

Im klassischen Denken reicht es aus, zu wissen, welche Energiezustände ein System einnehmen kann und mit welcher Wahrscheinlichkeit das jeweils passiert. Daraus ergeben sich alle messbaren Größen mit mehr oder weniger Rechenaufwand von selbst, angefangen von der inneren Energie bis zur Entropie.

Auch die magnetische Suszeptibilität lässt sich so bestimmen. Hinter diesem zungenbrecherischen Begriff verbirgt sich die Fähigkeit eines Stoffes, sich auf ein von außen angelegtes magnetisches Feld einzustellen. Bei dem magnetischen Salz LiHo0,045Y0,955F4 etwa richten sich die Atome wie kleine Magneten nach dem Feld aus. Je tiefer dabei die Temperatur ist, umso weniger stören die chaotischen Wärmebewegungen, und umso größer ist die Suszeptibilität.

Das Team um Ghosh hat diese Abhängigkeit der magnetischen Eigenschaften des Lithiumsalzes von der Temperatur ganz genau und im Bereich knapp über dem absoluten Nullpunkt gemessen. Die Auftragung ihrer experimentellen Daten zeigt bei wenigen Hundertstel und Zehntel Kelvin eine deutliche Abweichung von den theoretisch zu erwartenden Werten.

Irgend etwas stimmte also nicht mit dem klassischen Modell, offenbar fehlte ein Parameter, der die Versuche beeinflusste. Erst als die Wissenschaftler in ihren Berechnungen eine Verschränkung der magnetischen Momente der Atome erlaubten, lagen die theoretische Kurve und die Messwerte aufeinander. In weiteren Versuchen stellte sich heraus, dass die Suszeptibilität nicht etwa eine Art "Ausrutscher" ist, sondern auch andere Messgrößen, wie die Wärmekapazität, von der Verschränktheit der Probe beeinflusst werden.

"Aus wenigstens zwei Gründen ist diese Arbeit wichtig", schreibt der Physiker Vlatko Vedral vom Imperial College in London. "Zum einen reicht es nicht mehr aus, wenn Physiker nur das Energiespektrum eines Systems untersuchen, weil auch andere Größen - wie beispielsweise die Verschränkung in diesem Fall - erheblichen Einfluss auf das gesamte Verhalten des Systems haben können. Zum anderen kann selbst ein geringer Grad der Verschränkung deutliche Auswirkungen in der makroskopischen Welt haben" Vielleicht, so fügt er spekulierend an, hat sie ja auch beim Wunder des Lebens ihre Hände im Spiel.

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