Meeresströmungen: Im Norden regnet es mehr
Auf der Erde herrscht ein Regenungleichgewicht zwischen Nord und Süd: Nördlich des Äquators regnet es in den Tropen durchschnittlich deutlich mehr als auf dem gleichen Breitengrad südlich davon. Die Ursache dieser Verteilung liegt allerdings Tausende von Kilometern entfernt in der Gröndlandsee im Nordatlantik: Dort arbeitet einer der Hauptmotoren der weltumspannenden Ozeanströmungen, die letztlich große Mengen an Wärmeenergie global verteilen. "Es regnet mehr auf der Nordhalbkugel, weil sie wärmer ist. Und der Grund dafür sind die Meeresströmungen", fasst Dargan Frierson von der University of Washington in Seattle die Ergebnisse seines Teams zusammen.
Nach den Kalkulationen der Forscher sorgen die riesigen Wasserbänder der Ozeane dafür, dass die Nordhalbkugel netto rund 400 Billionen Watt Wärmeenergie aus der Südhalbkugel importiert. Diese erhält nach Auswertung von Satellitendaten zur Bewölkung und Sonneneinstrahlung eigentlich mehr Energie als die nördliche Hälfte, weswegen sie sich stärker aufheizen sollte und daher regenreicher sein müsste: Warme Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen, der sich wieder niederschlägt. Ohne die Meeresströmungen wäre dies auch tatsächlich der Fall, wie Frierson und Co mit Hilfe eines Computermodells berechneten, in dem sie diesen Faktor ausgeschaltet hatten.
Bislang hatten Klimaforscher angenommen, dass dieses Ungleichgewicht mit dem Drehimpuls der Erde, den vorherrschenden Winden wie dem Monsun und der unterschiedlichen Land-Wasser-Verteilung beider Hemisphären zusammenhängt: Wegen dieser Faktoren nehme die innertropische Konvergenzzone – eine dauerhafte Tiefdruckrinne in Äquatornähe – einen eher nördlichen Verlauf. Prinzipiell wandert sie zwar über das Jahr hinweg mit dem jeweiligen maximalen Sonnenstand von Süd nach Nord und wieder zurück und überquert dabei auch den Äquator. Doch beeinflusst sie insgesamt die Regionen nördlich des nullten Breitengrads stärker.
Hauptverantwortlich für diese Konstellation sind allerdings weder die Atmosphäre noch die Kontinente, sondern die Meeresströmungen. Vor Grönland stürzen in jeder Sekunde Milliarden Liter warmes, salzreiches Meerwasser in die Tiefe, die dann als kaltes Tiefenwasser wieder zurück in die Tropen und von dort weiter in das Südpolarmeer strömen. Dort beginnt dieses Tiefenwasser langsam wieder aufzusteigen, bis es wieder oberflächennah den Pazifik quert, wobei der Strom sich zunehmend erwärmt und so den Energieaustausch zwischen beiden Hemisphären gewährleistet. Erst diese zusätzliche Aufheizung sorgt dafür, dass beispielsweise das pazifische Atoll Palmyra auf sechs Grad nördlicher Breite im Jahresverlauf mehr als 4400 Millimeter Niederschlag erhält, während sich die Regionen genau südlich davon jenseits des Äquators mit einem knappen Viertel davon begnügen müssen.
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