Beobachtungstipp: In den Fängen des himmlischen Raben
Ab etwa 22 Uhr MESZ sieht man tief im Südosten die kleine, aber auffällige Figur des Sternbilds Rabe (lateinisch: Corvus). Die Anordnung der vier hellsten Sterne von 2,5 bis 3,5 mag ähnelt dem nördlichen Teil des Sternbilds Skorpion, das bei uns im Sommer knapp über den Südhorizont gelangt. Mit sieben Grad Durchmesser ist der himmlische Rabe auch ähnlich groß und passt somit gerade in das Gesichtsfeld eines 6 × 30- oder 7 × 50-Fernglases (siehe »Ein Rabe mit Sombrero«). Bei flüchtigem Betrachten könnte man die geringeren Sternhelligkeiten fälschlicherweise auf den Einfluss von atmosphärischem Dunst zurückführen. So war meine erste Reaktion, als ich das Sternbild sah: »Nanu, geht jetzt schon der Skorpion schon auf? Aber nein, bis dahin sind es ja noch drei Stunden!«
Ein besonderer Leckerbissen für Fernglasbeobachter ist der hübsche Doppelstern Zeta Corvi (ζ Crv) im südlichen Bereich der Figur. Ähnlich dem Doppelstern Albireo im Sommersternbild Schwan sehen wir hier einen blauweißen, heißen Stern und einen orangefarbenen, kühlen Roten Riesen (siehe SuW 6/2023, S. 32). Die 5,2 und 6,3 mag hellen Komponenten haben den weiten Abstand von sechs Bogenminuten und lassen sich daher im Fernglas leicht getrennt erkennen. Der Farbkontrast wird durch die scheinbare Nähe der beiden Sterne noch verstärkt. Allerdings mögen Beobachter mit verringertem Farbsehvermögen eine größere Öffnung bevorzugen. Daher empfiehlt sich eine Optik mit mindestens 50 Millimeter Objektivdurchmesser; auch die wackelfreie Beobachtung mit Hilfe eines stabilen Fotostativs ergibt eine deutlich bessere Wahrnehmung.
Und schließlich sollte in einer dunklen Nacht mit einem größeren Fernglas oder einem kleinen Teleskop auch die 8 mag helle Galaxie Messier 104 als kleines, blasses Nebelfleckchen erkennbar sein. Sie finden diese rund 30 Millionen Lichtjahre entfernte Welteninsel rund fünf Grad nordöstlich des Sterns Delta Corvi (δ Crv), der den nördlichsten Punkt der Rabenfigur bildet, quasi auf der Grenze zum benachbarten Sternbild Jungfrau. Innerhalb dieses unscheinbaren Lichtflecks offenbart sich bei Betrachtung mit größeren Teleskopen eine Besonderheit: ein dunkles Staubband, welches das Zentrum der Galaxie als symmetrischer Ring umgibt, dessen Aussehen an die breite Krempe eines mexikanischen Hutes erinnert. Dieser und weitere Befunde deuten darauf hin, dass die Sombrerogalaxie aus zwei massereichen Partnern entstand, die miteinander verschmolzen.
- Kurz erklärtWas ist eine Bogenminute? Wann spricht man von einer Konjunktion? Und wie gibt man die Helligkeit von Sternen an? Ein kleiner Überblick über die wichtigsten astronomischen Begriffe.
- BogenminuteDie Bogenminute ist eine Einheit, um die Größe von Winkeln im Gradmaß anzugeben. Ein Winkelgrad hat 60 Bogenminuten und die Bogenminute 60 Bogensekunden. Entsprechend ergeben 3600 Bogensekunden genau ein Grad.
- EkliptikDie scheinbare jährliche Bahn der Sonne am Himmel. Sie ist der Schnitt der Erdbahnebene, der so genannten Ekliptikebene, mit der Himmelssphäre. Die Ekliptikebene ist gegen die Äquatorebene, den Schnitt des Erdäquators mit der Himmelssphäre, um 23,5 Grad geneigt.
- ElongationWinkelabstand zwischen der Sonne und einem Planeten oder dem Mond. Befindet sich ein Planet in östlicher Elongation, geht er abends nach der Sonne unter, bei westlicher Elongation geht er morgens vor der Sonne auf. Eine Elongation von 0 Grad heißt Konjunktion und von 180 Grad Opposition.
- Helligkeit (mag)Historisch bedingt unterschied man die Helligkeiten zunächst in sechs Größenklassen. Der erste Detektor war das menschliche Auge, das für astronomische Beobachtungen sicherlich nicht voll ausgereift ist. Die hellsten Sterne definierte man als Sterne 1. Größe (1 mag), die lichtschwächsten, gerade noch mit dem Auge sichtbaren als Sterne 6. Größe (6 mag).
- KonjunktionGleichschein, Stellung eines Planeten, bei der die Sonne in der Verbindungslinie Erde–Planet steht. Bei den Planeten Merkur und Venus kommt es zu einer oberen Konjunktion, wenn die Sonne zwischen der Erde und dem Planeten steht, und zu einer unteren Konjunktion¸ wenn der Planet zwischen Erde und Sonne steht.
- KulminationDurchgang eines Gestirns durch den Meridian. Man unterscheidet zwischen der oberen Kulmination (größte Höhe über dem Horizont) und der unteren Kulmination (größte Höhe unter dem Horizont). Nur bei den Zirkumpolarsternen befinden sich oberer und unterer Kulminationspunkt über dem Horizont.
- MeridianMittagskreis, im horizontalen Koordinatensystem der Großkreis an der Himmelssphäre, der sowohl durch Zenit und Nadir als auch durch die beiden Himmelspole verläuft und den Horizont im Süd- und im Nordpunkt schneidet.
- OppositionGegenschein, Winkelstellung zweier Planeten zueinander oder auch zu Sonne und Mond, bei der sich die ekliptikale Länge der beiden Gestirne um 180 Grad unterscheidet. Am häufigsten für den Fall gebraucht, dass Sonne–Erde und einer der äußeren Planeten auf einer Linie liegen.
- SeeingDas durch die Luftunruhe der Atmosphäre hervorgerufene Flackern der Sterne.
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