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Naturkatastrophen: Innere Gefahrenmelder

Immer wieder zeigt sich bei Naturkatastrophen, dass Tiere viel früher als Menschen die drohende Gefahr zu erkennen scheinen und die Flucht antreten. Nur - was warnt sie?
Ein halbes Jahr nach dem Seebeben und den davon ausgelösten Tsunamis sind uns die Bilder vom 26. Dezember 2004 noch gut im Gedächtnis: Meterhohe Wasserwände, die sich rasend schnell über den Strand wälzen und hunderttausende Menschen in den Tod reißen. Glaubt man späteren Berichten, sind Elefanten aber vor Eintreffen der riesigen Flutwelle in Richtung Landesinnere geflohen und konnten der Katastrophe so entkommen. Besitzen Tiere also ein besonderes Gespür für Naturkatastrophen, das uns Menschen verborgen bleibt?

Eine Frage, mit der sich auch Leo van Hemmen beschäftigt. Einen "sechsten" Sinn schließt der theoretische Physiker an der Technischen Universität München aus, im Gegenteil: Er vermutet, dass die Tiere die Tsunamis schlicht gehört haben. Der Hörsinn des Menschen reicht bei tiefen Frequenzen lediglich bis maximal 20 Hertz. Elefanten aber können noch Infraschall bis 10 Hertz wahrnehmen. Nur: Gab es bei dem Beben oder den Tsunamis Signale in diesem Frequenzbereich?

Schon möglich, erklärte van Hemmen bei einem Vortrag an der Universität Karlsruhe. So entstehen bei einem Erdbeben wie dem Seebeben vor Sumatra auch so genannte Rayleigh-Wellen, also seismische Oberflächenwellen. Mittels Fourier-Analyse lassen sich aus den entsprechenden Daten von aufgezeichneten Erdbeben die auftretenden Frequenzen bestimmen. Und dabei stellten Wissenschaftler fest, dass manche Beben tatsächlich geringe Ausschläge im Bereich von 10 bis 20 Hertz besitzen – also im Wahrnehmungsbereich von Elefanten. Das gilt aber nicht für alle Beben.

Van Hemmen ist diese Möglichkeit aber noch zu vage. Er führt eine ganz andere Idee an: An der Kante des Kontinentalschelfs, wo es aus dem flachen Küstenbereich hinab ins tiefe Meer geht, besitzen die Wasserteilchen in einer Tsunamiwelle bereits hohe Geschwindigkeiten. Es entstehen Turbulenzen, die Schall erzeugen können, der sich im Wasser rasch ausbreitet – und zwar ebenfalls in Richtung Küste, nur viel schneller als die Tsunamiwelle.

Während hohe Frequenzen stark gedämpft werden, könnten sich die tiefen Frequenzen des Infraschalls problemlos zur Küste fortpflanzen und auf den Boden übergehen. Und das wiederum würden die Elefanten rund fünf bis zehn Minuten vor Ankunft der Flutwelle spüren – van Hemmen hält eine "Vorahnung" im Minutenbereich auf Grund an der Schelfkante entstandenen Infraschalls für denkbar.

Warum die Tiere aber schon mehrere Stunden zuvor beunruhigt waren, wie von manchen Anwohnern berichtet wurde, kann er sich physikalisch nicht schlüssig erklären. Und auch ein experimenteller Beweis der Idee van Hemmens steht bislang noch aus.

Damit bleibt auch offen, ob sich sein Ansatz als zusätzliche Information in einem Frühwarnsystem bewähren könnte. Diese konzentrieren sich momentan stärker auf technische Lösungen, die mit Sensoren auf dem Meeresboden arbeiten und ihre Messwerte mittels Satellit an die zuständigen Stellen übersenden.

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