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Verhütung: Ist die Pille wirklich sicher?

Bis heute ist hormonelle Verhütung die beliebteste Methode - doch über ihre Risiken und Nebenwirkungen wird zu wenig gesprochen. Völlig zuverlässig ist sie auch nicht.
Blisterpackung für die Pille vor rosafarbenem Hintergrund

Keine Frage: Die Antibabypille hat die Gesellschaft und die Sexualität verändert. Doch Verhütung ist privat, Frauensache – und überhaupt redet man eher wenig darüber. Am beliebtesten sind noch immer die Hormonpräparate. Gerade für junge Frauen gelten die Pillen, die 21 Tage lang täglich eingenommen werden müssen und dann 7 Tage abgesetzt werden, als das Nonplusultra, wenn es um Verhütung geht. Kurz gesagt wirken sie dem natürlichen Hormonzyklus entgegen und verhindern das Heranreifen der Eizellen der Frau, welche somit auch nicht befruchtet werden können.

Die Pille hat einige Vorteile: Regelschmerzen können weniger werden (weil die Menstruation nicht mehr richtig einsetzt), das Hautbild kann sich verbessern, und wenn die rote Woche wieder einmal ganz unpassenderweise anrückt – im Urlaub zum Beispiel –, kann man diese auch einfach einmal überspringen, indem man direkt die nächste Packung anbricht.

Wenig unterhält man sich, auch in den Arztpraxen, über die Nebenwirkungen der Pille. Ein kürzlich veröffentlichtes Faltblatt der AOK enthält angeblich übersichtliche Informationen zur Antibabypille: Demnach werden bei ihrer sachgerechten Anwendung in einem Jahr von 10 000 Frauen 253 schwanger. Das ist immerhin jede 40. Frau (2,53 Prozent). Diese Zahlen schließen Anwendungsfehler jedoch mit ein. Bei Verhütung mit Kondomen werden allerdings sogar 18 Prozent der Frauen schwanger. Da greift man doch lieber zu den kleinen Dragees.

Ist die Pille ineffektiv – und sogar gefährlich?

Der Pearl-Index, welcher die Effektivität von Verhütungsmethoden bewertet, liefert leicht abweichende Zahlen: Hier sind es für Kondome 0,6 (bei optimaler Anwendung) bis maximal 12 Prozent Versagerquote, Pillen rangieren zwischen 0,1 und 3 Prozent. Nicht berücksichtigt sind hier übrigens die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs oder die Größe der Stichprobe. Außerdem kann den meisten Anwendungsfehlern bei Kondomen im Notfall immer noch entgegengewirkt werden, nicht zuletzt da die »Pille danach« nun rezeptfrei erhältlich ist. Bei der Pille können Fehler unbemerkt passieren.

Beachtenswert an dem Faltblatt der Krankenkasse ist, dass die Pille allein mit Kondomen verglichen wird und keine andere Methode beschrieben wird. Gegenüber der Verhütungssicherheit der Pille wird auch ein Risiko erwähnt: die Thrombosegefahr. In einem Jahr haben von 10 000 Frauen zwei ein Blutgerinnsel – eine der gefährlichsten Nebenwirkungen der Pille. Neuere Hormonpräparate erhöhen diese Zahl um mehr als das Dreifache, ältere um das Sechsfache. Solche Blutgerinnsel können lebensbedrohliche Lungenembolien auslösen. Diese Daten stimmen zumindest mit denen von pro familia überein. Leider ist dies aber das einzige Risiko, auf das die Publikation eingeht. Dabei kann die Pille noch andere Nebenwirkungen haben.

Schon länger klagen Frauen über psychische Symptome wie Depressionen. Frauen erkranken nach der Pubertät etwa doppelt so oft an Depression wie Männer, was einen hormonellen Zusammenhang nahelegt. In einer auch international stark beachteten dänischen Studie wurden kürzlich medizinische Daten der weiblichen Bevölkerung verglichen, die in Dänemark elektronisch gespeichert werden. Dabei verdoppelte sich für Frauen die Wahrscheinlichkeit, Antidepressiva verschrieben zu bekommen oder stationär wegen einer Depression behandelt zu werden, wenn sie hormonell verhüteten. Das relative Risiko war bei der Minipille um 34 Prozent erhöht, bei Vaginalringen oder Hormonspiralen um 40 respektive 60 Prozent (immer gegenüber nicht hormonell verhütenden Frauen).

Thrombosen, Depressionen, Lustlosigkeit

Ein Produkt mit 50 Mikrogramm Estradiol und Levonogestrel erhöhte das relative Risiko um 70 Prozent. Die genauen Zahlen, auch absolute, lassen sich hier einsehen. Dabei sollte man im Hinterkopf behalten, dass die Verschreibung und Behandlung von Depressionen mitnichten die gesamte Anzahl aller Depressionen widerspiegelt. Schließlich werden viele Depressionen erst spät – oder vielleicht auch gar nicht – diagnostiziert, da diese Erkrankung immer noch stark stigmatisiert ist.

Das war vorher keineswegs unbekannt. In einer norwegischen Studie hatten Frauen, die die Minipille einnahmen, eine höhere Wahrscheinlichkeit für Gemütsschwankungen als Frauen, die Kombinationspräparate einnahmen. Aber auch Kombinationspräparate wirkten sich auf die Laune aus. Frauen hatten bei Kombinationspräparaten häufiger als bei Placebos depressive Verstimmungen sowie Stimmungsschwankungen und waren öfter müde. Sie reagierten weniger auf die Gefühle anderer und zeigten andere Reaktionen im Gehirn. In Fallstudien wurde bei depressiven Frauen ein höherer Bedarf an Antidepressiva festgestellt, wenn sie die Pille nahmen.

Wenn im Bett nichts läuft ... | ... liegt das möglicherweise nicht nur an Twitter, sondern auch an der Pille: Viele Frauen verlieren durch die Hormontherapie die Lust auf Sex.

Auch der Verlust der Libido fällt meist unter den Tisch. Manche Frauen verhüten mit der Pille auf eine zweite Weise – indem sie einfach keinen Sex mehr haben. Ihnen ist die Lust vergangen. In folgender Studie funktionierte das aber auch andersherum: Stripteasetänzerinnen, die die Pille nahmen, verdienten täglich etwa gleich viel Trinkgeld, während ihre Kolleginnen mit natürlichem Zyklus zu ihrem Eisprung mehr verdienten. Macht die Pille also weniger attraktiv für das andere Geschlecht? Zumindest macht der Eisprung attraktiver, weil er den Geruch der Frau verändert. Leider gibt es insgesamt sehr wenig Forschung zu dem Thema, obwohl es einen der wichtigsten Bereiche des menschlichen Daseins einnimmt: Partnersuche, Intimität und Familiengründung.

Fehler passieren leicht

Trotz all dieser Nebenwirkungen gelten hormonelle Verhütungsmittel zumindest als sehr sicher – so bislang zumindest die vorherrschende Meinung. Insofern sie richtig angewendet werden. Fehler können aber jederzeit passieren. Den allermeisten Anwendern wird es logisch erscheinen, dass die Pille nicht wirksam ist, wenn sie nach der Einnahme gleich wieder erbrochen wird. Aber auch Durchfall kann zu einer schlechten Aufnahme der Hormone führen. Dies gilt natürlich nur für orale Kontrazeptiva. Doch lokale hormonelle Verhütungsmittel (Verhütungsring) oder Implantate und Pflaster können, wie die oralen Kontrazeptiva, gleichfalls Wechselwirkungen haben: Antibiotika, Antiepileptika und das harmlos anmutende Johanniskraut können die Wirkung der Pille stören. Auch Lebenssituationen, die starken Stress verursachen, können die künstlichen Hormone unwirksam machen.

Es ist also, vor allem für unaufgeklärte Patientinnen, relativ einfach, die Pille falsch anzuwenden. Eventuell ist deswegen die Rate ungewollter Schwangerschaften bei jungen Frauen, die meistens die Pille nehmen, 83 Prozent höher als bei älteren Frauen, die öfter mit der Spirale verhüten.

Dies sind Themen, über die man dringend diskutieren sollte. Hormonelle Verhütung, besonders per Pille, scheint mir persönlich nicht mehr zeitgemäß zu sein. In meinem Umkreis haben immer mehr Frauen zu anderen Methoden gewechselt. So werden mittlerweile auch jüngeren Frauen, die noch keine Kinder geboren haben, Kupfer- und Goldspiralen oder -ketten, eingesetzt. Andere besinnen sich auf die natürliche Verhütung per symptothermaler Methode. Wieder andere greifen einfach erneut zum Kondom. Schließlich kann Man(n) sich ja auch mal drum kümmern.

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