Klimawandel: Kaltes Grab
Unendliche Tiefen - kalt, dunkel und lebensfeindlich: Aber vielleicht ist der Meeresboden zum Wohle des Klimas die optimale Lagerstätte für Kohlendioxid. Amerikanische Forscher schlagen nun eine neue Methode vor.
In zwei Dingen sind sich fast alle Experten einig: Die durchschnittlichen Temperaturen der Erde steigen, und die Menschheit trägt höchst wahrscheinlich einen Großteil zu dieser Entwicklung bei, weil sie enorme Mengen an Kohlendioxid, Methan, Fluorchlorkohlenwasserstoffen und anderer Gase in die Atmosphäre pustet. Dort angelangt blockieren sie den Wärmeausstausch mit dem All und heizen damit dem Planeten ein.
Wissenschaftler, Umweltschützer und auch der eine oder andere Politiker raten daher dringend, die entsprechenden Emissionen einzudämmen, um die dräuenden Folgen des Klimawandels wie steigende Meeresspiegel, vermehrte Dürren, katastrophale Überflutungen oder sich ausbreitende Tropenkrankheiten wenigstens einzudämmen. Die Frage lautet allerdings wie? Schließlich ist die offensichtlichste Lösung gleichzeitig auch die komplizierteste, weil am schwierigsten umzusetzende: Energiesparen finden Produzenten wie Konsumenten eher unvereinbar mit ihren persönlichen Ansprüchen. Auch im internationalen Vergleich treten immer wieder – teils unüberwindlich erscheinende – Hürden wie etwa der amerikanische Präsident George W. Bush auf, der jegliche Beschränkungen des Kohlendioxidausstoßes der Vereinigten Staaten als unverträglich für den Lebensstil seiner Bürger zurückweist.
Neben Empfehlungen zur weiteren Erforschung des Klimawandels stoßen allerdings technische Lösungen des Problems "Erderwärmung" ebenfalls auf das Interesse des Hüters des Weißen Hauses. Lösungen, wie sie nun Kurt Zenz House von der Harvard-Universität und seine Kollegen vorschlagen: Die Geowissenschaftler empfehlen die klimaverträgliche Früheinlagerung des hauptsündigen Kohlendioxids in den Tiefen der Meere.
Ideen dieser Art kamen in der Vergangenheit immer wieder auf, schließlich bieten die ozeanischen Abgründe offensichtlich genügend Platz und Kapazität, um enorme Mengen Kohlendioxid aufzunehmen – schließlich entziehen die Meere schon auf natürliche Weise der Atmosphäre ein Drittel des freigesetzten Gases: Plankton oder Kalkalgen nehmen es auf und versinken damit nach ihrem Ableben in der Tiefsee, außerdem reagiert es mit Karbonat-Ionen im Wasser zu Hydrogenkarbonat und verschwindet so ebenfalls vorerst aus dem Kreislauf. Unten angelangt, hindern Druck sowie tiefe Temperaturen das Kohlendioxid am Wiederaufstieg; mitunter wandeln sich die toten Organsimen auch unter günstigen Sedimenten und Umständen zu neuen kohlenstoffhaltigen Energieträgern wie Erdöl oder -gas.
Kohlendioxid jedoch einfach in vier- oder achttausend Meter Tiefe hinabzupumpen und sich dann auf die physikalischen Sicherheiten zu verlassen, bleibt allerdings unwägbar. Denn einerseits weiß kein Forscher bislang, wie sich eine massive zusätzliche Gaszufuhr auf die Lebensgemeinschaften am Meeresboden auswirken könnte: Ersticken sie, weil der Sauerstoff verdrängt wird? Oder verenden die Tiere, weil der pH-Wert in ein zu saueres Milieu abdriftet? Auch Sicherheitsfragen bleiben noch ungeklärt, denn keiner kann garantieren, dass nicht plötzlich größere CO2-Blasen durch Erdbeben, vulkanische Aktivität oder schlicht durch aufsteigenden Transport mit Meeresströmungen ausgasen und dann doch der Atmosphäre wie dem Weltklima schaden.
House und sein Team schlagen deshalb einen neuen Weg der finalen Kohlendioxid-Beerdigung vor: Sie wollen das Treibhausgas einfach in flüssiger Form in den Tiefseesedimenten endlagern. Denn unter sehr hohem Druck und niedrigen Temperaturen verflüssigt sich das Kohlendioxid und wird dabei dichter als Wasser. Jenseits von 3000 Metern unter dem Meeresspiegel komprimiert es sogar so stark, dass es – erst einmal dort hinein gepresst – in den Ablagerungen darüber die Flüssigkeiten aus den Porenräumen der Sedimenten nicht mehr verdrängt. Zudem bilden sich in diesen Abgründen kristallartige Kohlendioxidhydrate, durch die das Flüssiggas ebenfalls nicht mehr strömen kann. Zusammen mit dem Porenwasser agieren beide als Dichtungsmittel, das am effektivsten wirkt, wenn die Sedimentlage mindestens 200 Meter mächtig ist.
Zu dünne, aber auch sehr dichte, porenfreie Ablagerungen scheiden deshalb als Möglichkeit aus, nicht jedoch kalkhaltige Sedimente. Sie sind durchlässig genug – und könnten daher große Gasmengen aufnehmen –, und sie reagieren auch mit der teilweise dabei entstehenden Kohlensäure, die den Kalk auflöst: ein positiver Effekt. Denn der dadurch ansteigende pH-Wert verschiebt das chemische Gleichgewicht hin zu den Hydrogenkarbonaten, die stabiler sind und daher noch weniger zum Ausgasen neigen. Insgesamt zersetzt sich jedoch maximal ein halbes Prozent des begasten Gesteins, bis ein stabiles Gleichgewicht erreicht ist.
Einmal im Sediment angelangt, löst sich das CO2 außerdem über die Jahrtausende hinweg in noch vorhandenem Porenwasser und sinkt dabei weiter im Sediment ab, bis dessen Untergrenze erreicht ist oder sich Konzentrationen und Dichten beider Flüssigkeiten ausgeglichen haben. Anschließend kann nur noch molekulare Diffusion das Kohlendioxid weiter transportieren, was nach Meinung der Forscher jedoch Millionen von Jahre in Anspruch nehmen wird.
Eingedenk dieser geophysikalischen Voraussetzungen könnten achtzig Quadratkilometer Tiefseeboden bereits den CO2-Jahresausstoß der Vereinigten Staaten aufnehmen. Und da ein Fünftel der territorialen Unterwasserfläche der USA von 1,3 Millionen Quadratkilometern unterhalb der 3000-Meter-Marke liegt, wären Speichermöglichkeiten für Tausende von Jahren mit Verbrennungshausse geboten, so die Forscher – ganz zu schweigen von der globalen Dimension des Abyssals.
Bis aber der Traum der klimaschonenden Gasversenkung wahr werden könnte, gilt es noch einige technische Schwierigkeiten zu überwinden: Abgesehen von der Investition in entsprechende Röhrensysteme müssten diese zumindest in der Nähe der Auslassöffnung auch gut isoliert werden, da sonst das unterkühlte flüssige CO2 zu schnell als Kohlendioxidhydrat ausfällt und damit schon bald die Löcher verstopft. Die Lagerstätten dürfen außerdem nicht zu nahe an Kontinentalabhängen liegen, da gelegentliche Erdrutsche sie freilegen und damit dem Einfluss von Meeresströmungen aussetzen könnten. Völlig ungeklärt sind zudem die Kosten des Projekts, wer sie übernimmt und wie viel Energie dafür aufgewendet werden muss. Fürs Erste dürfte Energiesparen also selbst im Weißen Haus wohl noch günstiger kommen.
Wissenschaftler, Umweltschützer und auch der eine oder andere Politiker raten daher dringend, die entsprechenden Emissionen einzudämmen, um die dräuenden Folgen des Klimawandels wie steigende Meeresspiegel, vermehrte Dürren, katastrophale Überflutungen oder sich ausbreitende Tropenkrankheiten wenigstens einzudämmen. Die Frage lautet allerdings wie? Schließlich ist die offensichtlichste Lösung gleichzeitig auch die komplizierteste, weil am schwierigsten umzusetzende: Energiesparen finden Produzenten wie Konsumenten eher unvereinbar mit ihren persönlichen Ansprüchen. Auch im internationalen Vergleich treten immer wieder – teils unüberwindlich erscheinende – Hürden wie etwa der amerikanische Präsident George W. Bush auf, der jegliche Beschränkungen des Kohlendioxidausstoßes der Vereinigten Staaten als unverträglich für den Lebensstil seiner Bürger zurückweist.
Neben Empfehlungen zur weiteren Erforschung des Klimawandels stoßen allerdings technische Lösungen des Problems "Erderwärmung" ebenfalls auf das Interesse des Hüters des Weißen Hauses. Lösungen, wie sie nun Kurt Zenz House von der Harvard-Universität und seine Kollegen vorschlagen: Die Geowissenschaftler empfehlen die klimaverträgliche Früheinlagerung des hauptsündigen Kohlendioxids in den Tiefen der Meere.
Ideen dieser Art kamen in der Vergangenheit immer wieder auf, schließlich bieten die ozeanischen Abgründe offensichtlich genügend Platz und Kapazität, um enorme Mengen Kohlendioxid aufzunehmen – schließlich entziehen die Meere schon auf natürliche Weise der Atmosphäre ein Drittel des freigesetzten Gases: Plankton oder Kalkalgen nehmen es auf und versinken damit nach ihrem Ableben in der Tiefsee, außerdem reagiert es mit Karbonat-Ionen im Wasser zu Hydrogenkarbonat und verschwindet so ebenfalls vorerst aus dem Kreislauf. Unten angelangt, hindern Druck sowie tiefe Temperaturen das Kohlendioxid am Wiederaufstieg; mitunter wandeln sich die toten Organsimen auch unter günstigen Sedimenten und Umständen zu neuen kohlenstoffhaltigen Energieträgern wie Erdöl oder -gas.
Kohlendioxid jedoch einfach in vier- oder achttausend Meter Tiefe hinabzupumpen und sich dann auf die physikalischen Sicherheiten zu verlassen, bleibt allerdings unwägbar. Denn einerseits weiß kein Forscher bislang, wie sich eine massive zusätzliche Gaszufuhr auf die Lebensgemeinschaften am Meeresboden auswirken könnte: Ersticken sie, weil der Sauerstoff verdrängt wird? Oder verenden die Tiere, weil der pH-Wert in ein zu saueres Milieu abdriftet? Auch Sicherheitsfragen bleiben noch ungeklärt, denn keiner kann garantieren, dass nicht plötzlich größere CO2-Blasen durch Erdbeben, vulkanische Aktivität oder schlicht durch aufsteigenden Transport mit Meeresströmungen ausgasen und dann doch der Atmosphäre wie dem Weltklima schaden.
House und sein Team schlagen deshalb einen neuen Weg der finalen Kohlendioxid-Beerdigung vor: Sie wollen das Treibhausgas einfach in flüssiger Form in den Tiefseesedimenten endlagern. Denn unter sehr hohem Druck und niedrigen Temperaturen verflüssigt sich das Kohlendioxid und wird dabei dichter als Wasser. Jenseits von 3000 Metern unter dem Meeresspiegel komprimiert es sogar so stark, dass es – erst einmal dort hinein gepresst – in den Ablagerungen darüber die Flüssigkeiten aus den Porenräumen der Sedimenten nicht mehr verdrängt. Zudem bilden sich in diesen Abgründen kristallartige Kohlendioxidhydrate, durch die das Flüssiggas ebenfalls nicht mehr strömen kann. Zusammen mit dem Porenwasser agieren beide als Dichtungsmittel, das am effektivsten wirkt, wenn die Sedimentlage mindestens 200 Meter mächtig ist.
Zu dünne, aber auch sehr dichte, porenfreie Ablagerungen scheiden deshalb als Möglichkeit aus, nicht jedoch kalkhaltige Sedimente. Sie sind durchlässig genug – und könnten daher große Gasmengen aufnehmen –, und sie reagieren auch mit der teilweise dabei entstehenden Kohlensäure, die den Kalk auflöst: ein positiver Effekt. Denn der dadurch ansteigende pH-Wert verschiebt das chemische Gleichgewicht hin zu den Hydrogenkarbonaten, die stabiler sind und daher noch weniger zum Ausgasen neigen. Insgesamt zersetzt sich jedoch maximal ein halbes Prozent des begasten Gesteins, bis ein stabiles Gleichgewicht erreicht ist.
Einmal im Sediment angelangt, löst sich das CO2 außerdem über die Jahrtausende hinweg in noch vorhandenem Porenwasser und sinkt dabei weiter im Sediment ab, bis dessen Untergrenze erreicht ist oder sich Konzentrationen und Dichten beider Flüssigkeiten ausgeglichen haben. Anschließend kann nur noch molekulare Diffusion das Kohlendioxid weiter transportieren, was nach Meinung der Forscher jedoch Millionen von Jahre in Anspruch nehmen wird.
Eingedenk dieser geophysikalischen Voraussetzungen könnten achtzig Quadratkilometer Tiefseeboden bereits den CO2-Jahresausstoß der Vereinigten Staaten aufnehmen. Und da ein Fünftel der territorialen Unterwasserfläche der USA von 1,3 Millionen Quadratkilometern unterhalb der 3000-Meter-Marke liegt, wären Speichermöglichkeiten für Tausende von Jahren mit Verbrennungshausse geboten, so die Forscher – ganz zu schweigen von der globalen Dimension des Abyssals.
Bis aber der Traum der klimaschonenden Gasversenkung wahr werden könnte, gilt es noch einige technische Schwierigkeiten zu überwinden: Abgesehen von der Investition in entsprechende Röhrensysteme müssten diese zumindest in der Nähe der Auslassöffnung auch gut isoliert werden, da sonst das unterkühlte flüssige CO2 zu schnell als Kohlendioxidhydrat ausfällt und damit schon bald die Löcher verstopft. Die Lagerstätten dürfen außerdem nicht zu nahe an Kontinentalabhängen liegen, da gelegentliche Erdrutsche sie freilegen und damit dem Einfluss von Meeresströmungen aussetzen könnten. Völlig ungeklärt sind zudem die Kosten des Projekts, wer sie übernimmt und wie viel Energie dafür aufgewendet werden muss. Fürs Erste dürfte Energiesparen also selbst im Weißen Haus wohl noch günstiger kommen.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.