Klimawandel: 2024 brachte Rekordwärme an Land und bis in die Tiefsee
Das Jahr 2024 war das im Schnitt wärmste seit Beginn moderner Aufzeichnungen – an Land und im Meer. Im globalen Mittel lagen die Temperaturen um 1,6 Grad Celsius über den Durchschnittswerten vor Beginn der Industrialisierung, verkündeten die World Meteorological Organization (WMO) und der Klimawandeldienst des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus, nach Auswertung aller Daten von 2024. Damit überschritten die Mittelwerte auch erstmals den Schwellenwert, den sich die unterzeichnenden Staaten des Pariser Klimaabkommens 2015 als Ziel gesetzt hatten, um die Erderwärmung einzudämmen.
Zu diesem Wert beigetragen habe die starke Aufheizung der Ozeane, die seit 2023 beobachtet wird und die sich 2024 fortgesetzt hat, meldet ein Team um Lijing Cheng von der Chinese Academy of Sciences in Peking. Die Erwärmung betrifft dabei nicht nur die Oberfläche, sondern reicht inzwischen bis in 2000 Meter Tiefe, stellte die internationale Arbeitsgruppe anhand globaler Messwerte fest.
Zu den Regionen, die sich am stärksten aufgeheizt haben, gehören beispielsweise das Nord- und Südpolarmeer, der Atlantik, der Nordpazifik und kleinere Randmeere wie Nord- und Ostsee sowie das Mittelmeer. Weniger stark betroffen waren dagegen Teile des Südpazifiks, wo das Wetterereignis La Niña zum Jahreswechsel 2024/25 El Niño abgelöst hat. Damit einher geht die Verdrängung warmen Oberflächenwassers vor der Küste Südamerikas und entlang des Äquators durch kälteres Tiefenwasser, was sich dämpfend auf die Temperaturen auswirkt.
Cheng und Co kalkulieren, dass die Ozeane allein von 2023 auf 2024 insgesamt 16 Zettajoule an Wärmeenergie aufgenommen haben. Diese Energie entspricht ungefähr dem 140-Fachen der gesamten Stromerzeugung der Menschheit im Jahr 2023, so die Wissenschaftler. Die steigenden Wassertemperaturen belasten und gefährden zahlreiche Meereslebewesen. 2024 bleichten beispielsweise viele Korallenriffe großflächig aus, was die Überlebensfähigkeit dieser Ökosysteme auf Dauer gefährdet. Andere Arten sind dazu gezwungen in Richtung der Pole oder in größere Tiefen abzuwandern, weshalb sich Nahrungsnetze dramatisch verändern.
An Land schreitet die Erderwärmung ebenfalls zügig voran, wie der Klimabericht zeigt: Allein gegenüber dem Zeitraum von 1991 bis 2020 stieg die globale Mitteltemperatur um 0,72 Grad an – in Europa beträgt der Wert sogar 1,47 Grad. Die Region erwärmt sich also schneller als andere Teile der Erde. Jedes der zurückliegenden zehn Jahre seit 2015 zählt somit zu den zehn wärmsten Jahren seit Aufzeichnungsbeginn. Mit Ausnahme des Monats Juli war zudem jeder einzelne Monat wärmer als die entsprechenden Monate vorangegangener Jahre (der August 2024 war gleich warm wie der August 2023).
Angesichts des fortschreitenden Klimawandels äußerten sich verschiedene Experten gegenüber dem deutschen Science Media Center skeptisch, dass es der Weltgemeinschaft noch gelingen kann, das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten. »Mit globalen Erwärmungsleveln über der 1,5-Grad-Marke in den vergangenen 16 von 17 Monaten ist eine zumindest vorübergehende Überschreitung des 1,5-Grad-Ziels aus meiner Sicht inzwischen unvermeidlich«, sagt etwa Nico Wunderling vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
Der Klimaphyiker Helge Gößling vom Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven äußerte sich ebenfalls skeptisch: »Die Begrenzung auf 1,5 Grad ist lediglich in der Theorie noch zu schaffen. Würden wir von heute auf morgen dauerhaft keine zusätzlichen Treibhausgase mehr emittieren, würde sich die Temperatur mehr oder weniger sofort stabilisieren. In diesem theoretischen Fall würde die 1,5-Grad-Marke also nicht langfristig überschritten, und die globalen Temperaturen würden nach einigen Jahren ganz allmählich wieder sinken. Preist man jedoch die gesellschaftliche Dimension einschließlich Wirtschaft und Politik mit ein, ist ein Szenario, welches mit der 1,5-Grad-Grenze vereinbar wäre, mittlerweile höchst unplausibel. Meines Wissens gibt es im Bereich der künstlichen Kohlendioxidentnahme noch keine aussichtsreichen Kandidaten, die so schnell in so großem Maße eingesetzt werden könnten, dass sich daran maßgeblich etwas ändern würde.«
Ob sich der Erwärmungstrend 2025 weiter fortsetzt, muss noch abgewartet werden. La Niña dämpft die Temperaturen normalerweise global. Experten erwarten jedoch nur ein schwaches Ereignis, das zudem verzögert begonnen hat. Und angesichts mancher Überraschungen beim globalen Klima seit 2023 darf die Menschheit ohnehin nichts mehr als sicher betrachten.
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