Unangenehme Klima-Überraschung: Kohlendioxid-Rekord durch Feuer und Dürre
Das Jahr 2023 brachte einen weiteren Rekord – und auch dieser gibt Rätsel auf. Der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre stieg, gemessen auf dem Gipfel des Mauna Loa auf Hawaii, im Vergleich zum Vorjahr um den Rekordwert von 3,37 ppm, rund 40 Prozent über dem Mittelwert der letzten Jahre. Das sollte eigentlich nicht sein, denn im gleichen Zeitraum stiegen die globalen Kohlendioxidemissionen keinesfalls rekordträchtig, sondern um weniger als ein Prozent. In einer vorläufigen Analyse präsentiert ein Team um Philippe Ciais vom Centre national de la recherche scientifique (CNRS) eine ebenso plausible wie beunruhigende Erklärung. Wie die Arbeitsgruppe in ihrer Vorabveröffentlichung auf der Plattform Arxiv berichtet, haben die Ökosysteme an Land viel weniger Kohlenstoff aufgenommen als normal – weniger als ein Viertel des langjährigen Mittelwerts.
Die wichtigsten Ursachen waren eine Dürre im Amazonasgebiet sowie die extremen Waldbrände in Kanada. Dort waren rund 185 000 Quadratkilometer Wald in Flammen aufgegangen, rund sechsmal so viel wie im langjährigen Durchschnitt. Ein weiterer Faktor sei wohl, dass das Klimaphänomen El Niño eingesetzt habe, nachdem drei Jahre lang kühlere La-Niña-Bedingungen geherrscht hatten. Das lege nahe, dass die hohen Temperaturen des Jahres 2023 die Kohlendioxidaufnahme der Ökosysteme an Land stark beeinträchtigt haben. Global war das Jahr 0,6 Grad Celsius wärmer als der Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020. Außerdem zeige das außergewöhnliche Ereignis, dass sich die Kohlendioxidaufnahme vom »Global Greening« abkoppeln könne, der Zunahme der Biomasse an Land durch die globale Erwärmung.
Langfristig nämlich führte der Klimawandel bisher dazu, dass Ökosysteme an Land mehr Kohlendioxid binden. Gegenüber den 1960er Jahren hat sich die Kohlendioxidaufnahme an Land mehr als verdoppelt, weil wärmeres Klima und mehr CO2 in der Luft das Pflanzenwachstum fördern. Ohne diesen Effekt läge die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre inzwischen bei über 500 ppm, wie eine Studie von 2023 nahelegt. Diese so genannte terrestrische Kohlenstoffsenke spielt eine wichtige Rolle beim globalen Klimaschutz – mehr als 100 Länder setzen auf ihre Kohlendioxid bindenden Landflächen, um ihre Emissionsziele zu erreichen.
Fachleute rechnen damit, dass die Kohlendioxidaufnahme an Land nach dem Ende von El Niño spätestens 2025 wieder auf ihren Normalwert zurückkehrt und auch der ansteigende Trend sich fortsetzt. Unsicherheiten jedoch bleiben. Manche vermuten, dass die hohen Temperaturen der Jahre 2023 und 2024 auf weitere Faktoren neben El Niño zurückgehen und womöglich anhalten könnten. Während eine neue Analyse dem zwar widerspricht, sinken die globalen Temperaturen tatsächlich bisher nicht so stark wie nach dem El-Niño-Zyklus erwartet. Es sei zwar zu früh, einen einen dauerhaften Kollaps der Kohlendioxidaufnahme an Land anzunehmen, die weiterhin hohen Temperaturen machten das Resultat jedoch alarmierend, schreibt das Team um Ciais in der Studie.
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